13.24

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wissenschaftsminister! Ich bin sehr froh, dass Sie die Dringlichkeit im Unisektor erkannt haben, gerade in Fragen des Budgets. Herr Taschner hat gesagt, dass jetzt neuerdings nicht das Einfache, sondern das Gute gemacht wird; da finde ich es natürlich problematisch, wenn ein Beschluss vom letzten Jahr, der zusätzliche 1,35 Milliarden Euro für die Unis gebracht hat, jetzt irgendwie als ein türkis-blauer Erfolg verbucht wird. Positiv ist, dass das Geld nicht mit der Gießkanne verteilt wird, sondern es einen klaren Plan dafür gibt, wie es auch bei der Lehre und bei den Forschenden ankommt.

Die Frage ist eher: Wie sind wir überhaupt an diesem Punkt angekommen? Die Bud­getsituation der Universitäten ist höchst dramatisch, und auch wenn 400 Millionen Euro im Jahr sehr viel Geld sind, ist es halt leider immer noch nicht genug Geld, um das Problem der Unis wirklich zu lösen.

Das liegt daran, dass wir jetzt im Endeffekt mit den Versäumnissen der letzten Jahr­zehnte zu kämpfen haben. Die Grundproblematik im Universitätssystem, wie das Geld verteilt wird und wie der Zugang zu den Universitäten geregelt wird, wird eben immer noch nicht gelöst. Jegliches zusätzliche Geld, das in den letzten Jahren an die Unis ge­gangen ist, ist quasi sofort verpufft, weil wir einfach einen rasanten Anstieg bei den Studierendenzahlen haben. Es ist an sich wunderbar, dass so viele Leute studieren wollen, aber wir schaffen es nicht, aus diesen StudienanfängerInnen AbsolventInnen zu machen. Das liegt auch an den fehlenden Mitteln. Es ist ein Teufelskreis.

In Österreich haben wir 300 000 Studierende und 3,8 Milliarden Euro, das sind 12 000 Eu­ro pro Kopf. In der Schweiz gibt es für 150 000 Studierende fast das Doppelte, das sind 50 000 Euro pro Kopf. Dort ist die Drop-out-Rate auch viel geringer. Man merkt halt auch, dass es, wenn die Ressourcen sehr knapp sind, wenn die Bedingungen sehr schlecht sind, umso schwieriger für junge Menschen wird, ein Studium auch abzu­schließen, aus dieser Ausbildung auch etwas machen zu können. In der Schweiz gibt es geringe Drop-out-Quoten, weil eben die Systematik eine andere ist.

Wenn man keinen finanziellen familiären Rückhalt hat, ist es bei diesen schweren Be­dingungen noch einmal schwieriger, ein Studium zu meistern. Man stiehlt jungen Men­schen im Endeffekt Zeit, weil sie relativ lange studieren, womöglich aber trotzdem zu keinem Abschluss kommen.

Was braucht es wirklich? – Es braucht eine kapazitätsorientierte Studienplatzfinanzie­rung, und zwar eine echte. Ich finde, dieser Vorschlag, der ja mehr oder weniger schon letztes Jahr auf dem Tisch gelegen ist, ist ein guter Start in diese Debatte. Es ist aber noch nicht die Studienplatzfinanzierung, wie sie sein sollte, unter anderem weil wir auch wissen, dass eine echte Studienplatzfinanzierung massiv mehr Geld kosten wird. Es muss auch die Uniautonomie gestärkt werden. Die Regelung, die jetzt für das Zu­gangsmanagement vorgeschlagen wird, ist unserer Meinung nach nicht ausreichend und entspricht auch nicht einer echten Uniautonomie.

Was es auch braucht, ist ein Ausbau des Stipendiensystems, und das hat in der De­batte in den letzten zwei Tagen schmerzlich gefehlt. Der Zugang zu den Unis ist in Ös­terreich sozial selektiv. Das liegt aber nicht an Zugangsbeschränkungen und wird da­durch auch nicht verschlechtert werden, sondern an der sozialen Lage der Studieren­den. Das kann man nur verbessern, indem man massiv in das Stipendiensystem in­vestiert, indem man sowohl Sozialstipendien als auch Leistungsstipendien aufstockt, damit junge Menschen auch wirklich die beste Ausbildung erhalten und diese aufgrund ihrer Eignung und Ambitionen auch zu Ende bringen können und nicht abbrechen müs­sen, weil ihre Eltern sie nicht unterstützen können. Das ist ein dramatisches Problem, aber es hat nichts mit Zugangsbeschränkungen zu tun. Es ist eine Frage des Stipen­diensystems.

Zum Schluss: Es hätte mich gefreut, wenn man auch über das topaktuelle Thema der Uniräte ein Wort hätte sagen können. Es freut mich sehr, dass zu vernehmen ist, dass sich das Ministerium bemüht, dass die zu besetzenden Plätze an Personen vergeben werden, die den Ruf der Universität in keinerlei Art und Weise in Gefahr bringen. Wir haben aber immer noch nicht darüber geredet, was ein Unirat eigentlich können muss.

Ich finde, das ist eine Diskussion, der wir uns stellen sollten, deshalb möchte ich fol­genden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zertifizierungen für Mitglieder des Universitätsrats“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, ein Programm zur verpflichtenden Weiterbildung und Zertifizierung der Mitglieder der Universitätsräte zu entwickeln, um auch auf dieser Ebene ein Höchstmaß an Qualität im Sinne der weiteren Verbesserung des Hochschul­standorts zu garantieren“.

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

13.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Gamon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zertifizierun­gen für Mitglieder des Universitätsrats

eingebracht im Zuge der Debatte über Erklärungen gemäß § 19 Abs. 2 der Ge-schäftsordnung des Nationalrates (TOP 1)

Die Universitätsräte, wie in §21 des Universitätsgesetzes 2002 festgelegt, erfüllen als Aufsichtsorgane an den autonomen Universitäten wichtige Aufgaben wie die Wahl der Rektor_innen und Vizerektor_innen, Abschluss der Zielvereinbarungen mit denselben sowie Prüfung des Rechnungsabschlusses der Universität.

Absatz 3 gibt für die Zusammensetzung vor: "Der Universitätsrat besteht aus fünf, sieben oder neun Mitgliedern, die in verantwortungsvollen Positionen in der Gesell-schaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft, tätig sind oder waren und auf Grund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen einen Beitrag zur Er­reichung der Ziele und Aufgaben der Universität leisten können. Über eine Änderung der Größe des Universitätsrats entscheidet der Senat mit Zweidrittelmehrheit."

Ein 2016 veröffentlichter Rechnungshofbericht der exemplarisch die Universitätsräte zweier Hochschulen prüfte, brachte das Thema der Universitätsräte, ihrer Bestellung und Bezahlung wieder auf die politische Agenda und in die Medien. Kritisiert wurden die sehr unterschiedlichen Gehaltsfestsetzungen ebenso wie hohe Reisekosten.

Weniger augenfällige Kritik, aber für die Universität und die dortigen Abläufe wesent­licher war die Kritik an der Arbeit der Universitätsräte selbst. So wurden etwa Budget­voranschläge nicht rechtzeitig beschlossen, Protokolle und Dokumentation waren man­gelhaft. In einem Fall lag kein vom Universitätsrat genehmigter Entwicklungsplan vor, obwohl dieser essentiell für die Leistungsvereinbarungsverhandlungen mit dem Minis­terium ist.

Aus dieser sachlichen und konstruktiven Kritik des Rechnungshofs kann man den Auftrag herauslesen, hier umgehend Verbesserungen anzudenken, um den reibungs­losen Ablauf von Verwaltungsprozessen an österreichischen Universitäten zu garan­tieren. Im Sinne der Weiterentwicklung von Kompetenzen wäre für die Mitglieder des Universitätsrates Ähnliches anzudenken wie für Aufsichtsratsmitglieder in der Wirt­schaft bereits üblich: Weiterbildung und Zertifizierung. Von diesen Ausbildungen profi­tieren beide Seiten, die Erfahrungen aus der Wirtschaft zeigen, dass diese Maßnah­men sehr stark dazu beitragen, Aufsichtsräte noch professioneller aufzustellen und die immer komplexer werdenden Anforderungen und hohe Verantwortungslast gut zu be­wältigen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, ein Programm zur verpflichtenden Weiterbildung und Zertifizierung der Mitglieder der Universitätsräte zu entwickeln, um auch auf dieser Ebene ein Höchstmaß an Qualität im Sinne der weiteren Verbesserung des Hochschul­standorts zu garantieren."

*****

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Danke, Frau Abgeordnete.

Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und wird am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt zur Abstimmung gelangen.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kuss-Bergner. – Bitte.