Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 54

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Der Prozess dieser Gesetzwerdung ist gekennzeichnet von Dingen, die – und man möchte das schon fast so nennen – an Schlamperei erinnern, und von Verweigerung der Kooperation innerhalb der Regierung. Lassen Sie mich diese Vorwürfe auch begründen.

Als Erstes – nach langer Vorbereitungsphase, nach langem Munkeln über geheim­nisvolle Arbeitsgruppen im Ministerium, wobei man nicht genau wusste, woran sie arbeiten – gab es einen Entwurf, der in Begutachtung ging, bei dem erst in letzter Minute das Finanzministerium meinte: Hoppala, so sicher nicht, wir legen ein Veto ein, denn das enthält ja keine Kostenabschätzung!

Jetzt frage ich mich einerseits, warum das dem Gesetz nicht gleich beigefügt wurde, frage mich andererseits aber auch, was der Finanzminister vorher die gesamte Zeit gemacht hat, bis er draufgekommen ist, dass die Kostenabschätzung fehlt.

Es hat dann wieder lange gedauert, bis eine vage Kostenabschätzung nachgereicht wurde, deren Intention im Wesentlichen, glaube ich, eine Beschwichtigung war, so nach dem Motto: Es wird schon nicht viel kosten! Interessanterweise darf der Gewalt­schutz für Frauen nicht viel kosten – im Unterschied zu anderen Bereichen, die Ihnen wichtig sind, wo Sie mit Razzien mit vollem Kaliber hineinfahren; da spielt das Geld keine Rolle. Es soll auch so sein, dass Kriminalität wirksam bekämpft wird. Im Gewaltschutzbereich, wo hauptsächlich Frauen die Opfer sind, spielen die Kosten aber sehr wohl eine Rolle für diese Regierung. Ich meine, das sollte auf keinen Fall so sein!

Schließlich hat Ministerin Gastinger dann doch einen Gesetzentwurf vorgelegt – in letzter Minute hat sich jedoch das Innenministerium quergelegt und gesagt: Das könnt ihr schon machen, aber nicht mit uns! Das geht uns als Polizei nichts an, wir stellen kein Personal, keine Ressourcen zur Verfügung, damit dieses Gesetz wirkungsvoll um­gesetzt werden kann!

Was soll denn das für eine strafgesetzliche Regelung sein, die in Wirklichkeit auch dringend eine sicherheitspolizeiliche Regelung erfordert, um wirkungsvoll zu sein, wo die Polizei und das Innenressort sagen: Das soll aber bitte ohne uns abgewickelt werden!? – Das sagen Sie Frauen, das ist Ihre Botschaft! Wenn es um Gewalt gegen Frauen geht – und Stalking ist im Wesentlichen eine Form von Gewalt gegen Frauen –, sagen Sie, das gehe Sie nicht viel an.

Lassen Sie mich die inhaltlichen Kritikpunkte zusammenfassen: Stalking tritt in unterschiedlichsten Formen auf, die darauf abzielen, einen vom Opfer jedenfalls sehr unerwünschten Kontakt herzustellen. Ob dieser Kontakt über Auflauern vor der Haustüre, am Arbeitsplatz, über ständige Telefonanrufe, SMS, E-Mails und so weiter geschieht, tut letzten Endes wenig zur Sache. Es geht um unerwünschten Kontakt, der zu einer Form von Psychoterror wird und bei dem, wie wir aus Studien wissen, mit schweren gesundheitlichen und psychischen Folgen als Konsequenz gerechnet wer­den muss.

Das, was notwendig wäre, ist, dass man in einem solchen Fall sofort einschreitet und ein Kontaktverbot verhängt. Das einzig wirksame Mittel ist – das ist auch aus internationalen Erfahrungen bekannt –, dass die Polizei ein sofortiges Kontaktverbot verhängt und zum Beispiel eine Wegweisung veranlassen kann. Wir haben im Gewaltschutzbereich die besten Erfahrungen mit dem Wegweisungsrecht.

Was aber fehlt in dieser Gesetzesvorlage ganz besonders? – Jegliche Form eines Kontakt­verbotes! Sie unterbinden das sofortige Einschreiten der Polizei und schicken die Opfer einmal auf den mühsamen Weg zu den Gerichten. Wer Stalking-Opfer ist, der möge doch zuerst einmal vor Gericht ziehen und dort eine einstweilige Verfügung erwirken.

 


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