Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 144. Sitzung / Seite 16

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Ich hätte mir von Ihnen, Frau Ministerin, aber auch von der zuständigen österreichi­schen Innenministerin, die ja auch Ratsvorsitzende und Ratspräsidentin ist, in diesem EU-Halbjahr, in dem Österreich die Ratspräsidentschaft hat, erwartet, dass wir als Österreicher auch im Sinne der so engen historischen Verflechtungen und des engen Konnexes mit dem Balkan und auch auf Grund dieser sozusagen überlappenden Be­völkerungsgruppe – ich meine die Leute, die vor Jahrzehnten eingewandert sind, dort Verwandte haben, und mit denen dieser Austausch nicht möglich ist – Initiativen set­zen. Das ist es, was unsere Bürger und Bürgerinnen interessiert. (Beifall bei den Grü­nen.)

Das könnte ein wirklicher Beitrag sein, Frau Ministerin, dass Europäer und Europäerin­nen einander näher gebracht werden. Da habe ich aber weder von Ihnen heute, ge­schweige denn von der österreichischen Innenministerin in den letzten Monaten etwas gehört.

Aber lassen Sie mich jetzt sozusagen diesen Faden fortspinnen und zu Ihren Ausfüh­rungen in Bezug auf Asylpolitik kommen. Klubobmann Scheibner hat wieder davon ge­sprochen, es gehe um Burden Sharing, es müssen die Lasten verteilt werden. Ja, es geht um „sharing“, es geht um Teilen von etwas, aber in dem Fall von Verantwortung: Responsibility Sharing wäre angesagt in der Europäischen Union bei der Bewälti­gung von Krisensituationen, die im Zusammenhang mit irregulärer Migration auf der einen Seite, aber vor allem auch mit Konflikten, die es weltweit gibt, auftreten. Es ent­stehen Flüchtlingsbewegungen, Menschen müssen nach Österreich, aber auch in an­dere westeuropäische Staaten flüchten, weil sie Schutz vor Verfolgung suchen.

Da wäre es doch ein ganz klarer Fall, Frau Ministerin, dass gerade ein Land wie Öster­reich aktiv wird, das in Bezug auf Asyltradition auf die letzten 50 Jahre bezogen sozu­sagen europaweit etwas vorzuzeigen hat. Ich brauche nur zu sagen: Stichwort Un­garn 1956, damalige Tschechoslowakei 1968, Polenkrise, aber auch der Krieg am Bal­kan in den neunziger Jahren, wo die Republik Österreich mit ihrer Bevölkerung eine Leistung an den Tag gelegt hat in Bezug auf Hilfe, die sich europaweit sehen lassen kann. – Jetzt wären ja wir in der Ratspräsidentschaft genau diejenigen, die, wenn es um diese gemeinsame Asylpolitik geht, auch in Vorlage treten können.

Daher frage ich: Was gibt es da von Ihnen? Sie haben nämlich nichts davon gesagt, darum frage ich! Was gibt es da in Bezug auf die Asylagentur, die ja auf der Agenda steht, wo es darum geht, dass Asylentscheidungen der Mitgliedstaaten einem Monito­ring unterzogen werden sollen, gemeinsam mit dem UNHCR, den ich sehr unterstütze, um für eine europäische Asylbehörde Leitlinien zu beschließen. – Nichts davon habe ich gehört in den letzten Monaten von Seiten der österreichischen EU-Präsidentschaft!

Ich habe große Sorge, und es zeichnet sich ab, dass in der österreichischen Ratspräsi­dentschaft genau das passiert, was wir innerösterreichisch tun, nämlich überall dort in Erscheinung zu treten, wo es um Repression geht, wo es darum geht, zu verschärfen, Rechte einzuschränken, Rechte zu nehmen. Wenn es nicht so wäre, Frau Ministerin, dann hätten Sie hier auch Stellung bezüglich des Gedankens nehmen müssen, den Frau Partik-Pablé hier formuliert hat, wenn davon gesprochen wird, dass regionale Schutzprogramme beschlossen werden sollen.

Wir von den Grünen haben nichts gegen regionale Schutzprogramme, absolut nicht. Solche regionale Schutzprogramme sind mehr als notwendig. Die Vorfragen, die bei so genannten regionalen Schutzprogrammen zu lösen sind, sind aber folgende: Gilt außerhalb des Territoriums der Europäischen Union, wenn etwa Auffanglager in Län­dern außerhalb der Europäischen Union gebildet werden oder wenn es die Überlegun­gen dazu gibt, die Genfer Flüchtlingskonvention? Was ist mit der Europäischen Men­schenrechtskonvention, kommt diese zur Anwendung? Wie werden in solchen so ge-


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