Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 123

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Interessenpartnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, und die gilt es zu fördern, auszubauen und weiter zu entwickeln. Ich denke, da sind wir uns alle hier einig.

Die hier vorliegende Regelung betreffend Arbeitszeitflexibilisierung orientiert sich aber beinahe ausschließlich an den wirtschaftlichen Bedürfnissen und Gegebenheiten der Arbeitgeber. Das ist Faktum, und es hat im Vorfeld sehr berechtigte Kritik gegeben sei­tens, wie schon erwähnt, der Arbeiterkammer, seitens vieler Arbeitnehmervertreter. Es hat einstimmige Beschlüsse zum Beispiel bei der Vollversammlung der Arbeiterkam­mer in Kärnten gegeben, dass der Ausweitung der Schichtarbeit nicht stattgegeben wird, dass man also davon Abstand nehmen soll.

Flexibilisierung, so wie sie jetzt definiert ist, heißt ganz klar eine Ausweitung, nicht eine Verlängerung, aber eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit bis zu 12 Stunden, und das über einen wesentlich längeren Zeitraum als bisher. Faktum ist daher, dass in die­sem Zeitraum die Menschen länger arbeiten und zu gleichem Lohn arbeiten. Das ist in der heutigen Zeit nicht fair und nicht gerecht, denn wenn sich Arbeit lohnen soll, dann muss es eben auch zu Belohnungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kom­men, die diese Ausweitung der Arbeitszeit auch mittragen.

Faktum ist, so wie das hier vorliegt, dass jene, die tagtäglich zur Arbeit fahren müs-
sen, die so genannten Tagespendler, wesentlich längere Arbeitstage haben – bis zu 14 Stunden –, und ich denke, das ist keine Seltenheit, denn nicht jeder wohnt in Wien, wo die öffentlichen Verkehrsmittel und die öffentliche Infrastruktur gut ausgebaut sind. Das ist auch mit extrem hohen Kosten verbunden. Es ist klar, dass ab 1. Juli die Belas­tung gerade für die Pendlerinnen und Pendler sehr, sehr groß ist.

Faktum ist auch, dass mit diesem neuen Gesetz, das hier vorliegt, gerade für Frauen neue Barrieren im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufgebaut werden. Wir bewegen uns daher mehr in Richtung jobgerechter Familien und weg von familien­gerechten Jobs. Das ist unfair gegenüber den Familien und vor allem auch für die Al­leinerzieherInnen ein ganz, ganz großer Nachteil.

Das, was hier vorliegt, bedeutet auch, dass ein 12-Stunden-Schichtbetrieb möglich ist und dadurch der 3-Schichtbetrieb zu Grabe getragen wird, und das, was hier vorliegt, gibt auch Anlass zur Befürchtung, dass negative Auswirkungen wie gesundheitliche Belastungen und ein Anstieg der Arbeitsunfälle Realität werden.

Das einzig Positive, und das wird ja auch von den Regierungspartnern – vor allem von der SPÖ – besonders verkauft, ist auf den ersten Blick die Teilzeit-Regelung, das heißt ein besseres Entgelt für Überstunden bei Teilzeitbeschäftigten. Das sieht aber wirklich auch nur auf den ersten Blick so aus, denn es steht ja auch in diesem Gesetz drinnen, dass Überstundenzuschläge nur unter bestimmten Voraussetzungen ausbezahlt wer­den. Und das ist wieder so ein bisschen eine Mogelpackung, genauso wie bei der Pfle­ge. Da gibt es auch bestimmte Voraussetzungen, nach denen man 800 € oder 250 € Zuschuss bekommt. Hier ist es genauso!

Wenn mit dem Betrieb schriftlich vereinbart ist – und das war auch bisher möglich –, dass es zu einer Mehrarbeit kommt, dann sind es keine Überstunden. Der Zeitraum von drei Monaten, wo ausgeglichen werden kann, ist ein viel zu großer. Das ist auch klar. – Also: Auf den ersten Blick positiv, aber in der Umsetzung und in der Handha­bung nicht nur kompliziert, sondern auch wieder eine Mogelpackung.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren: Die Flexibilität der Arbeitszeit darf sich wirklich nicht ausschließlich nach den wirtschaftlichen Interessen der Arbeitgeber richten, sondern muss auch viel mehr den Arbeits- und Lebensrhythmus der Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer berücksichtigen. Sie muss berücksichtigen, dass Familien,


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