Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 117

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

an die Polizei, sondern ans Parlament wendet. Ein Höchstrichter dieser Republik sagt, das Parlament ist die letzte Chance, die Causa Kampusch aufzuklären.

Ich kenne den Akt bis auf einige Aktenstücke, auf die ich noch zurückkommen werde, sehr genau, inklusive der ersten sieben Einvernahmen durch die SOKO Burgenland. Und da gibt es für mich nur zwei Möglichkeiten: Entweder hat da die dümmste Polizei nicht nur Österreichs ermittelt, oder es durfte bei den Ermittlungen nichts heraus­kommen.

Mein persönlicher Eindruck ist, dass wenige Tage nach der Entführung unbeschreiblich stümperhafte Ermittlungen begonnen haben. Ich kenne keinen einzigen vergleichbaren Fall, wo so schlecht, so unkoordiniert und so verantwortungslos ermittelt worden ist, und ich kenne auch keinen Fall, in dem dann später so professionell vertuscht worden ist.

Die Vertuschung ist ein eigenes Kapitel. Auf dieses Kapitel haben wir versucht in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der vorzeitig beendet worden ist, einzugehen. Das haben wir als parlamentarische Aufgabe noch vor uns, weil es auch um politische Verantwortung geht.

Aber jetzt geht es um den Hilferuf eines Höchstrichters, der dem Parlament sagt: Ihr seid die letzte Chance zur Aufklärung! Und da geht es nicht nur um einen der brisantesten Kriminalfälle der Zweiten Republik, sondern da geht es auch um etwas ganz anderes: Eltern müssen sich in Zukunft darauf verlassen können, dass im Fall der Entführung ihres Kindes alles Menschenmögliche getan wird, um das Kind zu befreien, dass die besten Kriminalpolizisten mit den besten Methoden und mit der besten Unterstützung alles tun, um ein entführtes Kind zu finden und zu befreien.

Wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, und dieser Fall nicht geklärt wird, dann können sich Eltern eher darauf verlassen, dass all das wieder schiefgeht, geplant oder ungeplant, was bei Natascha Kampusch schiefgegangen ist. Deswegen werden wir hier im Parla­ment uns das anschauen müssen.

Das Schlüsselstück ist wahrscheinlich der Bericht von Oberst Kröll, der Bericht von Oberst Kröll an die letzte Untersuchungskommission, der bis heute im Innen­minis­te­rium und im Justizministerium unter Verschluss gehalten wird. (Abg. Dr. Rosenkranz: Unerhört!) Wir haben mehrere Male gefragt: Was steht da drinnen? Und ich weiß ungefähr, was drinnen steht. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das ist unerträglich!)

Oberst Kröll ist zu Schlüssen gekommen, die mit den Schlüssen der offiziellen Ermittlungen überhaupt nichts zu tun haben. Oberst Kröll war mehreren Tätern auf der Spur. Oberst Kröll hat ganz andere Hinweise gefunden, die man viele Jahre früher schon hätte finden können, wenn man sie hätte finden wollen oder hätte finden dürfen.

Oberst Kröll hat das zu Papier gebracht. Die Beweise und die Hinweise liegen ja vor.

Ich frage Sie, Frau Justizministerin, und Sie auch an Stelle der Innenministerin: Warum wird das weggesperrt und unterdrückt? Warum darf das Parlament bis heute nicht wissen, was im Fall Kampusch im Innenministerium und in der Politik und an der Spitze zweier Ministerien wirklich passiert ist?

Wir müssen das wissen, weil es hier um Grundfragen des Rechtsstaates geht, um die Grundfrage, ob mögliche Täter geschützt werden und ob die Qualität möglicher Täter und ihre guten Verbindungen dazu führen, dass sie sich auf ein gewisses Maß von Schutz verlassen können. Wir müssen auch nachfragen und überprüfen, ob die Spitzen von Polizei, insbesondere des Bundeskriminalamtes, und Spitzen der Justiz politisch missbraucht werden können.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite