Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll166. Sitzung / Seite 196

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Da kann nichts passieren, aber – und jetzt komme ich zu den reglementierten Gewerben – bei der Arbeitsvermittlung, da kann ja unwahrscheinlich viel passieren, da müssen wir wirklich reglementieren. Bei der Bestattung zum Beispiel, da kann natürlich dann jemand zu wenig tief gelegt werden, das kann schon passieren. Die Bodenleger können auch einiges falsch machen. Oder die Damenbekleidungsmacher, die Wäsche­warenerzeugung. Ich verstehe das natürlich, wenn die Wäsche zu eng sitzt, kann sie schon mal zwicken. Das muss natürlich entsprechend reglementiert werden, keine Frage. Perückenmacher müssen reglementiert werden, Fußpflege, Getreidemüller, all das muss reglementiert sein, Inkassobüros, Kosmetik, Schönheitspflege, Reisebüros, all das muss reglementiert werden.

Das hat in Wirklichkeit keinen Hintergrund. Da gibt es nicht jemanden, der sich überlegt, das eine muss reglementiert werden, das andere muss frei bleiben oder frei sein. Das gibt es nicht, sondern das ist rein gewachsen, eine gewachsene Struktur. Jene, die sich absichern wollen gegen Konkurrenz, verhindern mit Zähnen und Klauen, dass sich hier etwas ändert. Und die Regierung macht seit Jahrzehnten die Mauer, sonst wären all diese Dinge, die ich jetzt genannt habe – von der Arbeitsvermittlung angefangen, wo natürlich das AMS keine Freude hat, und, und, und –, schon lang liberalisiert worden. Aber weil es eben Interessen gibt, passiert das nicht.

Genau das Gleiche ist jetzt bei den Fotografen wieder passiert, die einfach Angst haben, dass man ihnen sozusagen wieder einen gewerbsmäßigen Bereich wegnimmt, sodass sie dann wieder Einbußen haben und wieder mit Konkurrenz zu leben haben. Das ist ja das Problem: Die, die haben, wollen keine Konkurrenz. Ich verstehe das schon. Wenn ich einen Betrieb habe, wo es keine Konkurrenz gibt, dann werde ich den Teufel tun, Konkurrenz zuzulassen. Und die Wirtschaftskammer macht da die Mauer. Das ist genau das Problem.

Herr Minister, wenn Sie schon von Modernisierung der Gewerbeordnung sprechen, dann wissen Sie, dass es manche Altbestände in der Gewerbeordnung gibt, die seit 1859 in Funktion sind. Zum Beispiel gibt es noch einen Entlassungsgrund aus 1859, wo das Küssen am Arbeitsplatz verboten ist und als Entlassungsgrund definiert wird. Und das wird auch noch angewandt. Es hat einen Fall gegeben, wo das angewandt wurde. Solche Dinge gibt es heute immer noch. 1859! Wachen Sie bitte auf! Da muss man endlich etwas tun. Und das Ganze noch angesichts dessen, dass wir eine Wirtschaftskrise zu erwarten haben und endlich der Wirtschaft die Fesseln abnehmen sollten, damit sie das machen kann, wofür sie da ist, nämlich Gewinne erwirtschaften und Steuern zahlen, und von den Steuern profitieren dann alle. Es geht nicht an, die einen von der Konkurrenz abzuschirmen, damit sie ihr Gerstl verdienen können, und die anderen nicht an den Futternapf zu lassen. Das ist das Denken von gestern, Herr Minister.

Eine Sache noch zum Antrag des BZÖ. Selbstverständlich brauchen wir eine freie Mit­gliedschaft bei den Kammern. Selbstverständlich! Es kann mir doch kein Mensch erklären, warum man einen Unternehmer zwingen muss, bei der Kammer Mitglied zu sein. Warum muss man ihn zwingen? Warum muss man einen Unternehmer zwingen? Wenn die Kammer so tolle Errungenschaften für die Unternehmer hat, wenn die Kammer so viel Service bietet, wenn die Kammer so viel Gutes tut für ihre Unter­nehmer, warum zwingen wir sie dann? Das müsste doch so sein wie bei der IV, da sind sie auch freiwillig dabei. Da müssten doch, so wie bei der IV, wo die Industriellen freiwillig zahlen, genauso die Unternehmer auch freiwillig bei der Wirtschaftskammer zahlen. Das muss doch möglich sein.

Wenn Sie nicht glauben, dass das möglich ist, dann weiß ich schon, warum Sie das nicht glauben. Weil Sie wissen, dass die Wirtschaftskammer letztlich nichts anderes ist als ein Moloch, der sich selbst bedient und der letztlich nicht viel für die Wirtschaft tut.


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