16.45.00

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport, Vizekanzler Heinz-Christian Strache|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst: Ich bitte meine Stimme zu entschuldigen, da ich verkühlt bin. (Rufe bei der SPÖ: Das ist vom Rauchen! Zu viel geraucht!) Trotz Verkühlung habe ich es mir aber nicht nehmen lassen, heute hier im Hohen Haus zu sein und der Debatte zu folgen, weil es auch um eine Wertschätzung des Hohen Hauses geht, dass man, auch wenn man krank ist, seiner Aufgabe nach­kommt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP, bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Stöger.)

Ja, es ist heute sehr, sehr viel Richtiges und auch Vernünftiges gesagt worden. (Abg. Strolz: Danke!) Selbstverständlich sind Gesundheit und Prävention – ich glaube, das wird niemand irgendeinem anderen Abgeordneten in diesem Hohen Haus absprechen wollen – Werte, die uns allen wichtig sind. Wenn es um Gesundheit und Prävention geht, haben wir eine Verantwortung in unserer Gesellschaft, und da hat die Kollegin gerade zuvor etwas sehr Richtiges gesagt: Wir müssen im Bereich der Prävention bei den Kindern beginnen, auf die Gefahren, die es in den unterschiedlichsten Bereichen unserer Gesellschaft gibt, rechtzeitig aufmerksam machen. Da gibt es unterschiedliche Gefahren, unter anderem ist Rauchen schädlich; das ist völlig außer Streit gestellt. Das heißt, wir haben die Verantwortung, in den Schulen unsere Kinder auch dahin gehend aufzuklären: Fangt bitte nicht zu rauchen an! – Das ist das eine.

Zum Zweiten wissen wir, dass, wenn man gerade im Jugendschutzbereich die Gesetze optimieren will, vieles landesgesetzlich zu regeln ist, wenn es etwa darum geht, dass man hoffentlich dafür Sorge tragen wird, dass junge Menschen bis zum 18. Lebensjahr nicht in Raucherlokale gehen dürfen, keine Zigaretten kaufen dürfen et cetera. Vieles ist auch über den Verordnungsweg zu regeln. Das zu realisieren ist notwendig und wichtig, weil man aufgrund der Studien weiß, dass junge Menschen, die bis zum 18. Lebensjahr nicht zu rauchen begonnen haben, in der Regel auch nicht mehr zu rauchen beginnen werden. Daher ist das der richtige Ansatz.

Ja, Rauchen ist schädlich, und wir haben die Verantwortung, Passivrauchen zu verhin­dern. Wir haben dafür Sorge zu tragen, dass Nichtraucher, die nicht belästigt werden wollen, auch nicht belästigt werden. – So weit, so richtig.

Diese Debatte wurde ja sehr emotional geführt. Ich habe schon ein bisschen Angst ge­habt bei Ihnen, Herr Kollege Strolz, weil Sie sich so aufgeregt haben, dass ich fast den Eindruck hatte, Sie gefährden Ihre Gesundheit und stehen knapp vor dem Herzinfarkt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das sei Ihnen aber unbenom­men, das ist Ihre Eigenverantwortung. Das ist Ihre persönliche Freiheit. Das ist Ihre ei­gene Entscheidungsfreiheit, die Sie zum Glück haben. Und das wird in diesem Bereich völlig außer Acht gelassen, denn es geht hier um persönliche Freiheit und Eigenverant­wortung eines jeden Menschen – so wie jeder Mensch die freie Wahl hat, sich unge­sund zu ernähren, wenn er das will. Da haben wir ihm nicht vorzugeben, nicht zu sa­gen, der Schweinsbraten ist ungesund für dich, den verbieten wir. Selbstverständlich nicht! (Abg. Keck: Damit gefährdet man aber nicht jemand anderen!) Diese persön­liche Eigenverantwortung hat jeder, auch der Extremsportler, der seine persönliche Ge­sundheit gefährdet. Auch derjenige, der Medikamentenmissbrauch lebt, hat diese Ei­genverantwortung. (Abg. Strolz: Das ist ja nicht dasselbe wie Passivrauchen! Hallo!) Und der Raucher, der die freie Entscheidung trifft, zu einer Zigarette greifen zu wollen, hat auch diese persönliche Entscheidungsfreiheit.

Genau darum geht es! Es geht um die Themen Eigenverantwortung, Selbstbestim­mung, Bürgerfreiheit und auch Eigentumsrechte der Wirte. Diese Bereiche, diese Wer­te haben Sie heute völlig links liegen gelassen. Genau darum geht es: Wo bleibt die Freiheit des Einzelnen, wenn man permanent versucht, staatlicherseits alles mit Zwangsverordnungen festzulegen, alles mit Geboten und Verboten zu regeln? Das ist nicht die freie Gesellschaft, die ich mir wünsche, Herr Strolz! Das ist genau der ent­scheidende Punkt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Frau Abgeordnete Rendi-Wagner, Sie haben heute zu Recht gesagt, Sie haben Ge­setze verändert. – Ja, es hat vor Jahren die Situation gegeben, dass die Gastronomen, und zwar jeder Einzelne, Zigtausende Euro in den Betrieb investiert haben (Abg. Gu­denus: Millionen!), damit der gute Kompromiss, der gefunden wurde, gelebt werden kann, nämlich einerseits einen gesetzlichen Nichtraucherschutz für die Nichtraucher zu gewährleisten und andererseits abgeschlossene Raucherbereiche für die Raucher anbieten zu können, wo keiner gezwungen ist, vom Nichtraucherbereich in den Rau­cherbereich zu gehen. Das war ein guter Kompromiss.

Damals haben die Gastronomen investiert, und dann gibt man ihnen keine Rechtssi­cherheit und kommt im Jahr 2015 her und sagt, jetzt wollen wir das totale Rauchver­bot – das heißt, auch für jene, die freiwillig und aus einer Freude heraus nach der Ar­beit – für viele die letzte Freude – ins Kaffeehaus, ins Beisl gehen wollen, um einmal ein Zigaretterl bei einem Kaffee oder bei einem Bier rauchen zu können. (Heiterkeit bei SPÖ und NEOS.) Nein, denen vergönnt man nicht einmal nach der Arbeit mehr diese Freiheit. Das ist genau der entscheidende Punkt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Nichtraucherschutz und Wahlfreiheit sind überhaupt kein Widerspruch. Genau um die­sen Kompromiss geht es, dass beide Seiten selbstverständlich ihre Wahlfreiheit haben und keiner den anderen belästigt, keiner den anderen gesundheitlich gefährdet. Im Gegenteil! Genau das erwarten die Bürger von uns, abseits von emotionalen und pole­mischen Debattenbeiträgen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

So gesehen sind natürlich die unterschiedlichen Meinungen ernst zu nehmen. Jede Meinung ist wichtig, jede einzelne Meinung ist wichtig. Ich habe auch meine Meinung, ich habe auch meine Position. Alle Meinungen und Positionen, die wir diskutieren, sind in der Demokratie selbstverständlich nicht nur erlaubt, sondern auch legitim, und die soll man auch sachlich durchdiskutieren.

Ich trete dafür ein, dass die Bürger diese persönliche Freiheit haben, um eben auch in Zukunft die freie Wahl treffen zu können, angefangen beim Gastronomen, der bei seinem Eigentum, in das er investiert hat, sagen können soll: Ich will, dass in meinem Lokal gar nicht geraucht wird, das soll ein Nichtraucherlokal sein. – Dann ist das gut, es ist die Entscheidung des Wirts und Gastronomen. (Abg. Königsberger-Ludwig: Ar­beitnehmerInnenschutz!) Oder der Gastronom sagt: Neben den gesetzlich vorgegebe­nen Nichtraucherschutzbereichen möchte ich meinen Kunden einen Raucherbereich anbieten, sodass der Gast die freie Wahl, die freie Entscheidung hat, wo er sitzen will. (Abg. Königsberger-Ludwig: ArbeitnehmerInnenschutz, Herr Vizekanzler! Es gibt kein Passivschweinsbratenessen!)

Was ist denn heute die Realität? – Die Realität ist, dass in den Hotels zum Beispiel 99 Prozent Nichtraucherflächen vorhanden sind. Das Hotel hat aber die Möglichkeit, eine kleine Raucherlounge anzubieten. Sie wollen das verbieten! Sie wollen das ver­bieten, Sie sagen: Geht hinaus auf die Straße rauchen! Da braucht ihr zwar keine Angst zu haben, dass ihr - - (Abg. Königsberger-Ludwig: Wir wollen schützen, nicht verbieten! – Abg. Schieder: Die Wahrheit ist, Sie pfeifen auf Arbeitnehmer! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Rauchen ist ungesund, irgendwann einmal besteht die Gefahr, dass man erkrankt und vielleicht sogar Lungenkrebs bekommt, keine Fra­ge, aber bei den Temperaturen draußen stirbst du vorher an Lungenentzündung! (Bei­fall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Königsberger-Ludwig: Zynis­mus! Zynismus! – Abg. Rendi-Wagner: Das ist zynisch!)

Da muss man schon einmal weiterdenken. Ein totales Rauchverbot in der Gastronomie bedeutet - - (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Der Herr Vizekanzler ist bitte am Wort! Sie kön­nen sich dann gerne melden.

 

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport, Vizekanzler Heinz-Christian Strache| (fortsetzend): Ein totales Rauchverbot würde bedeuten: Die Raucher stehen vor den Lokalen, sie erzeugen Lärm, Anrainer werden belästigt. (Abg. Königsberger-Ludwig: Passivlärm, oder was?) Es kommen dann von den Behörden, wie es in Wien in den letzten Jahren passiert ist, horrende Geldstrafen auf die Gastronomen zu. Das geht so weit, dass man manchen Gastronomen sogar die Sperrstunde von 4 Uhr in der Früh auf 12 Uhr Mitternacht vorverlegt hat und Lokale vor dem Zusperren gestanden sind! Was ist denn das für eine Lösung? Das ist doch keine Lösung! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Da muss man doch gemeinsam mit allen Betroffenen versuchen, jedem gerecht zu werden. Das muss doch die Verantwortung sein, die wir alle als politische Verantwor­tungsträger haben. Da muss jede Meinung und Position wertgeschätzt werden und nach Möglichkeit auf alles eingegangen werden. Genau das versuchen wir mit diesem Gesetz. (Abg. Königsberger-Ludwig: 500 000 Österreicher und Österreicherinnen!)

Im Übrigen, ein kleines historisches Detail: Die Raucherkultur ist ja eine uralte, über 1 000 Jahre alt, das weiß jeder. In Wien ist sie aber interessanterweise unter Metter­nich entstanden. Er hat sich damals aufgeregt, dass die Bevölkerung rauchend durch die Straßen Wiens gegangen ist und damit das öffentliche Bild eigentlich ein fürchter­liches war. (Abg. Schieder: Taugt Ihnen der Metternich, oder was? Ich habe geglaubt, der Kickl ist der Metternich!) Da hat er angeregt, es wäre doch gescheit, die Kaffee­hauskultur dahin gehend zu öffnen, dass leutselige Menschen dort die Möglichkeit ha­ben, bei einem guten Kaffee ein Zigaretterl oder eine Zigarre zu rauchen und mitein­ander ins Gespräch zu kommen.

Glauben Sie mir, das hat auch einen soziale Aspekt! Was glauben Sie, wie viele Men­schen es in Österreich gibt – da lachen Sie vielleicht –, die einsam sind, die keine Fa­milie haben, die keine Freunde haben und ins Beisl gehen, um dort mit anderen Men­schen bei einer Zigarette, bei einem Bier, bei einem guten weißen Spritzer Kommu­nikation zu leben, Anschluss zu finden! Fragen Sie die Wirte! Fragen Sie einmal die Gastronomen! (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzei­chen.)

Sie haben heute auch Deutschland angesprochen, aber nicht gesagt, dass 13 von 16 deutschen Bundesländern unser derzeit gültiges Gesetz haben und kein allgemei­nes Rauchverbot. 3 000 Gastronomen in Bayern haben nach Einführung des totalen Rauchverbots zugesperrt, und unzählige Angestellte wurden in die Arbeitslosigkeit ge­schickt. Auch das haben Sie nicht dazugesagt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Ich komme zum Schluss. Ja, wir nehmen direkte Demokratie ernst. Ich frage Sie: Wie ist die SPÖ all die Jahrzehnte seit Bestehen der Zweiten Republik mit direkter Demo­kratie umgegangen? Wie sind Sie mit Volksbegehren umgegangen, die über eine Mil­lion Menschen unterschrieben haben? (Abg. Lausch: Schubladisiert! Begräbnis erster Klasse!) Da haben Sie gesagt: Acht Millionen haben nicht unterschrieben! – Das war damals Ihre zynische Antwort. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Gudenus – in Richtung SPÖ –: Schande über Sie!)

Wir haben daher im Regierungsprogramm eines festgemacht: einen Verfassungsände­rungsantrag, der sicherstellen soll, dass in Zukunft die direkte Demokratie ein Recht des Volkes wird und weder von Ihnen noch von uns abhängig ist. Das Volk soll das Recht haben, das zu entscheiden und durchzusetzen. Das ist ein Meilenstein in der Demokratie und der direkten Demokratie. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage Ihnen zum Abschluss: Mit dem Volksbegehren habe ich überhaupt kein Pro­blem, ich freue mich darauf. Es zeigt, dass die direkte Demokratie gut angenommen wird. 400 000 Unterschriften sind weniger als die 500 000 von jenen, die vor Jahren diese Petition gegen das Rauchverbot unterschrieben haben. (Abg. Plessl: Das sind Unterstützungserklärungen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt wirklich letzter Satz: Ich habe kein Problem damit, nach dem Volksbegehren, das ja noch nicht einmal angelaufen ist, eine Abstimmung sicherzustellen und möglich zu machen. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gab­riel Obernosterer. – Bitte.