15.28

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Ich wollte darauf replizieren, was Kollege Amon vorhin zur Geschäftsbehandlung gesagt hat. Herr Kollege Amon! Ja, Sie haben recht, die Geschäftsordnung sieht das so vor. Es gibt Leute, die ein bisschen kreativer sind, mitdenken und sich überlegen, dass man so etwas öffentlich machen könnte. Jemand, der unter anderem kreativer ist und davon ausgeht, dass diese Hearings in der Regel, meist öffentlich sind, ist die Parlamentsdirektion. Sie müssten auf der Homepage des österreichischen Parlaments im Glossar nachschauen, nämlich unter H wie Hearing (auf sein iPhone blickend und zitierend): „Ein Hearing ist eine (meist öffentliche) Anhörung von ExpertInnen zu einem bestimmten Thema im Rahmen von Ausschussverhandlungen [...]“

So viel zum Thema meist öffentlich. Ich nehme an, die Parlamentsdirektion weiß, wieso sie das hinschreibt. Sie wird es nicht hinschreiben, wenn wir es in der Regel hinter verschlossenen Türen machen würden. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Ich habe selbst überlegt: Es gab sicher schon Hearings, die hinter verschlossenen Tü­ren stattfanden. Die meisten Hearings, in denen ich war, ja fast alle, waren öffentlich. Ich erinnere mich an das Hearing zum Informationsfreiheitsgesetz und an alle Frem­denrechtsänderungsgesetze, die wir gemeinsam im Innenausschuss lange diskutiert haben. Auch das waren immer öffentliche Hearings, soweit ich mich erinnern kann.

Die Frage ist ja: Wieso macht man ein Hearing? Kollege Rosenkranz meint, er will das Hearing machen, damit er sich mit Experten auseinandersetzen kann, und so weiter und so fort. Also wenn ich persönlich mich mit Experten zu einem Thema auseinan­dersetzen will, um mich weiterzubilden und mir eine Meinung zu bilden, dann schreibe ich denen ein Mail, telefoniere mit denen (Abg. Rosenkranz: Aber da kommen dann andere, an die ich gar nicht denke zum Beispiel!) – das ist richtig, Herr Kollege Rosenkranz –, und dann probiere ich, mich mit denen auseinanderzusetzen. Das heißt, man macht ein Hearing, damit Sie in dem Zusammenhang schlauer werden, ein anderes Wissen aufbauen und dann mit diesem weiteren Wissen den Antrag verändern. Das ist ja das Skurrile. Im Ernst, Herr Kollege Rosenkranz: Sie waren jetzt lange genug in der Opposition, Sie wissen, was passiert, wenn wir in den Ausschüssen diskutieren, und ob dann aufgrund der Stellungnahme der Experten der Entwurf massenhaft geändert wird. Sie wissen genau, dass das nicht so ist und auch in diesem Fall nicht so sein wird.

Worum geht es bei einem Hearing? – Es geht darum, dass wir mit der interessierten Öffentlichkeit, mit der Zivilgesellschaft in einen Austausch treten, und darum, dass die Menschen natürlich auch das Recht haben, mitzubekommen, was wir in diesem Zu­sammenhang diskutieren. (Abg. Rosenkranz: Machen wir’s nächstes Mal als Telefonjoker!) Das kann man auch nicht wollen, so wie die ÖVP und Sie das nicht wollen, und das hat natürlich einen guten Grund. Sie machen hier etwas, nämlich dass Sie wieder einmal – beziehungsweise tut es die ÖVP wieder einmal, die Über­wachungspartei ÖVP macht das nämlich seit Jahrzehnten, Sie sind jetzt neu in diesem Spiel, auch die FPÖ ist jetzt eine Überwachungspartei – die Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger einschränken. (Beifall bei NEOS und Liste Pilz sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Die Sicherheitspartei, ja! Die Sicher­heitspartei!)

Ja, das ist die Sicherheitspartei. Ich meine, ich brauche Ihnen nicht vorzulesen, was Ihr Innenminister ursprünglich zu diesem Überwachungspaket gesagt hat. Ich habe Ihnen schon zugestanden, Sie haben ein paar Giftzähne gezogen. Die grundlegenden Gift­zähne sind aber leider immer noch vorhanden, und das wissen Sie auch als Rechts­anwalt, Herr Kollege Rosenkranz. Sie müssen ja nur bei Ihrer Standesvertretung nach­lesen. Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag sagt dazu - - (Abg. Rosenkranz: Habe ich auch gelesen!) – Sie haben es gelesen? (Abg. Rosenkranz: Natürlich!) – Ah, das ist interessant. Dann haben Sie es entweder nicht ganz gelesen oder Sie haben es überlesen oder Sie wollen es nicht wahrnehmen. (Abg. Rosenkranz: O ja!) Sie hätten nämlich sehen müssen, dass da drinnen steht, dass „die gegenständlich vorliegenden Gesetzesvorschläge zahlreiche Maßnahmen“ enthalten, „die [...] nicht mit den durch die grundrechtliche Judikatur von VfGH und EGMR sowie den vom EuGH entwickelten Grundsätzen in Einklang zu bringen sind“.

Sie wollen also bewusst ein grundrechtswidriges Gesetz beschließen, verweigern sich einem Hearing. (Abg. Rosenkranz: Wieso? Wer entscheidet in Österreich, was grund­rechtswidrig ist? Aus meiner bescheidenen Sicht ist es der Verfassungsgerichtshof!) – Herr Kollege Rosenkranz, seien Sie mir nicht bös, aber grundrechtlich vertraue ich dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag weitaus mehr als den beiden Über­wachungs­parteien FPÖ und ÖVP. Der Rechtsanwaltskammertag ist da ernster zu nehmen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Rosenkranz: Haben Sie schon mal vom Verfassungsgerichtshof gehört?)

Natürlich habe ich etwas vom Verfassungsgerichtshof gehört! Das ist ja der Ge­richts­hof, der vom Rechtsanwaltskammertag hier ins Treffen geführt wird, weil er die Urteile und die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sinnerfassend lesen, interpre­tieren kann und deswegen auch Stellungnahmen abgibt. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Rosenkranz: Schauen Sie sich’s an!)

Herr Kollege Rosenkranz, das ist ganz einfach: Ich persönlich brauche, um mich mit Experten auseinanderzusetzen, nicht das Hearing. Es geht darum, dass wir die Zivilgesellschaft miteinbinden, dass die Menschen draußen sich schlaumachen kön­nen, dass sie mitbekommen, was Sie für einen tätlichen Angriff auf ihre Grund- und Freiheitsrechte, auf die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger vorhaben. Sie wissen, wie gefährlich der Bundestrojaner ist. Kollege Stefan weiß das, deswegen war auch er lange dagegen. Sie wissen, dass Sie sich mit dem Bundestrojaner von dem Grundsatz der Internetsicherheit, der IT-Sicherheit verabschieden und bewusst Sicher­heitslücken aufmachen, die dann natürlich nicht nur von der Bundesregierung genützt werden können, sondern auch von Terroristen, die genau auf diese Sicherheitslücken schielen. Sie von der FPÖ machen das, was Sie jahrelang zu Recht bekämpft haben: Sie spielen jetzt bei den Überwachungsfantasien der ÖVP mit, und das, damit es auch ja keiner mitbekommt, am besten auch noch hinter verschlossenen Türen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Rosenkranz: Was sogar der Verfassungsge­richtshof auch zugestanden hat, ...!)

15.33

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Alma Zadić. – Bitte.