14.07

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Herr Wurm, Sie handeln hier wider besseres Wissen und ohne Gewissen. Sie und die FPÖ ent­scheiden sich heute bewusst für das Sterben. (Zwischenruf des Abg. Gudenus. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es werden aber nicht Sie sterben, sondern Öster­reicher werden sterben. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Stefan: Warum nehmen sie das Sterben in Kauf? – Abg. Gudenus: Sie wollen doch Afghanen nicht abschie­ben!)

Heute machen 28 Wendehälse im ÖVP-Parlamentsklub eine 180-Grad-Wendung (Buh-Rufe bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz – Abg. Rädler: Geht es dir noch gut?), und etliche Neue machen aus ihrem Rückgrat einen Gartenschlauch. Das ist wirklich beklemmend, wie Sie hier unterwegs sind. Sie wissen, dass es nicht um das Rauchen als solches geht. Jeder und jede soll in Österreich rauchen können. (Abg. Gudenus: Und Sie wollen das Rauchen verbieten?!) Die Freiheit des Rauchens ist natürlich eine persönliche Freiheit, aber die Freiheit des Rauchens ist nicht die Freiheit, andere zu schädigen. Es geht ums Passivrauchen! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Gudenus: Das ist ja völlig unlogisch!) – Herr Gudenus, Sie wissen, dass es durch Passivrauchen jeden Tag zwei bis drei tote Österreicher gibt – jeden Tag! Und Sie verlängern dieses Sterben!

Über 540 000 Österreicherinnen und Österreicher haben das Anliegen unterschrieben. Sie ignorieren das! Viele BürgerInnen haben sich bei Ihnen gemeldet. Ich darf hier zwei Meldungen in Auszügen vorlesen, und Sie wissen genau, dass das das echte Leben ist.

Ein Mail an den Herrn Smolle, an die Mediziner und GesundheitssprecherInnen in diesem Haus, kommt aus der Südoststeiermark:

„Ich komme aus der Süd-Oststeiermark,“ (Abg. Rädler: Der kommt aus Vorarlberg!) „bin 30 Jahre alt, Nichtraucher und habe ein Bronchialkarzinom.

Ich schreibe diese Zeilen um an Ihre Verantwortung als Mediziner und gewählter Repräsentant im Nationalrat zu appellieren. [...]

Die Gesundheitsministerin bezeichnet das Raucherverbot als ‚grauslich‘ und verweist auf die Gastfreundschaft, der Vizekanzler warnt davor, dass Raucher krank werden würden weil sie im Freien rauchen müssten. Ich darf darauf hinweißen wie zynisch diese Aussagen wirken wenn man bedenkt, dass jährlich zwischen 11.000 und 14.000 Menschen in Österreich an den Folgen des Rauchens sterben und COPDs weltweit die vierthäufigste Todesursache darstellen.“ (Abg. Stefan: Wo steht das?) „Können Sie diese Argumente wirklich guten Gewissens unterstützen?“ (Abg. Gudenus: Und Sie erlauben das Rauchen auf der Straße?! Das ist ja clownhaft!)

Ich weiß nicht, ob Ihnen bewusst ist, was Ihr Schweigen für alle lungenkranken Menschen in Österreich bedeutet. Als ehemaliger Rektor einer medizinischen Fakultät und als Mitglied des obersten Sanitätsrates sind Sie einer der einflussreichsten Medi­ziner unseres Landes. Alle Betroffenen setzten großes Vertrauen in die Medizin in Österreich, und für viele ist sie die letzte Hoffnung. Mit Ihrem Schweigen“ – das gilt auch für viele Kollegen – „fühle ich mich als Patient von Ihnen im Stich gelassen, nicht nur als Politiker, sondern vor allem als Mediziner.

Keiner Ihrer Wähler hat Sie gewählt, damit Sie als Mediziner mithelfen das Rauch­verbot zu kippen. [...]

Ich habe dieses Email an Sie gerichtet Dr. Smolle, ich möchte mich aber gleichzeitig auch an die beiden Gesundheitssprecherinnen der Regierungsparteien wenden. Frau Gaby Schwarz, Frau Dr. Belakowitsch, ich bitte sie ihre Überzeugungen als Mediziner und Gesundheitssprecherinnen nicht der Parteitaktik unterzuordnen.“

Eine zweite Stimme kommt aus Tirol (Abg. Rädler: Eine Leseübung! Bravo!): „Ich habe diesen Dienstag meine Mutter (auch sie hat geraucht) an Lungenkrebs verloren [...]“. – Und Sie schreien da heraus: „Bravo!“ Geht es Ihnen eigentlich noch gut? (Beifall bei den NEOS. – Abg. Stefan: Das hat er ja nicht gewusst! Bei „Tirol“ hat er es gesagt! Das ist doch ein Witz! – Abg. Rädler: Machen Sie nicht so ein Theater!) – Das ist kein Theater, da geht es um Menschen, die sterben! Haben Sie überhaupt irgendein Gespür? (Der Redner schlägt mehrmals mit der Hand auf das Rednerpult.) Haben Sie überhaupt ein Gespür? Das ist unverschämt, was Sie hier machen – unverschämt! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.) Ich schäme mich für diesen Berufsstand, wenn Sie solche Entscheidungen treffen! Das ist eine Schande! (Neuerlicher, lang anhal­tender Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Anhaltende Zwischenrufe.)

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter, ich bitte Sie - -

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (fortsetzend): „Ich habe diesen Dienstag meine Mutter (auch sie hat geraucht) an Lungenkrebs verloren und werde sie heute zu Grabe tragen.“ (Abg. Gudenus: Sie sind ein Schauspieler! – Abg. Rädler: Sie machen ja nur Theater! Sie machen uns Angst, Herr Strolz! Sie machen uns Angst! – Abg. Belakowitsch: Machen Sie sich nicht lächerlich!) – Sie halten das für lächerlich? (Abg. Gudenus: Sie sind lächerlich! – Abg. Belakowitsch: Sie haben nichts zu sagen! – Abg. Stefan: Er hat ja nicht gewusst, dass ihre Mutter stirbt! – Abg. Gudenus: Verschonen Sie uns! Sie sind eine Schande für dieses Haus! Eine Witzfigur! Time to go! – Anhaltende Zwischenrufe.)

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Stimmung ist aufgeheizt, aber ich bitte Sie, den Redner ausreden zu lassen.

Und ich bitte Sie, Herr Abgeordneter, wenn Sie auf Rufe der Abgeordneten replizieren, zuerst zuzuhören und dann zu replizieren. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (He-Rufe bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Ruf bei der SPÖ: Was ist das für eine Sitzungs­führung?! Zur Geschäftsordnung!)

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (fortsetzend): Ich habe nicht mehr viel mehr zu sagen. (Ruf bei der FPÖ: Das wissen wir! Sie haben nie etwas zu sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Frau Tanya Haberditz, aufgrund der vielen Zwischenrufe kann ich dieses Mail nicht mehr vorlesen. Ich kann die Schlussformel vorlesen: „Ich hoffe Sie kämpfen weiterhin gegen diese Aufhebung und verbleibe mit stillem Gruß aus Tirol

Tanya Haberditz“. – Sie hat gesagt, dass ich ihren Namen nennen darf.

Diesen stillen Gruß werden viele Österreicher nicht mehr entbieten können, nämlich jene zwei bis drei, die täglich an den Folgen des Passivrauchens sterben. Wir könnten diese Zahl an toten Österreichern senken. Wir alle miteinander haben es in der Hand. Sie entscheiden sich dagegen, Sie entscheiden sich fürs Sterben. Ich halte das für grundfalsch. (Lang anhaltender Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Gudenus: Abgang! – Abg. Kolba: Der Erwin Rasinger schämt sich gerade vorm Fernseher! – Ruf bei der FPÖ: Das überleben wir! – Ruf bei der SPÖ: Der hat ihn abgedreht!)

14.14

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Nehammer. – Bitte, Herr Abgeordneter.