Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 44

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„(7) Hilfe ist ferner den nicht in den Abs. 1 und 6 genannten Personen zu leisten, wenn die Handlung nach Abs. 1 nach dem 30. Juni 2005 im Inland oder auf einem österrei­chischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, began­gen wurde.“

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Ja, das klingt kompliziert, beschreibt aber genau den Umstand beziehungsweise Tat­bestand, dass dieses Gesetz nach wie vor, obwohl es – das bestreite ich nicht – viele Verbesserungen, wie etwa die Erhöhung der Entschädigung, bringt, Lücken offen lässt, die man eigentlich hätte schließen können oder sollen, und zwar im Interesse jener Menschen, die in Österreich – und das will niemand, das macht niemand freiwillig – Opfer von Verbrechen geworden sind. – Das ist der eine Punkt.

Herr Bundesminister, jetzt habe ich aber, nachdem Sie vorhin in der Fragestunde die­ses Thema schon angesprochen haben, noch ein Anliegen. Da weiß ich natürlich, dass alle Parteien – mit Ausnahme der Grünen – dem vermutlich nicht zustimmen werden. Aber ich bitte Sie nur um eines: Überlegen Sie sich das noch einmal!

Der Herr Bundesminister hat dankenswerterweise den Begriff, um den es hier geht, heute schon eingeführt, und zwar: Wir haben im Bereich der Armen-Gesetzgebung nach wie vor eine Gesetzeslage, die sich auf das Jahr 1863 bezieht – ich betone: 1863! –, nämlich das sogenannte Heimatrechtsgesetz. Wissen Sie, was das Heimat­rechtgesetz im Wesentlichen eigentlich beinhaltet? – Das war kein Sozialgesetz und nicht die Grundlage für die heutige Sozialhilfe, sondern das war ein Polizeigesetz – ein Polizeigesetz, mit dem Personen, von denen man vermutet hat, dass sie unrechtmäßig in einem Ort aufhältig sind, abgeschoben werden konnten.

Polizeiliche Maßnahmen sind die Grundlage unserer Sozialhilfegesetzgebung im Jahr 2013. Das ist eigentlich eine Katastrophe! (Demonstrativer Beifall bei den Grü­nen.)

Wir wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es auch anders machbar wäre, auch durch die Verfassung legitimiert, weil da der Bund über die Bundesverfas­sung von 1920 tatsächlich die Kompetenz zur Rahmengesetzgebung erhalten hat. Er hat sie bis jetzt nicht ausgeübt. Aber – und das ist der springende Punkt! – die Bun­desländer können eigentlich keine Ausführungsgesetze machen, wenn der Bund von der Rahmengesetzgebung nicht Gebrauch macht.

Diese Versteinerungstheorie, die da manche Verfassungsjuristen anwenden – Herr Kollege Cap, erkundigen Sie sich auch bei anderen Verfassungsjuristen! –, gibt es of­fensichtlich nur in Österreich, sonst in keinem anderen Land. Und sie ist reichlich frag­würdig.

Ich frage mich, ob sich Österreich im Jahr 2013 und folgende Jahre eine Gesetzge­bung im Bereich der Sozialpolitik leisten will, wo man sagt: Ja, die Grundlage für das Ganze ist eigentlich ein Polizeigesetz aus dem Jahr 1863! – ein Gesetz, mit dem man die Armen aus den jeweiligen Orten fortschaffen kann, mit dem man abschieben kann, sozusagen von einem Ort zum anderen.

Das kann es doch nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sie sa­gen: Ja wir haben keine bessere Grundlage für unsere Gesetzgebung im Sozialhilfebe­reich!

Deshalb und weil hier auch sinnvollerweise bei der Verbrechensopfersache Kompe­tenzbereinigungen erzielt werden, die auch die Bundesverfassung betreffen, bringe ich einen weiteren Antrag ein.

 


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