Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll8. Sitzung / Seite 27

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Realwirtschaft übergegriffen, auf die Autoproduzenten, auf den Maschinenbau, auf die Bauwirtschaft. Die Exporte sind weg; allein in China und in Indien sind die Exporte um ein Viertel bis ein Drittel weggebrochen. Das Industriewachstum hat sich halbiert.

Jetzt gibt es zwei Szenarien, und die muss man offen aussprechen; es gibt ja kein Textbuch, kein Drehbuch für diese Krise.

Das eine Szenario ist ein eher milderes Szenario: zunächst einmal eine deutliche Re­zession, ein Rückgang des Wachstums um etwa 3 Prozent von dem Jetztstand, den wir gehabt haben – wir spüren das jetzt schon –, aber Ende 2009 eine leichte Erholung und 2010 wiederum eine deutliche Aufwärtsentwicklung. – Das ist das Positivszenario.

Aber viele Ökonomen sprechen von einer sehr scharfen Rezession, von 2 bis 4 Pro­zent Rezession, die mehrere Jahre dauern kann; genau so wie das in Japan über eini­ge Jahre, über fast zehn Jahre zu verzeichnen gewesen ist. – Unterschätzen wir nicht die Auswirkungen, schon allein dann, wenn das Wachstum um 3 Prozent wegbricht – das haben wir jetzt schon! In den siebziger und achtziger Jahren – 1974 und 1975, 1980 bis 1982 – hatten wir eine Verdoppelung der Arbeitslosenrate in fast allen euro­päischen Ländern, in so manchen schwächeren Ländern sogar eine Verdreifachung.

Das ist eine dramatische Entwicklung, die da ist, die man nicht bagatellisieren darf. Da sind die besten Köpfe gefragt, und da muss man natürlich darüber reden, wie man diese Krise bekämpft. Es gibt da die berühmten drei „t“ in der englischen Literatur: timely, targeted und temporary müssen die Maßnahmen sein. Das heißt, sie müssen zielgerichtet sein, temporär und sie müssen zeitgerecht einsetzen. Ich finde, dass Europas Antwort bisher jedenfalls, nach einem leichten Zögern am Anfang, sehr kor­rekt gewesen ist. Sie werden daher bei diesem Europäischen Rat, der ja Ihr erster sein wird, Herr Bundeskanzler, eine der wichtigsten Entscheidungen mit zu treffen haben. Die europäische Antwort war meiner Meinung nach korrekt.

Erstens: die Liquidität in einer koordinierten Strategie sofort wiederherzustellen. – Das ist im weitesten Sinn gelungen.

Zweitens: Das Finanzsystem durch eine massive Bankenhilfe wiederum zu beleben. Es sind 2 000 Milliarden € eingesetzt worden. Wir haben ein österreichisches Banken­paket von Haftungen, Garantien und Eigenkapitalzuschüssen, das jetzt von der Kom­mission genehmigt wurde, im Ausmaß von 100 Milliarden € beschlossen. Und das war nicht ein namenloser Finanzminister, Herr Bundeskanzler, sondern er hatte einen Na­men und er verdient es auch, hier genannt zu werden: Wilhelm Molterer (Beifall bei der ÖVP) hat dieses Paket geschnürt – Gott sei Dank mit breiter Zustimmung des Hohen Hauses. Ein großes Dankeschön und Anerkennung dafür!

Weiters hat es eine massive Zinssenkung gegeben, und zwar einen Sprung wie noch nie in der Geschichte der Europäischen Zentralbank. An dieser Stelle sei auch ver­merkt, dass diejenigen, die jeden Tag etwa die EZB sozusagen gedroschen haben, durchaus einmal innehalten und sagen sollten: Die haben das gut gemacht! Auch an­dere Banken haben nachgezogen. Die Bank of England hat heute eine Zinshöhe, die in etwa dem entspricht; die niedrigste übrigens seit 1680.

Wir haben auf europäischer Ebene korrekt koordiniert und gut gearbeitet. Dazu kommt Hoffnung, Rohstoffe sind billiger geworden, Erdölpreise, Inflation sinken. Die Unterneh­mungen sind in einer wesentlich besseren Verfassung. Sie haben in den letzten Jahren gute Gewinne gemacht. Gerade die österreichische Wirtschaft macht da Hoffnung. – Darauf können wir stolz sein, gerade auf die Leistung unserer Industrie und der Klein- und Mittelbetriebe! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, auch die öffentlichen Haushalte sind in einer wesentlich besseren Situation, weil eben in den guten Zeiten Gott sei Dank gespart wurde. Ich


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