Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 27

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wäre eine nachhaltige und ausschließlich langfristige Regelung. Auch dieser Punkt kann in der Not nur eine gewisse kurz- und mittelfristige Maßnahme sein. Es geht um die Frage, wie wir in Europa mit Asylwerbern umgehen, mit Menschen, die auf der Flucht sind. Ich spreche hier bewusst nicht von Menschen, die sich wirtschaftlich ver­bessern wollen – diese Menschen gibt es wie überall auf der Welt auch in Europa –, sondern ich spreche von Menschen, die auf der Flucht sind, weil sie in ihren Ländern nicht leben können, weil viele von ihnen von Gewalt bedroht sind und daher auch Anspruch auf das Menschenrecht auf Asyl haben.

Asyl ist kein Gnadenakt, sondern ein Menschenrecht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Willi.) Es ist daher ein Recht, das von uns auch gewährt werden muss, aber die Chance, dieses Recht in Anspruch zu nehmen, besteht für diese Menschen nur dann, wenn wir auch eine dementsprechende Organisation haben. Nun gibt es den Dublin-Beschluss, der, wie Sie wissen, kurz gefasst sagt, dass dasjenige Land für einen Flüchtling zuständig ist, in dem er ankommt. Damit wäre für ein Land wie Österreich, das keinen Zugang zum Meer hat, die Sache schnell beendet, denn es könnte zwar jemand mit dem Flugzeug zu uns fliegen, aber sonst gar nicht zu uns kommen, etwa aus dem Bereich des Mittelmeerraumes, da wir ja nicht direkter Nachbar sind.

Daher ist es, wie es das Dublin-Verfahren vorsieht, zwar politisch logisch, dass das Land, in dem jemand ankommt, zu prüfen hat, ob ein Asylrecht besteht, und auch für die Erstunterbringung und dann in der Folge für weitere humanitäre Hilfe zuständig ist –, aber dieses System kann nur funktionieren, wenn das Land, in dem jemand ankommt, auch aufgrund einer Quotenregelung weiß – und damit bin gleich auch beim nicht nur österreichischen Vorschlag –, wie dann in weiterer Folge die Menschen, die ein Recht auf Asyl haben, in Europa untergebracht werden können. Es geht ja nicht an, dass sie einfach mit dem Zug weiterfahren, das ist auch in der Dublin-Regelung nicht vorgesehen. Aber mangels einer sinnvollen Quote, die angibt, wie die Unterbringung in Europa zu geschehen hat – also einer gemeinsamen Politik in Europa für Standards, Rechte und Unterbringung von Asylwerbern –, ist die Praxis in vielen Fällen anders als die Theorie, denn Tausende, Zigtausende, Hundertausende fahren einfach weiter und es gibt keine geordnete Unterbringung.

Daher sind Länder von Asylwerbern unterschiedlich betroffen. Wir Österreicher sind – natürlich gemessen an unserer Einwohnerzahl, man kann es durchaus aber auch am BIP, an der Wirtschaftskraft oder an einem anderen Faktor messen – ein ganz beson­ders betroffenes Land. Vereinfacht kann man sagen, dass zehn Länder in Europa einen Großteil der Aufgabe tragen, acht Länder halten sich im unteren Mittelfeld und zehn Länder haben einen relativ geringen Anteil an der gemeinsamen Aufgabe, Asyl­werber unterzubringen. Daher ist die Quote eine Frage der Fairness, eine Frage der Menschlichkeit und letztlich im Zusammenhang mit dem Dublin-Beschluss auch eine Frage der Logik, da sich einige Länder das sonst gar nicht leisten können. Daher setzen wir Österreicherinnen und Österreicher uns für diese europäischen Quoten ein.

Nun ist die Diskussion dazu intensiver geworden, als das in den letzten Monaten oder gar Jahren der Fall war, denn in der Vergangenheit haben jene, die dieses Thema nicht so stark betroffen hat, sich nicht extra zu Wort gemeldet, da es vielleicht andere Themen in der Europäischen Gemeinschaft gab, die ihnen dringlicher erschienen. Deshalb ist bislang diese Quotenfrage zu wenig ausdiskutiert worden und hat sich jetzt durch die Verschärfung, durch das Anlaufen der gemeinsamen Rettungsprogramme natürlich in den Vordergrund gedrängt. Das ist gut so und auch richtig. Auch für unsere Haltung – wir treten ja für eine Quotenregelung und Mindeststandards ein – ist das eine richtige und politisch gute Diskussion, an der ich mich, und, wie ich weiß, Sie auch, an der wir uns also gemeinsam auf allen Ebenen massiv beteiligen.

 


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