Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 102

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Fall jemand, der 34 Jahre lang geraucht hat, zum Rednerpult gegangen ist und gesagt hat: Jetzt erlebe ich es aus einer anderen Perspektive, und ich weiß, dass ich in meiner Raucherperiode etwas getan habe, das ich aus heutiger Sicht so nicht mehr tun könnte und tun würde, weil ich einen anderen Eindruck davon habe, was es für eine Wirkung auf NichtraucherInnen hat!

Diese Frage wird sich jeder Raucher und jede Raucherin natürlich auch stellen müs­sen. Da ist es nicht damit getan – und das geht an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen von FPÖ und BZÖ –, dass man einfach sagt, das ist eine Kulturfrage. Ich kann den Ausführungen des Kollegen Weinzinger da schon viel abgewinnen, aber die Frage: Stört es jemanden, wenn ich rauche?, ist eine No-na-Frage, weil Nichtraucher und Nichtraucherinnen in der Regel, wenn sie nicht auf das Gespräch verzichten wol­len, sagen: Nein, bleib’ sitzen! – Das heißt, so kommen wir einer Lösung, die den Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher im Auge behält, sicher nicht näher.

Die andere Seite ist, dass ich es für problematisch halte, wenn aus der Frage, wie der optimale Schutz für NichtraucherInnen erzielt werden kann, eine Glaubensfrage kon­struiert wird. Die Gesellschaft spaltet sich sozusagen nicht auf in NichtraucherInnen und RaucherInnen, sondern wir haben auch noch ganz andere Probleme, die wesent­lich wichtiger sind. Das heißt aber nicht, dass wir deshalb auf den Schutz der Nichtrau­cherInnen verzichten dürfen.

In diesem Sinn: Dieses Gesetz stellt einen Kompromiss dar, und dieser wird all jene nicht befriedigen, die sich einen besseren Schutz wünschen. Und er wird natürlich all jene, die sozusagen auf der Kulturfrage oder auf der Selbstbestimmung beharren – die, und da hat Kollege Maier völlig recht, in diesem Fall als Argument völlig unangebracht ist –, nicht zufriedenstellen. – Wir stimmen dem Kompromiss trotzdem zu.

Aber, Frau Bundesministerin, an Ihre Adresse sei mir schon eine Anmerkung erlaubt: Wenn – was offensichtlich mittlerweile schon vergessen ist – in der „Presse“ im März unter dem Titel „Die Politik im Dunstkreis der Tabakindustrie“ zu lesen ist: „Das Ge­sundheits-Ministerium füttert die Raucher-Lobby mit dubiosen Statistiken, die Ärzte als ,offenbar manipuliert‘ bezeichnen“, dann wird damit ein Problem aufgeworfen, das ich schon für relevant halte und das nicht so zu beantworten ist, wie Kollege Weinzinger glaubt, der der Meinung war, nur die Raucher verfügten über überhaupt keine Lobby. – Nein, es gibt eine massive Lobby, das ist die Tabakindustrie!

Offensichtlich haben wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die Tabakin­dustrie auch schon das Gesundheitsministerium mit augenscheinlich verfälschenden Statistiken füttert, die dann vom Gesundheitsministerium – das muss man sich vorstel­len: Papiere der Tabakindustrie! – an die Öffentlichkeit weitergegeben werden, also das Gesundheitsministerium im Wesentlichen sagt, die Papiere der Tabakindustrie sind gut und die kann man verwenden, ein Problem.

Dann haben wir ein Problem mit Ihnen, Frau Bundesministerin, und mit Ihrer Politik, denn dafür sind Sie ganz sicher nicht verantwortlich beziehungsweise sind Sie dafür die ungeeignete Person, nämlich als Gesundheitsministerin Papiere der Tabaklobby über die Adresse Ihres Ministeriums verschicken zu lassen. Das ist Lobbyismus pur! Das wünsche ich mir von keinem Minister und keiner Ministerin, aber von einer Ge­sundheitsministerin im Besonderen nicht.

Letzter Satz, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wenn dem Gesetz entsprochen wird und die Leute weniger rauchen – und das würde auf eine andere Debatte hinfüh­ren –, dann hätten wir auch mit der Nikotinsteuer ein Problem, nämlich mit den Einnah­men. Ich finde es richtig, dass an und für sich in dem Paket zur Kassensanierung Ein­nahmen aus der Nikotinsteuer auch zur Finanzierung des Gesundheitswesens verwen­det werden. Nur – allerletzte Bemerkung dazu –: Sie verweigern sich auch dieser Lö-


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