10.20

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Herr Minister auf der Regierungsbank! Viel Programmatisches haben wir jetzt nicht ge­hört, weder von der Ministerin noch von Frau Svazek. Auch die Ausführungen des Herrn Parteiobmannes Kern waren eher polemisch, denn als Unternehmer, muss ich sagen, fühle ich mich irgendwie verletzt, wenn Sie sagen, das ist der kalte Unterneh­mergeist, der diese Menschen über 50 sozusagen an die Luft setzt. (Abg. Höbart: Der Herr Kern war ja nie Unternehmer!) – So sind wir nicht! Und auch wenn Frau Königs­berger-Ludwig sagt, der Markt hat versagt, antworte ich: Nein, die Politik hat versagt, nicht der Markt hat versagt! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Politik hat in dieser Hinsicht versagt, weil Sie es in Ihrer Vergangenheit leider nicht geschafft haben, die Lohnkurve im hinteren Bereich zu senken. Eigentlich ist das Kern­problem in Österreich, dass die Mitarbeiter zu viel kosten und zu wenig verdienen.

Mir tun diese Koppensteiners und Bertholds auch wirklich leid. Bei den ÖBB wurden sie in die Frühpension geschickt, und jetzt stehen andere da und haben keinen Job mehr. Das kann schon sein! Das ist auch so, weil eben die Mitarbeiter zu viel kosten und zu wenig verdienen. Daran ist aber auch die Politik schuld und nicht der Unterneh­mer. Die Arbeitsplätze in diesem Land werden nämlich von den Unternehmern ge­schaffen und nicht von der Politik; die Politik kann nur dafür sorgen, dass die Rah­menbedingungen dementsprechend passen. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Wir NEOS wollen ja auch immer etwas Konstruktives zur Problemlösung beitragen, und für uns ist völlig klar, dass wir dem Fachkräftemangel etwas entgegensetzen müs­sen, denn die Unternehmer vor allem im Westen stöhnen darunter, dass sie keine Fachkräfte mehr kriegen. Jetzt haben wir in meinem Bezirk Pongau über 325 offene Lehrstellen und nur 23 Personen, die eine Lehrstelle suchen. Damit haben wir in spä­testens vier Jahren ein Kernproblem (Abg. Rosenkranz: Das hat die SPÖ auch, ein Kern-Problem!), nämlich dass über 300 Fachkräfte zu wenig sind. Warum ist das so? Wohin geht die Reise?

Es gibt auch die Kernschwierigkeit, dass wir im Westen nicht nur im Tourismus, son­dern überall, auch bei Tischlern, immer wieder das gleiche Problem haben: Die können Aufträge nicht annehmen, weil sie keine Fachkräfte mehr haben. Gleichzeitig haben dann im Frühjahr die Bauern im Westen, oder sagen wir einmal speziell die Spargel­bauern, gleichfalls das Problem, dass sie – auch die Erntehelfer sind Fachkräfte – kei­ne Fachkräfte mehr bekommen.

Ich bin also schon der Meinung, dass wir das regionalisieren müssen, aber kurzfristig schlagen wir drei Punkte vor, und es ist schon auch so, dass wir Inaktivitätsfallen be­seitigen müssen. Wir müssen Ganzjahresarbeitsplätze forcieren, auch den Ganzjah­restourismus. Wir müssen eine Adaptierung der Zumutbarkeitsbestimmungen forcie­ren. Wir müssen Mobilitäts-, Umsiedelungsprämien für Mitarbeiter in Angriff nehmen, wir brauchen aber auch einen ganz anderen Zugang bei der Rot-Weiß-Rot-Karte. Das wissen Sie! Wie will man Fachkräfte holen, wenn der Prozess für eine Rot-Weiß-Rot-Karte, bis es zur Bewilligung kommt, ein halbes Jahr dauert, dieser Bewerber für diese Rot-Weiß-Rot-Karte aber gleichzeitig einen festen Wohnsitz in Österreich vorzeigen muss? Wie soll das gehen? Sagen Sie mir einmal, wie das in der Praxis funktionieren soll! Der muss einen festen Wohnsitz anmelden, muss sich hier eine Wohnung suchen, kriegt vielleicht keine, weil er keine Arbeit hat, und gleichzeitig dauert der Prozess bis zur Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte über ein halbes Jahr. Das funktioniert nicht! Es war auch Absicht, dass das nie funktioniert hat, und das können Sie nicht wegleug­nen – Ihr Minister Stöger hat das auch selbst zugegeben.

Wir müssen die Lohnnebenkosten dramatisch senken! Das ist alles kurzfristig mach­bar. Die Mitarbeiter kosten zu viel und verdienen zu wenig. Das ist das Kernproblem – das müssen wir uns alle auf die Stirn picken!

Wir brauchen eine Arbeitszeitflexibilisierung. Ja, da passiert etwas in die richtige Rich­tung, dafür bin auch ich, aber mittel- und langfristig müssen wir etwas dagegen tun, dass heute 14-Jährige entscheiden müssen, ob sie, wenn sie die Möglichkeit haben, die Matura machen oder ob sie in eine Polytechnische Schule müssen, die eine Art von Dead Man Walking darstellt. Welcher Jugendliche, welcher 14-Jähriger geht freiwillig in die Polytechnische Schule? Wir brauchen eine Schulausbildung bis zum 17. Lebens­jahr, damit sich die Jugendlichen dann entscheiden können, welchen Weg sie gehen. (Abg. Heinisch-Hosek: Da sagt aber Ihr ...!) Das ist ganz wichtig! Es ist heute keinem 14-Jährigen zumutbar, dass er sich entscheidet. Es gibt ein viel breiteres Angebot, uni­versitäre Lehrgänge sind möglich, et cetera.

In dieser Hinsicht müssen wir umdenken. Nur so schaffen wir die Bekämpfung des Fachkräftemangels. Nur so schaffen wir Fachkräfte im eigenen Land und müssen sie nicht von außen zuziehen lassen.

Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie darüber nachdenken, dass wir bis zum 17. Le­bensjahr für die Jugendlichen etwas anbieten, auch wie Sie lebenslanges Lernen for­cieren können. – Man lebt ja auch um 20 Jahre länger, das heißt, man kann auch später in den Arbeitsprozess einsteigen. In Deutschland ist die Drop-out-Rate bei Lehr­lingen im Tourismus deswegen so niedrig, weil sie bis zum 17. oder 18. Lebensjahr die mittlere Reife und dann erst eine Lehre mit Matura machen. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Darüber müssen Sie nachdenken, dann haben Sie den Fachkräftemangel im Griff – sonst überhaupt nicht mehr. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schnöll.)

10.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bruno Ross­mann. – Bitte.