10.45

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (PILZ): Herr Präsident! Ich schätze natürlich die Bemühungen des Parlaments und des Ausschusses, die Initiativen und Petitionen zu behandeln, möchte aber heute, da wir das erste Mal über Ausschussergebnisse des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen verhandeln und diskutieren, die Gelegenheit wahrnehmen, um Kritik zu üben.

Ich glaube nicht, dass wir hier im Parlament mit den Bürgerinitiativen und mit den Petitionen so umgehen, wie sich das die Betreiber und Betreiberinnen dieser Petitionen erwarten und erwünschen. Wir nehmen die Ängste, die Beschwerden, die Nöte, die Anliegen nicht wirklich wahr, nicht wirklich ernst. So wie wir damit umgehen, ist es einfach unerträglich, das muss ich ehrlich sagen.

Ich hatte in den vergangenen Jahren immer wieder die Gelegenheit, an den Aus­schuss­sitzungen teilzunehmen und ich wundere mich wirklich, dass es überhaupt noch Initiativen gibt, dass engagierte Bürger und Bürgerinnen immer noch glauben, dass hier im Parlament ihre Anliegen tatsächlich so behandelt werden, wie es ihnen aus der Seele notwendig erscheint.

Ich glaube, dass wir, wenn wir schon über Demokratie und über Bürgernähe sprechen, einmal im Geschäftsordnungsausschuss – ich lade wirklich alle Fraktionen dazu ein – über die Geschäftsordnung nachdenken sollten, denn diese Behandlung ist herablas­send, arrogant und wenig zielführend.

Im Wesentlichen hat der Ausschuss drei Möglichkeiten, mit Bürgerinitiativen und Pe­titionen umzugehen: Erstens, er kann sie zur Kenntnis nehmen. – Das ist eine zynische Umschreibung von Entsorgung. Das ist die schmählichste Form des Umgangs dieses Ausschusses mit einer Petition, er nimmt sie zur Kenntnis und damit war’s das: Aus! Tschüss! Auf Wiedersehen!

Das beste Beispiel dafür haben wir soeben gehört, die Bürgerinitiative betreffend „Ehe Gleich! Aufhebung des Eheverbots für gleichgeschlechtliche Paare“ wird einfach entsorgt, indem sie zur Kenntnis genommen wird. Wir können auch den freien Hoch­schul­zugang als Beispiel nennen, es wird einfach ignoriert. 380 000 Studierende sind davon betroffen, aber wir finden es nicht der Mühe wert, eine Zuweisung an den Wis­sen­schaftsausschuss vorzunehmen.

Die zweite Möglichkeit, die der Ausschuss hat, ist eine Art Umschreibung von Vertrös­tung, nämlich die Bitte um Stellungnahmen von anderen Institutionen, Ministerien und so weiter. Das ist manchmal tatsächlich notwendig, gar keine Frage, aber sehr oft wird dieses Instrument missbräuchlich verwendet.

Voriges Jahr war es so im Zusammenhang mit dem Heumarktthema, Sie wissen, dieses Hochhaus in Wien, das den Status des Weltkulturerbes gefährdet. Es gab eine Petition, elf Bürgerinitiativen haben sich angeschlossen und waren der Meinung, das Parlament sollte dieses Thema behandeln. Was war der Erfolg? – Die damaligen Regierungsparteien waren einstimmig dafür, dass es mehrere Stellungnahmen braucht, wohl wissend, dass der Gemeinderat vor Beendigung dieser Stellungnah­mefrist bereits die Flächenwidmung behandeln und beschließen wird. Daher war die Stellungnahme völlig für die Fische, genauso wie wir es jetzt – Kollege Bernhard hat es erwähnt – im Zusammenhang mit der Don’t-smoke-Petition erleben mussten.

Die Argumentation, es sei Usus, es sei üblich, dass Stellungnahmen eingefordert wer­den, kann ich schon deshalb nicht nachvollziehen, weil es auch Usus und üblich ist, dass Begutachtungsfristen eingehalten werden, wenn eine Regierungsvorlage zustan­de kommt; also entweder so oder so.

Die dritte Kategorie, mit der eine Petition oder Bürgerinitiative behandelt werden kann – sozusagen die oberste Königsklassifizierung –, besteht darin, diese einem anderen Ausschuss zuzuweisen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, das ist eine Selbstverständlichkeit! Unter­ziehen sich engagierte Bürgerinnen und Bürger der Mühe, Unterschriften zu sammeln und dieses ganze Prozedere auf sich zu nehmen, weil sie ein Anliegen haben, dann muss das doch automatisch in den Ausschuss! (Beifall bei der Liste Pilz sowie des Abg. Bernhard.)

Ich bin ganz auf der Seite des Kollegen Bernhard, es müssen natürlich auch die Ein­bringer ein Rederecht haben, sowohl im Ausschuss als auch danach im Plenum, wenn das Thema behandelt wird. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit! In 45 Minu­ten – 45 Minuten hat der Ausschuss gedauert! – wurden 43 Petitionen behandelt.

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen im Geschäftsordnungsausschuss über diese Vorgangsweise wirklich nachdenken, wenn wir uns den Vorwurf nicht weiter umhängen lassen wollen, wir wären zu wenig einfühlend, zu wenig demokratisch, zu wenig bürgernahe. Gerade die Fraktionen, die immer besonders deutlich von direkter Demokratie sprechen, sollten sich einmal ein Beispiel nehmen und überlegen, ob sie im Zusammenhang mit der Diskussion zu diesem Thema anwesend sind beziehungs­weise zuhören. Es hat eh keiner zugehört, da nicht einmal das zur Kenntnis genom­men wird, was ich jetzt gesagt habe.

Ich schlage vor, dass wir im Geschäftsordnungsausschuss über dieses Thema sprechen und ich werde mich entsprechend dafür einsetzen. – Danke. (Beifall bei Liste Pilz und NEOS.)

10.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, darf ich darauf hinweisen: Das rote Licht ist außer Funktion. Es bleibt dem Redner nur übrig, sich das Display anzusehen. Wir haben keine Möglichkeit, die Störung zu beheben.

Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. – Bitte.