19.47

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Seit 1990, also seit 27 Jahren, werden die Frauen in Ös­terreich von Frauenministerinnen vertreten. Eine Ausnahme: In den Jahren 2000 bis 2003 gab es eine Ministerin und einen Minister, Sickl und Haupt. In den letzten 27 Jah­ren war es aber immer so, dass es bewusst so gewählt war, egal ob wir in der Koalition in guter Konstellation oder manches Mal auch in nicht so guter Konstellation gearbeitet haben. Wir, Sozialdemokratie und Volkspartei, haben aber gemeinsam die Koalition gestellt, und es war bewusst so, dass die Frauenagenden von den Familienagenden ge­trennt waren.

Warum? Welchen Sinn hat das? – Die Frauen in Österreich sind tatsächlich Leistungs­trägerinnen, sie sind aber in vielen Bereichen benachteiligt. Wenn wir auf der einen Seite die Lohnunterschiede hernehmen, auf der anderen Seite die aktive Väterbeteili­gung, was nicht bezahlte Arbeit anlangt: Da sind andere Länder viel weiter vorne als wir in Österreich. Daher war es so, dass man diese Unterschiede, diese Nicht-Gleich­behandlung, diese Nicht-Gleichstellung in Österreich bewusst in einem eigenen Frau­enministerium – ob es jetzt im Kanzleramt gewesen ist oder an ein anderes Ressort angegliedert wurde –, als Alleinstellungsmerkmal diskutiert und in diesen 27 Jahren doch auch einiges weitergebracht hat.

Ich wollte und würde sehr gerne sagen, dass viel weitergebracht wurde, muss aber deswegen „einiges“ sagen, weil gebremst wurde. Das lag nicht an der Sozialdemokra­tie, sondern am konservativen Frauen- und Familienbild der Österreichischen Volks­partei, die in diesen 27 Jahren nicht immer mit uns die Schritte gegangen ist, die es gebraucht hätte. Somit ist heute das, was im Regierungsprogramm verankert ist – „gleicher Lohn für gleichwertige“ und gleiche „Arbeit“; das Wort „gleiche“ fehlt –, immer noch nicht erreicht. (Zwischenruf der Abg. Winzig.)

Genau dazu bräuchte es ein Lohntransparenzgesetz wir haben vor der Regierungs­bildung versucht, das noch hier im Nationalrat einzubringen , denn wir wissen immer noch nicht, was die Männer am Nebenschreibtisch unter Umständen verdienen. In Ös­terreich ist es immer noch ein riesengroßes Geheimnis, was die Männer und die Frau­en in demselben Unternehmen verdienen, weil sie ungleich eingestuft sind und weil es beim Einstellungsgespräch passieren kann, dass unterschiedliche Einstiegsgehälter be­zahlt werden, aber nicht, weil wir so schlecht verhandeln, sondern weil die Personalis­ten oder Personalistinnen uns ungleich behandeln. –

Das ist der eine Bereich, denn Arbeit ist eine der Zielsetzungen, die festgeschrieben sind.

Betreffend Vereinbarkeit habe ich schon erwähnt, dass mir die aktive Rolle von Vätern fehlt. Wir haben gerade einmal einen Papamonat, der mit 700 Euro abgegolten wird, wir haben aber keinen Rechtsanspruch auf diesen. Ich glaube, dass viele Väter sehr, sehr gerne Zeit mit ihren Kindern verbringen würden, aber sich unter Umständen wirk­lich fürchten müssen, dass ihr Chef oder ihre Chefin ihnen sagt: Dann brauchst du gar nicht mehr zu kommen, du bekommst vielleicht nicht mehr den gleichen Arbeitsplatz. Also zum Thema Arbeit, zum Thema Vereinbarkeit gibt es nur halbherzige Ansagen.

Zum Thema Sicherheit, soziale Sicherheit von Frauen, ganz wichtig, ist gerade ein An­trag eingebracht worden, den wir unterstützen können, denn auch wir haben immer schon gesagt, das gesamte Unterhaltssicherungsrecht gehört reformiert. (Abg. Schi­manek: Aber ihr habt nichts gemacht!) Eine Unterhaltsgarantie, falls Väter nicht willig oder fähig sind, zu zahlen, das wäre einmal ein Schritt, dass Frauen, die dreimal so häufig wie Männer von Armut betroffen und bedroht sind, abgesichert werden, und vor allem müssen die Kinder abgesichert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! 1,5 Millionen Menschen in Österreich leben in Armut oder sind armutsgefährdet. (Abg. Neubauer: Trotz Sozialminister!) Darunter sind ganz viele Frauen mit ihren Kindern. (Abg. Schimanek: Elf Jahre habt ihr nichts gemacht!) Sie können es sich nicht leisten, ihre Kinder so zu unterstützen, ihnen einen Lebensstandard zu bieten, dass sie genauso wie alle anderen Kinder alles, was die Schule anbietet, machen können und so weiter. (Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Ich bin schon ganz neugierig, sehr geehrter Herr Kollege, ich bin schon sehr neugierig, ob der Aktionsplan Frauengesundheit fortgeführt wird. (Abg. Schimanek: Elf Jahre habt ihr nichts gemacht!) Es wäre wünschenswert, Frau Gesundheitsministerin, dass das pas­siert. (Abg. Neubauer: Habt ja nichts umgesetzt, in elf Jahren!)

Zum Thema Gewaltschutz, sehr geehrte Damen und Herren, und zum Thema repro­duktive Gesundheit sei Ihnen eines gesagt: Unser Körper gehört immer noch uns. Wenn Sie den Schwangerschaftsabbruch in irgendeiner Form infrage stellen, durch die Hintertür wieder verbieten wollen, wird das nicht gehen. (Abg. Schimanek: Das macht ja niemand!) Das wird nämlich nicht nur an uns liegen, das werden die Frauen in Ös­terreich nicht wollen, und die Frauen in Österreich werden sich zu wehren wissen. (Bei­fall bei der SPÖ.  Abg. Schimanek: Das macht ja niemand!)

19.52

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Karl Ne­hammer. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Zanger. Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)