Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 120

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Es ist ja, glaube ich, oft so, dass man sich gar nicht vorstellen kann, was es heißt, mit einer Behinderung in einem Land zu leben, in dem es kaum eine soziale Absicherung gibt, in dem nicht alle Menschen Zugang zum Gesundheitswesen haben – was bei uns ja größtenteils noch der Fall ist und hoffentlich auch so bleiben wird –, sondern in dem das alles nicht vorhanden ist. Wir können uns nicht vorstellen, was passiert, wenn es im Arbeitsrecht nicht die Möglichkeit gibt, tatsächlich auch Betreuung zu bekommen, wenn man einen Arbeitsunfall gehabt hat und dadurch zum Beispiel auf Lebenszeit eine Behinderung hat, wenn es kein Unfallrecht oder keine Unfallversicherungen gibt, die einspringen, wenn jemand einen Unfall erleidet und dann eine dauernde oder auch vorübergehende Behinderung hat und dafür sorgen, dass es entsprechende Möglich­keiten gibt, zum Beispiel nach einer Beinamputation tatsächlich wieder gehen zu kön­nen.

All das ist bei uns für die meisten Menschen etwas Selbstverständliches. – Davon gehe ich immer noch aus. Ich weiß, es ist nicht ganz so, aber fast.

In Entwicklungsländern, in Ländern, die so eine Absicherung, wie gesagt, kaum haben, kann es für Menschen oft sehr schwierig sein, ihr Leben zu führen, einem Beruf nach­zugehen, einen Arbeitsplatz zu halten und, wenn es sein muss, auch noch die Familie zu versorgen, wenn eine Behinderung auftritt.

Ich denke, es ist notwendig, auch in der Entwicklungszusammenarbeit die Bedeutung dessen zu betonen und klarzumachen, dass es hier um ein Recht geht, das Menschen mit Behinderung haben, und nicht um Almosen, die man – unter Anführungszeichen – „den Armen“ dann halt gibt. Es geht um das Recht von Menschen mit Behinderung, in jeder Gesellschaft so gut es geht mit den vorhandenen technischen Möglichkeiten ihr Leben leben zu können. Bei einer Behinderung, die auf Grund einer Krankheit entstan­den ist – wie es bei den Menschen in den schon erwähnten Projekten, die „Licht für die Welt“ betreut, ja oft der Fall ist – muss auch dafür gesorgt werden, dass es – wenn möglich – sogar zu einer Heilung kommt. – Gerade bei erblindeten Menschen ist das ja in vielen Fällen möglich.

Ein zweiter Hinweis, den ich hier auch noch einbringen möchte: Viele Behinderungen entstehen – so wie Krankheiten ja auch –, obwohl sie verhinderbar wären, zum Bei­spiel durch Mangel an Wasser. Ich möchte Krankheit und Behinderung nicht in einen Topf werfen, aber viele Behinderungen haben auch damit zu tun, dass die sanitären Umstände – von Müllabfuhr über Wasserversorgung bis hin zur Infrastruktur, zu den Straßen et cetera – nicht so sind, wie sie tatsächlich sein sollten.

Es geht dabei also um all das, was Menschen noch zusätzlich zu Menschen mit Behin­derung macht, weil die Gesellschaft zu wenig dafür sorgt, dass die Infrastruktur so ge­staltet ist, dass sie allen ein mehr oder weniger sicheres Leben ermöglicht. Aus diesem Grund finde ich es sehr wichtig, dass wir das heute beschließen.

Ich möchte auch noch eine persönliche Bemerkung anbringen: Ich habe in meiner Stu­dienzeit in Innsbruck gemeinsam mit Menschen mit Behinderung in einer Intensiv­gruppe mitgemacht und dort selbst sehr viel gelernt, auch über den Umgang mit Men­schen. – Das war damals das Jahr der behinderten Menschen. Genau dieser Aspekt des Rechtes auf Zugang zu Einrichtungen, auf eine Behandlung und auf menschen­würdigen Umgang mit Menschen mit Behinderung halte ich für sehr wichtig, und ich denke, es ist ein richtiger Schritt, den wir hierzu tun.

Lassen Sie mich aber noch einige Worte zum allgemeinen Zustand der österreichi­schen Entwicklungszusammenarbeit in den letzten vier Jahren – oder sogar sechs Jah­ren seit Amtsantritt dieser Bundesregierung – sagen.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite