11.50

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist nicht nur historisch gesehen ein bedeutender Tag – die Novemberpogrome wurden erwähnt –, sondern heute ist auch frauenpolitisch gesehen ein sehr bedeutender Tag, finde ich persönlich. Immerhin sind heute 63 Frauen neu beziehungsweise wieder ins Parlament eingezo­gen, das ist immerhin ein glattes Drittel aller Abgeordneten! Ich freue mich außeror­dentlich, dass 46,15 Prozent der Abgeordneten unserer eigenen Fraktion Frauen sind. Ich darf ganz besonders euch 24, aber auch insgesamt alle 63 Frauen sehr herzlich begrüßen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Liste Pilz sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben mit den Worten „Ich gelobe“ sehr hohe Verantwortung übernommen. Es ist in der Tat ein bewegender und besonderer Moment, diese Gelöbnisformel zu hören, sie zu sprechen und sie auch zu befolgen.

Ich begrüße es außerordentlich, dass die ÖVP eine Frau zur Präsidentin nominieren will – ich hätte mir jedoch gewünscht, muss ich ehrlich gestehen, dass Sie, Frau Kös­tinger, sich hier kurz einige Minuten vorstellen, vielleicht auch gegen die Usancen des Hauses, wenn schon nicht in den Klubs. Wir hätten gern einen kurzen Einblick be­kommen, ob und wie Sie fortführen möchten, was Ihre Amtsvorgängerinnen Barbara Prammer und Doris Bures so vehement betrieben haben, nämlich das Haus zu öffnen: eine Öffnung für die Bevölkerung, vor allem für die junge Bevölkerung, um dieses Haus als Ort der Begegnung zu sehen. – Ich weiß nicht, wie Sie das anlegen werden, und ich finde es schade, dass Sie diese Minuten nicht genutzt haben.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich denke, dass wir sowieso bei jedem Ge­setz, das wir hier als Parlamentarierinnen und Parlamentarier beschließen werden, nicht nur die ökonomischen, die ökologischen, die budgetären und viele andere Aus­wirkungen besonders betrachten müssen. Nein, wir müssen auch die frauenpolitischen Auswirkungen der Gesetze, die wir hier beschließen, ganz besonders in Augenschein nehmen!

Mit dieser großen Verantwortung, die damit verbunden ist, müssen wir auch artikulie­ren, dass wir für Verlässlichkeit stehen, dass wir für Kontinuität stehen, für Planbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger, auch im Sinne umfassender Sicherheit, die diese brau­chen. Veränderungen zum Schlechten darf es nicht geben. Weiterentwicklung des Lan­des muss es geben – denn auch, wenn Sie heute für die Vergangenheit nicht nur posi­tive Worte übrig hatten, so sage ich Ihnen, dass die vergangenen Jahre das Land bei all den Konflikten doch enorm weitergebracht haben. Wir stehen heute als gutes Land da, und zwar nicht nur wirtschaftspolitisch, sondern auch in Bezug auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger, das wir hier in dieser XXVI. Legislaturperiode mit der einen oder anderen Gesetzesinitiative selbstverständlich noch verbessern wollen.

Die Frage, wie wir hier im Haus miteinander umgehen, ist auch eine Sache. Ich gehöre dem Parlament nun doch schon seit dem Jahr 1999 an, mit einer Unterbrechung von acht Jahren als Regierungsmitglied, und ich habe in der Vergangenheit schon einige sexistische Verhaltensweisen erlebt. Wir haben einen Umgang miteinander erlebt, der nicht vorbildhaft ist, wenn Männer mit den Händen in den Hosentaschen gestanden sind, wenn Frauen ans RednerInnenpult getreten sind, und sich hier sehr unangenehm benommen haben. (Abg. Strache: War das der Michael Häupl?)

Was hier gilt, dass so etwas wie das in der Vergangenheit Erlebte in Zukunft nicht mehr passieren darf, gilt auch für alle Abgeordneten, wenn sie sich außerhalb des Ho­hen Hauses befinden. Ich muss Ihnen daher sagen, sehr geehrte Damen und Herren: Allem Anschein nach ist Peter Pilz kein Opfer! Er hat die Konsequenzen gezogen, spät, aber doch, und das war wichtig und richtig. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Wir möchten in diesem Zusammenhang Dinge weiterentwickeln, nämlich eine starke Gleichbehandlungsanwaltschaft und eine starke Gleichbehandlungskommission. Auch wenn manche hier sexuelle Belästigung und sexuelle Beschimpfung kleinreden wol­len – diese Dinge sind nicht klein! Jede Frau, der so etwas widerfährt, hat das Recht, sich zu wehren und sich zu artikulieren, egal, ob das im Internet ist oder wenn sich Frauen an die entsprechenden Stellen wenden. Diese Stellen müssen wir hier im Ho­hen Haus stärken und dürfen sie nicht schwächen.

Es geht darum, dass das Frauenbudget erhöht gehört. Es geht darum, dass die Institu­tionen gestärkt gehören. Es geht darum, dass Frauen, die Arbeit haben, auch gut be­zahlt werden, das heißt, ein Lohntransparenzgesetz steht dringendst an! Das sollte ei­nes der ersten Vorhaben sein, die wir hier gemeinsam umsetzen.

Es geht auch darum, dass Sie bitte das nicht zerstören, was wir für die Kinder, ins­besondere für Kindergartenkinder und Schulkinder, erreicht haben. Wir dürfen bei die­sem Thema keinen Schritt mehr zurück, sondern müssen Schritte vorwärts machen, damit unsere Kinder nicht nur Ganztagsschulplätze vorfinden, sondern auch eine gute Situation der Schulautonomie, sodass ohne Schulversuch nach eigenem Ermessen der Schule andere Formen der Pädagogik ausprobiert werden können. (Zwischenruf des Abg. Bösch.)

Es geht auch um die Kleinen in der Gesellschaft, die einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz brauchen, damit die Eltern beruhigt sein können, dass die Kinder in guter Obhut sind. Auch die Jugendlichen müssen alle Chancen haben. Wir brauchen nach wie vor einen offenen Hochschulzugang ohne soziale Selektion.

Das und noch viel mehr gehört zu einem guten Leben, das auch ein gesundes Leben sein soll. Das bedeutet auch gesundes Essen; Kindergesundheit und Erwachsenenge­sundheit soll uns nicht nur im kurativen, im behandelnden Sinne ein Anliegen sein, sondern vor allem auch im Präventionsbereich. Auch da bitte ich Sie eindringlich: Zer­stören Sie nicht das Pflänzchen, das 2013 mit der Gesundheitsreform gesetzt wurde, als sich zum ersten Mal alle Institutionen zusammen die Vision, das Ziel vorgenommen haben, die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher weiterzuentwickeln!

Wir haben einige Jahre vor uns, die uns vor große Herausforderungen stellen. Bitte, ge­hen wir diese doch gemeinsam mit einem guten Umgangston an, für die Bürgerinnen und Bürger Österreichs! (Beifall bei der SPÖ.)

11.57

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Sche­rak. – Bitte.