15.52

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Innenminister, Sie bezeichnen sich selber immer als Sicher­heits­minister, ich sage Ihnen aber, ich habe Sie in den letzten drei Wochen eigentlich nur als Verunsicherungsminister erlebt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich mir anschaue, welche verschiedenen Varianten ich gehört habe, was den Leiter beziehungsweise den suspendierten Leiter des BVT, Herrn Gridling, betrifft: Da hat es unmittelbar nach dem Vorfall geheißen, er ist auf Urlaub und kommt wieder zurück. Ein paar Tage später hat es geheißen, er ist auf Urlaub und kommt nicht mehr zurück, weil sein Vertrag nicht mehr verlängert wird. Dann hieß es plötzlich, sein Vertrag wurde schon verlängert, der Bundespräsident hat schon unterschrieben. Dann hieß es, das wurde nur deswegen nicht überreicht, weil man erst einen kleinen Staatsakt vorbereiten muss, der Sekt aber noch nicht eingekühlt ist und die Brötchen noch nicht geschmiert sind.

Dann kam etwas ganz Interessantes: Im Ö1-„Morgenjournal“ hat Professor Funk Sie beziehungsweise uns alle darüber aufgeklärt, dass Ihr Handeln nicht rechtmäßig ist, sondern Sie das Dekret überreichen müssen und dann suspendieren können. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Da soll übrigens noch einer sagen, dass der ORF seinem Bildungsauftrag nicht gerecht wird (Beifall bei der SPÖ), denn siehe da, ein paar Stunden später haben Sie diese Handlungsanleitung befolgt, haben ihm das Dekret überreicht und ihn dann suspendiert.

Heute erklären Sie uns großartig: Das ist doch sonnenklar, dass ich ihn suspendieren muss; ich muss ihn suspendieren! – Es stellt sich nur die Frage: Wieso nicht spä­testens am 28. Februar? Sie sagen, am 27. wollten Sie ihn nicht suspendieren, denn da hätte man irgendetwas von der Hausdurchsuchung verraten, aber wieso haben Sie ihn dann am 28. Februar nicht suspendiert? Wieso am 13. März?

Dazu sind Sie, wie Kollegin Krisper schon gesagt hat, jede Antwort schuldig geblieben. Weil Sie das 14 Tage lang haben prüfen müssen? Aber es ist so sonnenklar, erklä­ren Sie heute dem Haus! Nein, ich glaube, dass ganz andere Sachen dahinterstehen, und ich sage Ihnen: Ich fühle mich nicht sicherer, wenn ich daran denke, dass Sie Sicher­heitsminister sind; dieses Hakenschlagen verunsichert eher.

Noch krasser ist es bei der Frage des Politkommissars, den Sie bestellt haben – Sie nennen ihn zwar Generalsekretär, aber von seiner Funktion her ist er ein Politkom­missar –, beim Herrn Goldgruber. Es ist verlautbart worden: Das Innenministerium hat mit dem Ganzen nichts zu tun, es ist eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht worden. Dann hat sich herausgestellt: Er hat die Anzeige eingebracht. Dann hat es geheißen, die Anzeige, das war ja schon alles bekannt, es ging gar nicht um die Anzeige, sondern es ging um Zeugen, es haben sich Zeugen gemeldet.

Dann hat sich herausgestellt: Die Zeugen sind quasi an der Hand von Herrn Goldgruber in die Staatsanwaltschaft gebracht worden. (Abg. Belakowitsch: Wo hat sich das herausgestellt?) Dabei heißt es, er hätte gar nichts damit zu tun. Dann hat sich noch dazu herausgestellt, dass bei zwei dieser Zeugen ein Kabinettsmitarbeiter von Ihnen als Vertrauensperson, als Aufpasser, wie man das auch immer bezeichnen will, daneben gesessen ist. Also, die erste Geschichte: Wir haben nichts damit zu tun. Am Schluss merkt man aber: Da dirigiert jemand das Ganze.

Dann kommt die Frage: Wer führt die Hausdurchsuchung durch? Da gibt es an und für sich ein eigenes Bundesamt für Korruptionsbekämpfung. Da heißt es dann vom Innenministerium: ist nicht vertrauenswürdig. Das BVT ist korrupt, zumindest ein Teil dessen ist korrupt, oder es gibt den Verdacht, dass sie korrupt sind.

Jetzt muss man sich einmal vorstellen: Das Bundesamt für die Bekämpfung der Korruption steckt anscheinend mit denen unter einer Decke und ist auch korrupt – sagt das BMI –, deswegen können wir denen nicht vertrauen, deswegen können die nicht die Hausdurchsuchung durchführen.

Dann kommt die Frage, ob die Cobra die Hausdurchsuchung macht. Nein, können die auch nicht, denn die sind de facto auch korrupt; die könnten es dann nämlich irgend­jemandem erzählen, was ja auch eine Korruption wäre. Was kommt stattdessen? – Dann schlägt Ihr Politkommissar Goldgruber vor: Ich hätte da einen, er ist total ver­lässlich. Er postet zwar immer wieder rassistische, antisemitische Sachen und likt hetzerische Postings auf Facebook, aber der ist einer von uns, also total vertrau­enswürdig – und der soll das dann durchführen. (Beifall bei der SPÖ.)

Macht mich das sicher? – Nein, ich fühle mich nur verunsichert durch solche Vorgänge und durch die Dinge, die ich hier höre.

Noch krasser wird es am Ende bei der Frage: Wie ist das mit der Rechts­extremis­musdatei und mit diesen Unterlagen, die angeblich gar nichts damit zu tun haben? (Abg. Neubauer: ... dreimal beantwortet!)

Die erste Antwort ist: Es wurde gar nichts mitgenommen. (Abg. Rosenkranz: Vom BMI, stimmt!) Dann kommt man drauf: Es ist doch ein bisschen etwas mitgenommen worden, aber das war nicht unser Ziel, nicht unsere Absicht, das ist uns halt passiert! (Abg. Rosenkranz: Wer ist „uns“?) Wenn Sie die Protokolle genau lesen, kommen Sie am Ende des Tages drauf, dass alles mitgenommen wurde, dass alles kopiert wurde und dass die zuständige Staatsanwältin, während das passiert ist, nicht einmal im Haus war. (Abg. Rosenkranz: Sie wissen doch eh alles!) Erklären Sie mir dann doch, wer das kopiert hat, wenn nicht die vertrauenswürdigen Damen und Herren von Ihrer Partei! Das können Sie klären.

Macht mich das sicher? Nein, das verunsichert mich sehr.

Ich sage Ihnen eines, Herr Minister: Es gibt nur zwei Varianten. Entweder haben Sie recht und das BVT ist korrupt – oder Teile dessen –, ein Teil des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung ist korrupt (Abg. Rosenkranz: Das wird aber letztlich das Gericht entscheiden!), die bei der Cobra sind korrupt und beim BMI ist ein Staat im Staat – das muss aber dann der Herr, der gerade den Raum verlassen hat (in Richtung FPÖ), erklären –, oder Sie benützen das wirklich nur, um hier parteipolitisch etwas umzufärben und auf eine Behörde Druck auszuüben. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn Sie sagen, dass Sie sich Sorgen darüber machen, dass Abgeordnete in diesem Haus im Rahmen eines Untersuchungsausschusses Unterlagen bekommen – die sehr diffizil sind, keine Frage –, dann sage ich Ihnen eines: Das ist mir hundertmal lieber, als wenn Sie und Ihresgleichen Zugriff auf die Behörde haben, die gegen Rechts­extremismus in diesem Land vorgehen soll. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Belakowitsch: Genau, alles an die Öffentlichkeit!)

15.58

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein. – Bitte.