grüne Fraktion unterstützt den Antrag, heute das Verfassungspaket auf die Tagesordnung zu nehmen, um es zuerst einmal diskutieren und dann in den Ausschuss rückverweisen zu können. Wir begründen das damit, dass es, glaube ich, einzigartig in der Geschichte dieses Hauses ist, dass mit einer Verfassungsnovelle dermaßen schäbig umgegangen worden ist. Mit „schäbig“ meine ich: gegenüber dem Parlament, gegenüber den betroffenen Gruppen und gegenüber der Bundesverfassung. – Eine einzigartige Vorgangsweise! (Beifall bei den Grünen.)
Es gab einmal eine Partei in der Opposition, die hatte, glaube ich, 36 Prozent, und der Klubobmann und der Parteichef dieser Partei haben immer betont: Wir haben gelernt in der Opposition! Es ist wichtig, dass die von Gesetzen und von der Verfassung Betroffenen die Möglichkeit haben, ihre Meinung abzugeben, eine Stellungnahme abzugeben, dass sie in den Gesetzwerdungsprozess auch eingebunden werden! – Das war einmal. Das war einmal fast märchenhaft. Mittlerweile hat diese Oppositionspartei das vergessen und ist in der Regierung und macht es ärger als jemals zuvor! Das ist so, wie wenn sich Max und Moritz gemeinsam über die Bundesverfassung hermachen: Max, die ÖVP, und Moritz, die SPÖ.
Im Sommer geht ein großes Paket für acht Wochen in Begutachtung. Die Bundesländer, die Höchstgerichte, alle betroffenen Stellen schreiben Stellungnahmen, schauen sich das genau an, diskutieren, bringen sich ein. – Dieses Paket verschwindet, verschwindet irgendwohin – ich weiß nicht, wohin. Stattdessen wird überfallsartig in einem Ministerrat etwas völlig Neues vorgelegt, das selbst die Minister nur 24 Stunden vorher gesehen haben und das massiv in die rechtsstaatlichen Prinzipien der österreichischen Bundesverfassung eingreift.
Dann kommt der Ausschuss. Am Freitag in der Nacht kommt ein großes Paket noch zusätzlich in den Ausschuss, das die vierfache Menge der ursprünglichen Novelle umfasst. Ich betone: die vierfache Menge! Glauben Sie tatsächlich, dass das dem demokratischen Prinzip, nämlich dass die Abgeordneten in diesem Haus überhaupt wissen, worüber sie abstimmen, noch in irgendeiner Weise gerecht wird? – geschweige denn, dass die Betroffenen auch nur die geringste Chance haben, zu sagen: Entschuldigung, auf diesen Punkt wurde vergessen, das ist nicht ausgewogen, das ist aus bestimmten Gesichtspunkten falsch!
Nein, das Kalkül ist klar: Mit dieser überfallsartigen Novellierung der Bundesverfassung, wie Sie sie jetzt offensichtlich durch die Bank vorhaben, haben Sie ein ganz offensichtliches Kalkül, nämlich die Kritik der betroffenen Öffentlichkeit, die Kritik der Menschen, die damit dann arbeiten müssen, im Keim zu ersticken, ihr gar keine Chance zu geben, in irgendeiner Form Öffentlichkeit zu erlangen. Und dass dieser Weg gewählt wird, beschreibt einmal mehr, wie schludrig, wie schlampig und wie verantwortungslos Sie mit den wichtigsten Spielregeln, nämlich mit unserer Bundesverfassung, umgehen. Und ich denke, der einzig gangbare Weg ist es, heute dieses Verfassungspaket erstmals zu diskutieren und dann an den Ausschuss zurückzuverweisen.
Doch es kommt noch ärger, Sie haben heute noch Weiteres vor: Sie wollen jetzt überhaupt ohne Ausschüsse Gesetze beschließen. Sie wollen heute einen Fristsetzungsantrag zum Sicherheitspolizeigesetz, auch eine sehr sensible Materie, einbringen – ohne Ausschuss, weil es Max und Moritz, die beiden, die sich über die Bundesverfassung hermachen, seit Jänner nicht geschafft haben, einen Ausschusstermin zustande zu bringen. (Abg. Ing. Westenthaler: Unglaublich! Unfassbar ist das! – Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Es gab einen Ausschusstermin, dann haben Sie sich wieder so gestritten, und der Termin wurde wieder gecancelt (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Parnigoni), und jetzt wollen Sie ohne Befassung im Ausschuss ein Gesetz einfach durch diesen Nationalrat peitschen.
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