22.29

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin überzeugt davon, dass viele von uns hier im Parlament an einem gemeinsamen Ziel arbeiten möchten, nämlich daran, dass Men­schen ihr Leben so gestalten können, wie sie selbst es für richtig halten – eigenver­antwortlich und selbstbestimmt. Davon war heute auch schon oft die Rede.

Die Politik – davon bin ich auch überzeugt – muss dafür den Rahmen schaffen, inner­halb dessen man sich dann bewegen kann, Vielfalt gelebt werden kann und es Chan­cen für alle gibt, die dann auch nach ihren Möglichkeiten gelebt werden können.

Gerade im Bereich Familie und Menschen mit Behinderungen, den ich jetzt beleuchten möchte, war es uns daher in der Vergangenheit immer wichtig, Familie so zu sehen, wie sie tatsächlich ist, nämlich in allen Ausprägungen. Es gibt Eltern und Kinder, es gibt Mann und Frau in einer Familie, es gibt Patchworkfamilien, es gibt Regenbogenfa­milien und es gibt Einelternfamilien. Und alle haben das Recht, so zu leben, wie sie wollen, eigenverantwortlich und selbstbestimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Bereich von Menschen mit Behinderungen war es uns in der Vergangenheit immer wichtig, Inklusion in allen Lebensbereichen lebbar zu machen, begonnen im Kindergar­ten über die Schule bis hin zum Arbeitsmarkt. Ich bin davon überzeugt, dass Bildung und Arbeit den Grundstein für ein selbstbestimmtes Leben bilden.

Es war uns auch immer wichtig, die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen schrittweise umzusetzen, und dafür gibt es auch den Nationalen Ak­tionsplan für Menschen mit Behinderungen.

Wir haben in der Vergangenheit eine Reihe von gemeinsamen Beschlüssen gefasst, auch mit der ÖVP. Ich erinnere an die Kindergartenoffensive, ich erinnere an die bes­sere Ganztagsbetreuung, auch an das Kindergeldkonto, das tatsächlich Wahlmöglich­keiten geschaffen und auch für mehr Väterbeteiligung gesorgt hat.

Wir haben im Bereich Menschen mit Behinderungen die Modellregionen für die schritt­weise Abschaffung der Sonderschulen umgesetzt – ein sehr, sehr wichtiger Schritt, da­mit alle Kinder gleichberechtigte Bildung erfahren können. Und wir haben das große In­klusionspaket beschlossen, das für Menschen mit Behinderungen mehr Mittel für Ar­beitsmarktpolitik freigesetzt hat und auch die Rechte für den Behindertenanwalt oder den Monitoringausschuss wesentlich angehoben hat.

All das waren Schritte, die uns, wie ich finde, vorwärtsgebracht haben, nämlich in eine offene, in eine moderne Gesellschaft, in eine chancengerechte Gesellschaft. Umso be­dauerlicher und schmerzhafter empfinde ich daher das, was ich sehe, wenn ich mir ei­nige Kapitel in den Bereichen Familienpolitik und Behindertenpolitik im Regierungspro­gramm anschaue.

Was meine ich damit? Die Familienpolitik – und das tut wirklich weh – wird eigentlich auf Vater, Mutter, Kind – noch besser: Kinder – reduziert, und durch den Familienbo­nus, der heute schon oft angesprochen wurde, geht man auch vom Grundsatz ab, dass jedes Kind gleich viel wert ist. Es ist nun einmal so, dass nicht alle davon gleichbe­rechtigt profitieren werden.

Auch der Zwölfstundentag – davon bin ich überzeugt – wird nicht zu einem besseren Familienleben beitragen. Ich hoffe da sehr auf die Frau Ministerin, darauf, dass wir noch einige Gespräche darüber führen können.

Im Bereich Kinder mit Behinderungen und deren Eltern bedeutet das Bekenntnis zur Sonderschule, das im Regierungsprogramm zu lesen ist, einen wirklich herben Rück­schlag, dies nämlich dahin gehend, dass die Inklusion nicht mehr von Anfang an gelebt werden kann und erst dann wieder mit mühsamen Programmen im Erwachsenenleben Einfluss finden kann. Das ist wirklich schade, das ist eine vertane Chance! Auch Frau Bundesministerin außer Dienst Hammerschmid hat es angesprochen, das ist wirklich ein herber Rückschlag. Ich hoffe da auch auf Bundesminister Faßmann und darauf, dass da noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Eine inklusive Schule ist wirklich der Boden für eine chancengerechte Zukunft für alle Kinder in unserem Land.

Geschätzte Damen und Herren, genauso geht es mir mit dem Kapitel Erhöhung des Taschengeldes in Behinderteneinrichtungen. Auch da kämpfen wir seit Jahren für eine sozialrechtliche Absicherung. Jetzt ist das im Regierungsprogramm festgeschrieben, und auch diesbezüglich hoffe ich noch auf das Einsehen der nunmehrigen Regierungs­parteien, dass wir tatsächlich in Richtung sozialrechtliche Absicherungen gehen.

Ich hoffe auf einen Umkehrschwung in diesen Bereichen, damit wir gemeinsam für eine selbstbestimmte und eigenverantwortliche Zukunft für die Menschen in unserem Land arbeiten können. (Beifall bei der SPÖ.)

22.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Maria Großbauer. Ich darf der Frau Nationalrätin das Wort erteilen.