Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 144

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ich kann sie Ihnen zeigen. Ich zeige sie Ihnen nach der Rede. In drei Bundesländern ist das konkret der Fall. (Bundesminister Dr. Buchinger: Sie müssen es durch ...!)

Tatsache ist, dass uns die Damen und Herren von den Regierungsparteien noch vor einigen Monaten ein Regierungsprogramm präsentierten, in dem sie uns einen Min­destlohn von 1 000 € versprachen. – Der Mindestlohntarif sagt etwas anderes. Es ist hier zum wiederholten Male der Fall, dass Sie selbst Ihr Regierungsübereinkommen brechen. Und wenn ich sage, zum wiederholten Male, nenne ich auch Ihr Abgehen von dem Versprechen, dass ein Mindestlohn über den Generalkollektivvertrag geregelt werden sollte.

600 € netto für 21 Stunden täglicher Arbeit und Arbeitsbereitschaft, das ist menschen­verachtend! Es ist anmaßend, Menschen so etwas zuzumuten. Wir alle sind hier, um Gesetze zu machen, um Recht entstehen zu lassen. Doch was Sie hier tun, was Sie hier vorschlagen, das ist definitiv Unrecht. Sie legalisieren die Ausbeutung von Pflege­kräften. Ich behaupte, dass solche Arbeitsverhältnisse, solche Arbeitsverträge, sitten­widrig sind. (Beifall bei den Grünen.)

Wir von den Grünen, all die Organisationen und Institutionen, die Ihren Entwurf kritisch begutachtet haben – Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Arbeiterkammer, ÖGB; ich zähle sie nicht alle auf, Sie wissen es –, wir alle haben es nicht geschafft, Ihnen klarzumachen, wie schlecht Ihr Entwurf ist.

Wenn all diese Stimmen Ihnen nicht klarmachen können, wie schlecht Ihr Entwurf mit all seinen Konsequenzen ist, dann, meine Damen und Herren, schaffen es wahrschein­lich die Richter und Richterinnen: Dann müssen Richter und Richterinnen bei den si­cher zu erwartenden Arbeitsprozessen – nämlich auch speziell in dem Fall, dass sich herausstellt, dass die selbständige Tätigkeit in diesem Rahmen nicht möglich ist – das von Ihnen geschaffene Unrecht wieder zurechtrücken; denn Sie schaffen heute mit die­sem Gesetz Unrecht: Sie alle legalisieren Ausbeutung. (Abg. Binder-Maier: Sagen Sie uns Ihren Vorschlag?) – Ja! Ein 7-€-pro-Stunde-Mindestlohn-Gesetz, das wäre einmal ein Ansatz, aber das trauen Sie sich ja nicht zu.

Meine Damen und Herren von der SPÖ und auch Herr Minister Buchinger, der Sie sich selbst immer so gerne als „links“ bezeichnen: Ich habe einen kleinen Test, ein kleines Rätsel für Sie vorbereitet (Bundesminister Dr. Buchinger: Ich liebe Rätsel!) – Ich hoffe, Sie machen mit. Und zwar geht es darum, dass ich etwas zitiere und Sie vielleicht wis­sen, woher ich das habe. Ich verrate Ihnen noch ein bisschen mehr: Konkret geht es um eine formulierte Forderung an den Gesetzgeber, und diese Forderung lautet unter anderem – es gibt noch mehr – wie folgt:

Achtstündiger Maximalarbeitstag ohne Klauseln und ohne Ausnahme, Verbot von Nachtarbeit, volle Sonntagsruhe von Samstag Abend bis Montag früh.

Kann das jemand identifizieren? Nein? – Okay! Diese Forderungen, das sind Ihre Wur­zeln: Das sind die Wurzeln der Sozialdemokratie, das gehört zur Hainfelder Prinzipien-Erklärung aus dem Jahre 1889 von Victor Adler und so weiter. Achtstündiger Maximal­arbeitstag! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rädler: Alles vergessen!)

Und heute? – Heute stimmen Sie einem Gesetz zu, das weit hinter diese Forderungen, die Sie bereits vor 120 Jahren erhoben haben, zurückfällt. 128 Arbeitsstunden! (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Trunk.) – Ja, und das legitimiert eine wesentliche Verschlech­terung? – Also bitte! 128 Stunden in 14 Tagen, das ist sicher nicht links und auch nicht sozialdemokratisch!

Was um alles in der Welt tun Sie hier? Was rechtfertigt für Sie diese Koalition, wenn Sie solchen Gesetzen zustimmen? – Von der ÖVP erwarte ich mir nichts anderes, aber


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