11.15

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Gäste auf der Galerie! Also das hätte mich ja auch sehr gewundert, wenn die ÖVP innerhalb weniger Wochen vom Wahlkampfmodus in den Arbeitsmodus hätte umschalten kön­nen. Was wir hier nämlich erleben, ist, ein heikles, wichtiges Thema wiederum populis­tisch und vergleichsweise demagogisch enden zu lassen.

Kollege Scherak und Kollege Jarolim haben wesentliche Dinge gesagt, ich werde das nicht wiederholen, aber drei Dinge, glaube ich, sind schon sehr wichtig.

Erstens: Jede und jeder hier im Saal ist gegen Terrorismus, und es ist nicht die Frage, ob wir den Terrorismus bekämpfen wollen, sondern welchen Stellenwert das Problem des Terrorismus hat und welche Mittel wir hier verwenden. Ja, es ist Aufgabe des Staates, für Sicherheit zu sorgen; ja natürlich, das Gewaltmonopol soll beim Staat liegen, aber man muss das Thema des Terrorismus von der Hybris der Sicherheits­diskussion, die hier immer wieder angezielt wird, befreien.

Wir haben in Österreich tatsächlich Sicherheitsprobleme, das ist aber zunächst einmal nicht der Terrorismus, sondern die Sicherheitsprobleme, die wir in Österreich haben, sind für die Mehrzahl der Bevölkerung solche, die sich auf die Sicherheit des Arbeits­platzes, auf die Sicherheit der Wohnverhältnisse und auf die sich daraus ergebenden Probleme im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich beziehen. Das sind die tatsächlichen Sicherheitsprobleme in Österreich. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Das Jahr 2015 war in der Republik Österreich tatsächlich ein Einschnitt, es war aber nicht so sehr ein Einschnitt betreffend die Sicherheit, sondern es war ein Einschnitt betreffend das Sicherheitsgefühl der Österreicherinnen und Österreicher; und das multiple staatliche Organisationsversagen im Jahr 2015, das haben die ÖVP und ihre Minister herbeigeführt und nicht die Flüchtlingsbewegung per se. Daran müssen wir uns jetzt abarbeiten.

Wenn wir fragen, woraus das Sicherheitsgefühl in Österreich entsteht, dann muss man sagen, auch das ist eine soziale und nicht vorwiegend polizeiliche Aufgabe. Sicher fühlen sich Leute, die die Zuversicht haben, dass in Hinkunft ihre Bedürfnisse befriedigt werden und dass sie ihre Interessen verfolgen können, und das hat mit Polizeiarbeit vergleichsweise wenig zu tun.

Ich würde mir ja gerne zu Herzen nehmen, was ich jetzt gehört habe, und glauben, dass die ÖVP tatsächlich ein Interesse an Sicherheit in Österreich hat, nur die tatsächlichen Sicherheitsprobleme werden hier nicht debattiert. Alle 20 Stunden fordert der Verkehr auf Österreichs Straßen Todesopfer (Zwischenruf des Abg. Hauser), im Jahr 2016 sind auf österreichischen Straßen 432 Personen gestorben; und bei manchen Redebeiträgen vonseiten der ÖVP könnte man ja fast meinen, es tut Ihnen leid, dass es noch keine Terrorismusopfer in Österreich gibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: So ein Unsinn! Blödsinn!) Tatsächlich gibt es aufgrund einer mangelhaften Sicherheitspolitik viele, viele Opfer in Österreich, und wenn wir uns anschauen, wie viele Leute tagtäglich bei Haushalts- und Freizeitunfällen sterben, wenn wir uns anschauen, wie viele Arbeitsunfälle es in Österreich gibt, dann zeigt sich, das spricht eine ganz deutliche Sprache. (Abg. Winzig: Wie viele Arbeitsunfälle gibt’s denn?)

Kein Mensch ist dagegen, dass wir die Polizei dafür ausstatten, ordentlich zu arbeiten. Wir sind sehr dafür, dass wir die Arbeitsbedingungen der Polizistinnen und Polizisten in Österreich verbessern; sie haben nach vielen, vielen Jahren ÖVP im Innenministerium ganz elende Arbeitsbedingungen. Wir wollen eine bessere Entlohnung für Polizistinnen und Polizisten in diesem Land, wir wollen eine bessere Ausbildung, und wir wollen auch, dass ihr gesellschaftlicher Status dadurch steigen kann.

Die Antwort auf das bedrohte und beeinträchtigte Sicherheitsgefühl der Österreiche­rinnen und Österreicher sind nicht neue Überwachungsgesetze, sondern eine tat­sächlich kontinuierliche Arbeit im Verhältnis zwischen Exekutive und Gesellschaft.

Ich hoffe ebenso wie Kollege Jarolim, dass die FPÖ in diesem Punkt stark bleibt. Sie hat dort den richtigen Riecher gehabt, wenn sie sagt, da sind unzulässige Ein­schrän­kungen der Freiheitsrechte von österreichischen Bürgerinnen und Bürgern zu beobach­ten. Wir werden im Zuge der Koalitions- und Regierungsbildung sehen, ob sie das auch durchhält. Ich hoffe es! (Beifall bei der Liste Pilz.)

11.20

Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Letzter zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­minister Sobotka. – Bitte.