Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll140. Sitzung / Seite 65

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Darüber hinaus kann die derzeitige Handhabung des AMA-Gütesiegels ebenso keine Sicherheit für die 100%ige österreichische Herkunft des damit versehenen Lebensmit­tels garantieren. Eine einheitliche, verbindliche Kennzeichnung für alle in Österreich an­gebotenen Lebensmittel muss daher endlich umgesetzt werden.

In der Vergangenheit hat es bereits mehrere Anläufe gegeben, um die Bundesregie­rung zu einer einheitlichen, rechtlich verbindlichen Kennzeichnung von Lebensmitteln zu bewegen. So gab es im November 2009 einen Fünfparteienantrag für eine Reform der Gütezeichenverordnung. Damals forderten die Abgeordneten aller im Parlament ver­tretenen Parteien die Umsetzung der im Regierungsprogramm von 2010 zwischen SPÖ und ÖVP vereinbarten Reform der Gütezeichenverordnung. Im derzeit aktuellen Regierungsprogramm steht im Kapitel Gesundheit, dass „die Umsetzung einer klaren Herkunftskennzeichnung der Produkte und Rohstoffe auf EU-Ebene KonsumentInnen verlässliche und gesicherte Informationen sowie Schutz vor Täuschung bieten“ soll.

Von einer echten Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel kann trotz aller Bemühun­gen und Anläufen leider noch immer nicht die Rede sein. Im Gegenteil, die geheim ge­haltenen Verhandlungen um TTIP & Co lassen Schlimmstes für Konsumenten und hei­mische Lebensmittelproduzenten erwarten. Die Globalisierung und Industrialisierung der Lebensmittelproduktion führen zu einer für die Konsumenten nicht mehr nachzu­vollziehenden „Reisetätigkeit“ von Lebensmittel. Denn Lebensmittel haben zu einem großen Teil bereits mehrere tausend Kilometer hinter sich, bevor sie in den österreichi­schen Supermärkten zum Verkauf angeboten werden. Bei Obst und Gemüse ist noch leicht erkennbar, dass etwa Bananen aus Kolumbien, Weintrauben aus der Türkei, Ananas aus Costa Rica, Clementinen aus Spanien, Kiwis aus Neuseeland, Mangos aus Brasilien oder Papayas aus Thailand „mehr von der Welt gesehen haben“ als die­jenigen, die sie kaufen und verzehren. Bei Fleischprodukten wird es schon schwieriger, denn die wenigsten Konsumenten wissen, dass Lamm aus Neuseeland, Rindfleisch aus Brasilien und Argentinien, Shrimps und Geflügel aus China oder Fisch (Pangasius) aus dem Mekong-Delta nach tausenden Reisekilometern u.a. als Gefrierware in Öster­reichs Supermärkten landen. Selbst die Fertigbackmischungen für die vorgebliche Frisch­ware aus dem Supermarktaufbackofen beinhalten zum größten Teil Rohstoffe, die nicht aus Österreich stammen.

Und auch bei so Alltäglichem wie Kartoffeln gibt es negative Beispiele. Im Frühjahr bot eine renommierte österreichische Supermarktkette heurige Kartoffeln aus Ägypten an, obwohl zu diesem Zeitpunkt mit der Sorte „Eferdinger Landl“ ausreichend inländische Kartoffeln höchster Qualität vorhanden waren. Solche Vorgehensweisen führen dazu, dass heimische Ware nicht konkurrenzfähig angeboten werden kann und vernichtet wird. Ausländische Ware ist trotz tausender, klimaschädigender Transportkilometer und fehlender Umweltstandards sowie fragwürdiger Produktionsweisen (Kinderarbeit, etc.) in Österreich billiger zu haben als die heimische Qualitätsproduktion. Den österrei­chischen Konsumenten wird dabei tunlichst verheimlicht, wieviel Klimaschädigung und soziales Leid mit dem Angebot solcher Produkte verursacht wird. Solche Beispiele lie­ßen sich für alle Bereiche der Lebensmittelproduktion fortsetzen.

Wir brauchen daher eine rechtlich verbindliche Regelung, die garantiert, dass auf allen angebotenen Lebensmitteln, wo Österreich drauf steht, auch Österreich drinnen ist. Es muss Schluss sein mit Produkten, die als „österreichisch“ ausgeben werden dürfen, ob­wohl lediglich die Schlachtung bzw. die Verpackung in Österreich erfolgt. Österreich braucht ein transparentes Qualitätsgütesiegel-Gesetz für alle in Österreich angebote­nen Lebensmittel, das Herkunft, Erzeugungsart, Verarbeitung, Transport und Lagerung ausweist, um den Konsumenten den fairen Vergleich von Qualität und Preis zu ermög­lichen. Nur so kann den österreichischen Konsumenten Lebensmittelwahrheit garan­tiert werden.

 


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