12.40

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (PILZ): Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Kollege Feichtinger, Kollegin Griss, Sie haben recht: Der Um­weltpolitik geht es schlecht in diesem Land. Es findet sich im Budget kein Raum für die integrierte Energie- und Klimastrategie. Schon allein die Reihenfolge ist merkwürdig. Zuerst budgetiert man etwas, und dann wird eine Strategie erarbeitet, von der man jetzt schon sieht: Die hat keinen Platz im Budget. Die Analyse ist also echt nie­derschmetternd. Es wird zwar – und dafür wirbt die Regierung ja auch – die jahrelange Talfahrt bei den Umwelt- und Klimabudgets kurz angehalten: 2018 gibt es 20 Millionen Euro mehr für Umwelt und Klima. Aber die Talfahrt geht dann weiter bis 2022, wo das Budget auf unter den Wert von 2017 sinkt. Damit fahren wir das Weltklima und die Umwelt an die Wand.

Was ist das für ein Signal kurz vor der EU-Ratspräsidentschaft? Ich finde kaum Zukunftsprojekte, viel zu wenig Investitionen in die Energiewende. Liebe ÖVP, Kritik kommt auch aus Ihren eigenen Reihen: Es gibt zwar im Umweltbereich keine Kür­zungen, im Bereich Energie und Verkehr gibt es aber, was die Nachhaltigkeit betrifft, Luft nach oben. – Zitat des Abgeordneten Rädler von der ÖVP von gestern.

Warum ist das so? – Aus gewissen Kreisen hört man immer wieder, dass Klimaschutz und Wirtschaft nicht zusammenpassen, dass Klimaschutz der Wirtschaft zu teuer käme. Diese Aussage entbehrt jeder Grundlage. In Wirklichkeit ist genau das Gegenteil der Fall. Die Folgen des Klimawandels schaden der Wirtschaft. Dazu kommen – und jetzt, liebe FPÖ, passen Sie auf – Hungersnöte, Wasserarmut und das Ansteigen von Flüchtlingsströmen nach Europa. Ja, Sie haben richtig gehört!

Die Kosten der Abhängigkeit von Öl- und Erdgasnettoimporten betragen in Österreich in den letzten Jahren zwischen 7 und 13 Milliarden Euro pro Jahr. Ich frage mich, ob das dem Finanzminister bewusst ist, ob er diese Faktenlage kennt. Falls es ihm wirklich um die Schuldenbremse geht, sollte er Folgendes bedenken – (sich an Staatssekretär Fuchs wendend) er ist leider nicht hier, ich würde es ihm wirklich gerne sagen, ich werde ihn danach finden und ihm das noch einmal persönlich sagen –: Finanzminister Schelling, sein Vorgänger, lud 2016 die schwedische Finanzministerin ein, um von den Erfahrungen Schwedens beim Absenken der Staatsschuldenquote von 70 auf 40 Prozent zu profitieren. Schweden ist genau das Land, das die ökosoziale Steuerreform eingeführt hat. Bestehende Energiesteuern wurden in CO2-Steuern umgewandelt und Steuern auf Arbeit wurden gleichzeitig stark reduziert. So bleibt den schwedischen Verbrauchern am Ende des Jahres mehr Geld in der Tasche.

Wenn das angekündigte Staatsziel Wirtschaftswachstum – von dem die Regierung ja angekündigt hat, es in der Verfassung festschreiben zu wollen – richtig interpretiert wird, dann müssten wir doch massiv in den Ausbau der erneuerbaren Energien, in Energieeffizienz und in nachhaltige Mobilität investieren, weil das Wachstumsbranchen sind, zukünftige Wirtschaftsmotoren. Ihre Politik aber ist nicht nur umwelt-, sondern standortschädigend. Ein Beispiel: Unser Paradekonzern, die Voestalpine, hat ange­kündigt – mit ihren 23 000 Mitarbeitern, Arbeitsplätzen im Land –, dass sie ab 2040 für ihr modernisiertes Stahlproduktionsverfahren 33 Terawattstunden güns­tigen Öko­strom braucht, hier in Österreich. (Abg. Haubner: Was ist falsch daran?) – Das ist nur ein Beispiel.

Wir haben die Faktenlage, was braucht es jetzt noch? – Jetzt braucht es PolitikerInnen mit Weitblick. Schauen wir uns die Regierung an: Gibt es noch Minister, bei denen wir Hoffnung haben können? Verkehrsminister Norbert Hofer – ich habe ihn im Ver­kehrsausschuss als inhaltlich versierten Minister erlebt, der offen für Innovation und Energiewende ist – hat sich in seiner Zeit als Umwelt- und Energiesprecher der FPÖ immer für eine Halbierung der Mehrwertsteuersätze für erneuerbare Energie einge­setzt. Jetzt sitzt er an den Hebeln der Macht. Schauen wir einmal, wie mächtig er ist. Unserer Nachhaltigkeitsministerin Köstinger glaube ich auch, dass sie sich persönlich für eine nachhaltige Zukunft einsetzen will. Mich irritiert aber ihr Zickzackkurs bei der Frage der Energiewende. Letzte Woche hat sie sich im Umweltausschuss noch für ein ambitioniertes Ausbauziel der Erneuerbaren eingesetzt – 35 Prozent in der EU. Zwei Tage später im Wirtschaftsausschuss ist sie zurückgerudert.

Ich frage mich: Wer sind die eigentlich Mächtigen in diesem Land? Wer hat Ministerin Köstinger angerufen in diesen weniger als 48 Stunden zwischen den beiden Aus­schüssen? Wer hat sie zurückgepfiffen? (Abg. Rädler: Verschwörungstheorien!) – Ich sage Ihnen, nicht Kanzler Kurz, auch nicht unsere Minister sind die eigentlich Mäch­tigen in diesem Land. Die wahre Macht liegt nämlich in den Händen der fossilen Systemerhalter, der Öllobbymächte und Konzerne. Das sind (in Richtung ÖVP) Ihre Einflüsterer, Ihre Großspender, die fossilen Dinosaurier aus der Industriellen­vereini­gung, aus dem Wirtschaftsbund, aus der Wirtschaftskammer, die in Ihren Ministerien herumspringen, die sogar die Griffel in der Hand haben, mit denen die integrierte Klima- und Energiestrategie geschrieben wird. (Abg. Winzig: Das ist eine Beleidigung für die, die Arbeitsplätze schaffen!) – Ich sage nicht, dass alle Interessenvertreter aus IV, WB und WKO fossile Dinosaurier sind, aber sie haben dort die Macht, sie haben dort noch das Sagen. (Abg. Haubner: Das ist ja auch gut so!) Das sind jene Lobbys, die ihre rückwärtsgewandten Geschäftsmodelle auf Kosten der Menschheit weiter­führen und abcashen wollen bis zum bitteren Ende, nach dem Motto: Nach mir die Sintflut. (Abg. Winzig: Keine Ahnung von unseren Betrieben!)

Herr Minister Löger ist nicht hier. Ich wollte ihm sagen, ich sage Ihnen allen hier im Raum: Wir haben einen gemeinsamen Feind. Das sind die rückwärtsgewandten Fossillobbys in diesem Land, die sich in einer letzten Anstrengung, einem letzten Aufbäumen vor dem Systemwandel wehren. Wenn wir uns hier mit der Bevölkerung verbünden, können wir sie in die Zange nehmen, wir können sie in die Knie zwingen und wir können den progressiven, zukunftsgewandten Interessenvertretungen in die­sem Land endlich Tür und Tor öffnen zu unseren Ministerien. (Beifall bei der Liste Pilz.)

12.47

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Maria Großbauer. – Bitte. (Abg. Haubner: Endlich was Vernünftiges!)