Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll98. Sitzung / Seite 31

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Ich weiß, das gilt nicht für Österreich, trotzdem wäre auch mir als Regierungschef eines Landes, das kein Atomkraftwerk hat, lieber, wenn wir nichts exportieren müssten (Rufe: Importieren!), weil ich weiß, dass Atomstrom an der Grenze nicht aufzuhalten ist. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Ohne Strom zu importieren auszukommen mit den eigenen Ressourcen plus etwa Erd­gas und den Speicherkapazitäten, wäre sicher ein Ziel in unserem Land. Wir wissen aber auch, dass es nicht nur um Österreich geht: Es geht um grenznahe Kernkraft­werke genauso wie um Kraftwerke in Europa. Es ist also nicht nur eine Aufgabe, die weltweit von Bedeutung ist, sondern die Energiezukunft steht auch in Europa auf der Probe.

Täglich melden sich Zyniker zu Wort, die sagen, man soll doch jetzt die Gefahren nicht übertreiben. – Ich glaube, zu mehr Übertreibung in der Vorstellungskraft, als es die täg­lichen Bilder aus Japan, die überspielt werden, zeigen, ist ohnehin niemand in der La­ge. (Abg. Mag. Stadler: Martin Bartenstein im Hauptausschuss!)

Das Schrecklichste, nämlich die Zerstörung von Lebensgrundlagen für Hunderte, ja vielleicht für Tausende Jahre zu riskieren, und dann zynisch zu sagen, dagegen könne man sich nicht versichern und gleichzeitig eine Kostenrechnung, ja eine Kostenlüge vorzulegen, nämlich die, dass Atomstrom besonders billig sei, das darf nicht durchge­hen in einer Demokratie! Und zu unser aller Glück gibt es in den Ländern Europas De­mokratie und auch demokratische Wahlen.

Daher vertraue ich nicht darauf, dass sich Frankreich im nächsten Europäischen Rat unserer Meinung anschließt. Ich weiß auch, dass heute Nachmittag, wenn mich der tschechische Premierminister Necas besucht, die Möglichkeiten relativ gering sind, ihn zu einem Umdenken zu bewegen. Trotzdem ist diese unsere Aufgabe mit Entschlos­senheit voranzutreiben, weil – und davon bin ich überzeugt – diese Katastrophe in der Bevölkerung Europas zu einem Umdenken führen wird. Ich habe da also weniger Ver­trauen zu so mancher Regierung (Abg. Dr. Pirklhuber: Wir auch!), auch zu einzelnen Regierungsvertretern.

Ich muss Ihnen sagen: Das ist nicht die Stunde, politisches Kleingeld zu wechseln! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich kann Ihnen sagen: Wir von der Bundesregierung haben einen Aktionsplan be­schlossen (Zwischenruf des Abg. Vilimsky) – damit wir hier überall einheitlich, ent­schieden und entschlossen auftreten –, und ich reiche in diesem Zusammenhang auch der Opposition gerne die Hand, denn wir dürfen uns da nicht auseinanderdividieren lassen. Wir haben in Europa genug zu tun damit, die, die für Atomtechnologie sind, zu bremsen und ihnen entschlossen gegenüberzutreten! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Weltweit ist noch kein einziges Endlager genehmigt beziehungsweise fertiggestellt. Weltweit gibt es heute kein einziges Atommülllager, das nicht als provisorisch gilt. Greenpeace hat ausgerechnet, dass im Jahr 2030 allein in Deutschland etwa 24 000 Kubikmeter hochradioaktiver Atommüll anfallen; das entspricht etwa 17 000 Tonnen Schwermetall aus abgebrannten Brennelementen und Wiederaufberei­tungsabfällen. All das sind Daten und Fakten, hinter denen gefährliche Technologien stehen, die unsere Zukunft gefährden.

Ich bin daher überzeugt davon, dass wir alles einsetzen müssen, was in einer Demo­kratie möglich ist – alle Initiativen, die Bürgerinitiative, die in der Europäischen Union geschaffen wird, aber auch alle Unterschrifteninitiativen müssen sich zu Wort melden, lautstark zu Wort melden (Abg. Kickl: Nur Sie nicht! Genau so!) –, um der Bevölkerung zu zeigen, dass es uns ernst damit ist und dass es unsere Aufgabe ist (Abg. Kickl: Ei­ne Bankrotterklärung!), auch in einer Demokratie bei allen kommenden Wahlgängen darüber zu entscheiden, ob man aus der Atomtechnologie aussteigen soll.

 


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