Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll58. Sitzung / Seite 110

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Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.14.51

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Das Inzestverbot ist weniger eine Regel, die es untersagt, die Mutter, Schwester oder Tochter zu heiraten, als vielmehr eine Regel, die dazu zwingt, die Mutter, Schwester oder Tochter einem anderen zu geben, sagt der Anthropologe Lévi-Strauss. Fällt Ihnen etwas auf? – Es geht nicht darum, dass die Väter, Brüder oder Söhne nicht geheiratet oder weggegeben werden dürfen, es geht darum, dass der Besitzanspruch des Mannes an der Mutter, Schwester oder Tochter festgehalten wird. Und darum geht es in Wirklichkeit auch bei diesem Fall.

Sie können jetzt vielleicht sagen, ja, okay, der gute Lévi-Strauss ist auch nicht mehr der Aktuellste, der Text stammt immerhin aus dem letzten Jahrhundert, ist zirka 60 bis 70 Jahre alt. Was geht uns das heute noch an? – Aber hat sich das patriarchale Familienbild denn wirklich so grundlegend geändert, dass es nicht genau wieder das Thema ist, dass hier – im Fall F. auf die Spitze getrieben – ein Mann den absoluten Besitzanspruch an seinen Kindern, an seiner Tochter und – es würde mich nicht überraschen – auch an seiner Frau behauptet hat? Ist es nicht so, dass dieses Wegschauen, das heute so oft genannt wurde, ja in Wirklichkeit ein Produkt dessen ist, dass es so normal erscheint, wenn ein Mann den Herrn über die Familie spielt und sich nach außen hin halt anständig benimmt und, wie in den Reaktionen immer zu hören war, auch immer freundlich grüßt? Sagt das, wie jemand seine Nachbarn grüßt, irgend­etwas darüber aus, wie er sich den Menschen in seiner eigenen Familie gegenüber verhält? – Ganz offensichtlich nicht.

Und dieselbe Einstellung orte ich auch in einigen der Reaktionen, mit hoher Wahr­scheinlichkeit sehr unbewusst getätigt, wieder. Da ist bei diesem Fall, wo sogar das Haus in den Medien als „Horrorhaus“ bezeichnet wird, die Rede von der „gesteigerten sexuellen Potenz“ des Täters. Schwingt da nicht eigentlich so ein bisserl mit: toller Hengst, klasser Bursch, der hat halt etwas drauf? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Männer regen sich auf. Sehr bezeichnend!

Da wird gesprochen davon, dass er seine „Tochter und Geliebte“ heimlich versorgt hat, oder was auch immer der Kontext war. „Geliebte“? – Wovon reden wir?! Das Ver­brechen des Herrn F. ist nicht, dass er sich heimlich eine Geliebte mit einer Zweit­familie gehalten hat, das Verbrechen besteht darin, dass er seine elfjährige Tochter das erste Mal vergewaltigt und danach serienweise immer wieder vergewaltigt hat, dass er seine Tochter gefangen genommen hat im Alter von 18 oder 19 Jahren und eingekerkert hat und über 24 Jahre gefangen gehalten hat mit ihren Kindern. (Abg. Großruck: Was haben Sie für eine Phantasie?) – Das ist eine Phantasie, Herr Abgeordneter Großruck? Sie bezeichnen das, was ich als Verbrechen bezeichne, als Phantasie? (Abg. Großruck: Aber nein!) Das sollten Sie zurücknehmen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Sie verstehen das Ganze nicht!)

Die systematischen Vergewaltigungen, die Inbesitznahme der Person Tochter mit ihren Kindern durch den Herrn F., das ist eine Phantasie, sagt der Menschenrechtssprecher der ÖVP. Sie haben ein echtes Problem in Ihrer Partei, wenn das Menschen­rechts­vertreter sagen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Nein, nein! So habe ich das nicht gesagt! Sie phantasieren!) Okay, der Herr Abgeordnete und Menschen­rechts­sprecher Großruck findet weiterhin, ich phantasiere, wenn ich den Täter F. dessen beschuldige, dass er systematisch vergewaltigt hat, systematisch seine Tochter über Jahrzehnte hinweg eingesperrt und eingekerkert hat und damit in Besitz genommen


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