15.43

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundesministerin, mit diesen Anschuldigungen und dem Vorwurf der Verschwörungs­theorie begeben Sie sich in eine Sackgasse. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abge­ordneten der SPÖ. – Abg. Winzig: Ja, genau!) Die Frage, welche Anfragen wir stellen und welche Dringlichen Anfragen wir wann einbringen, Frau Bundesministerin, ent­scheiden immer noch wir und nicht Sie! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Eh!)

Wenn es darum geht, Frau Bundesministerin, dass Sie uns Verschwörungstheorien vor­werfen (Abg. Hafenecker: Haben Sie überhaupt schon einen Klubobmann? – Abg. Ro­senkranz: Das war ein Kompliment! Sie haben gut von Ihrem Spiritus Rector ge­lernt!) – hören Sie mir bitte zu! –, so kann ich Ihnen nur sagen: Sie sind es, Frau Bun­desministerin, die diese Verschwörungstheorien befeuert, weil Sie die Öffentlichkeit da­rüber nicht aufgeklärt haben! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist also Ihr Versäumnis, und dagegen hilft auch nicht der Vorwurf, den Sie uns ge­genüber machen, nämlich wir würden hier Verschwörungstheorien in die Welt setzen. (Abg. Rosenkranz: Das ist kein Vorwurf, das ist eine Tatsache! – Abg. Winzig: Ge­nau! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Das ist lächerlich, genauso wie das lächerlich ist, was Sie jetzt sagen. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neubauer: Das ist Peter-Pilz-Tradition!)

Frau Bundesministerin! Sie haben hier einige Bekenntnisse abgelegt, das ist ja nett. Ja, natürlich: Klimaschutzabkommen von Paris. Wir wissen ja – und ich kann mich noch gut daran erinnern, ich war dabei, als wir das hier im Hohen Haus ratifiziert ha­ben –, dass seit der Ratifizierung des Abkommens in diesem Haus in Österreich leider nichts passiert ist. Ja, jetzt liegt eine integrierte Klima- und Energiestrategie vor – immerhin –, aber einen wichtigen Meilenstein, wie Sie gesagt haben, Frau Ministerin, sehe ich, ehrlich gesagt, nicht. (Abg. Rauch: Können Sie nicht lesen?)

Ist es denn ein Zufall, dass nahezu alle Klima- und Energieexperten diese integrierte Klima- und Energiestrategie nach deren Erscheinen am 3. April mehr oder weniger in der Luft zerfetzt haben? – Zu Recht, würde ich meinen, denn würden Sie das Thema des Klimaschutzes, des Klimawandels wirklich ernst nehmen, dann müssten Sie einen großen Wurf vorlegen. Einen großen Wurf vorlegen hieße, dass Sie auch Konkretes vorlegen müssten.

Ich habe Ihnen jetzt sehr genau zugehört, aber Konkretes und konkrete Maßnahmen habe ich da nicht gehört. Ich habe auch keine Zeitpläne für die Umsetzung der sehr bescheidenen Zielsetzungen gefunden. Also wenn Sie davon sprechen, dass die Ziel­setzungen ambitioniert sind, sage ich, diese Zielsetzungen sind keineswegs ambi­tioniert. Ich bin ja nicht der Einzige, der das behauptet. Aber es fehlen nicht nur die konkreten Maßnahmen und die konkreten Zeitpläne – ausverhandelt auch mit den Ge­bietskörperschaften –, es fehlt natürlich auch das Geld. Dazu genügt ja ein Blick in das Doppelbudget 2018/2019. Ich frage mich: Wo ist das Geld? Das Budget im Umwelt­schutz, das wissen Sie genau, Frau Bundesministerin, wird in den nächsten Jahren ge­kürzt werden. Wo also findet die Umsetzung dieser integrierten Klima- und Energie­strategie statt?

Ich bringe Ihnen jetzt ein konkretes Beispiel. Ich bin ja leidenschaftlicher Radfahrer – seit vielen Jahrzehnten im Übrigen –, nicht nur zu Freizeitzwecken, sondern auch in der Stadt und sonst. (Abg. Bösch: Das verbindet mich mit Ihnen! – Abg. Rosenkranz: Das ist aber auch das Einzige, was euch verbindet!) Wenn Sie aber – und das ist ja ein tolles Ziel, das Sie sich da gesetzt haben – den Anteil der Fahrradfahrer verdoppeln wollen, dann müssen Sie aber auch konkrete Maßnahmen setzen, von selbst wird das nicht passieren. Da brauchen wir mehr Fahrradwege, da brauchen wir sicherere Fahr­radwege. Da brauchen wir aber in den städtischen Regionen vor allem Schnellverbin­dungen zwischen der Peripherie und den Zentren. All das gibt es in Österreich nicht – im Gegensatz zu anderen Ländern, wie etwa den Niederlanden oder Dänemark. Wenn Sie das aber erreichen wollen und wenn Sie mehr Menschen auf das Fahrrad bringen wollen, Frau Ministerin, dann müssen Sie mehr Geld oder überhaupt Geld in die Hand nehmen. Ohne Geld wird das nicht gehen! (Beifall bei der Liste Pilz.)

Das ist natürlich auch eine Chance. Sie haben es ja auch selbst gesagt, die Umset­zung von Klimamaßnahmen birgt Chancen in sich: nachhaltiges Wachstum, die Schaf­fung von Arbeitsplätzen. Aber es braucht dazu, noch einmal, konkrete Maßnahmen, eigentlich ein Maßnahmenbündel. Auch dieses Maßnahmenbündel vermisse ich von Ihnen. Einige Ansatzpunkte haben Sie erwähnt: Das Kleine Ökostromgesetz – das ist ein bisschen zu wenig, da muss man ein bisschen mehr klotzen: Ein Ökostromgesetz à la Bundesrepublik Deutschland beispielsweise oder ein echtes Energieeffizienzgesetz oder konkrete Maßnahmen zum Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen wären ein An­satz; die Ankündigung allein ist es nicht. Oder aber – und darauf werde ich im Folgen­den ein wenig eingehen –: die Abschaffung von umweltschädlichen Subventionen zum einen und eine ökosoziale Steuerreform zum anderen.

Ich beginne mit den umweltschädlichen Subventionen. Es gibt eine Studie des öster­reichischen Wirtschaftsforschungsinstituts von 2016, darin wurde erhoben, wie hoch diese umweltschädlichen Subventionen sind. Da kam die erstaunliche Summe von 3,8 Milliarden bis 4,7 Milliarden Euro heraus. Wow! Nicht wenig, sage ich. Jetzt haben Sie sich in diesem Doppelbudget das Ziel gesetzt – der Herr Finanzminister ist jetzt nicht mehr hier –, bei den Förderungen zu streichen. Aber ausgerechnet bei diesen Förderungen wird gar nichts gestrichen. Ich habe jedenfalls im Budget diesbezüglich nichts entdecken können.

Da sind jetzt in der Frage der Energiebereitstellung und Energienutzung Sachen drin­nen wie Energieabgabenvergütung für energieintensive Betriebe: 450 Millionen Euro, Herstellerprivileg für die Produzenten von Energieerzeugnissen: über 500 Millionen. Oder nehmen wir einige große Brocken aus dem Verkehrsbereich: Das Dieselprivileg kostet ungefähr 700 Millionen Euro, das ist eine 700-Millionen-Begünstigung. Die Mi­neralölsteuerbefreiung für Kerosin – das ist ja ein Fossil, das gehört ja längst weg! –: 330 Millionen Euro; die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge: 185 Millionen Euro; das Pendlerpauschale: 560 Millionen. Ich werde gleich noch etwas zu diesem Pendlerpauschale sagen. Ich meine nicht, dass man das abschaffen soll, aber man muss es ändern. Oder die völlig unnötige Begünstigung für die Dienstwagenbesteue­rung, das ist ein Privileg für Besserverdienende. Das brauchen wir alles nicht, Frau Bundesministerin, da müssen Sie ansetzen. Einige dieser Subventionen sind wirklich fällig für eine Änderung. Das Dieselprivileg – weg damit! Her mit der Angleichung der Mineralölsteuer von Diesel und Benzin! (Beifall bei der Liste Pilz.) Die MÖSt-Befreiung für Kerosin – weg damit!

Was haben Sie denn in den Budgets für 2018 und 2019 vorgesehen, für die der Herr Finanzminister so gelobt wird? – Die Halbierung der Flugabgabe. Das ist aus ökologi­scher Perspektive ein Wahnsinn, ja, ein Wahnsinn in Wirklichkeit! Die Umsatzsteuer­befreiung für internationale Flüge – detto.

Das Pendlerpauschale braucht dringend eine Reform. Wir wissen ja, dass dieses Pendlerpauschale nichts anderes ist als ein Zersiedelungspauschale, das extrem hohe Folgekosten nach sich zieht. (Abg. Schmuckenschlager: So ein Blödsinn, was Sie da sagen! – Abg. Haider: Erklären Sie das einmal einem Pendler!) Wenn wir hier etwas ändern wollen, dann brauchen wir eine Anrechenbarkeit, die schrittweise dahin geht, den privaten Verkehr zu beschränken.

Sie sagen, Frau Bundesministerin, Sie wollen im Bereich der ökologischen Besteue­rung etwas tun. Für die Ökonomen ist diese Frage seit hundert Jahren in Wirklichkeit ausdiskutiert. Da gab es einen gewissen Ökonomen, Arthur Cecil Pigou, der 1920 genau aufgezeigt hat, was zu tun ist, wenn der Markt versagt. Passiert ist weder in den Neunzehnhunderterjahren etwas noch in den Zweitausenderjahren. Von der ÖVP ist immer wieder das Argument gekommen, man wolle keine neuen Steuern, wenn es um die CO2-Steuer gegangen ist, die von nahezu allen internationalen Organisationen, von allen Ökonomen befürwortet wird. Ja, mit dieser Argumentation stehen Sie sich ja heu­te noch im Weg. Wenn Sie sagen, keine neuen Steuern, dann werden Sie in der Frage der Ökologisierung und in der Frage der Bekämpfung der Klimaschäden nicht weiter­kommen. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Natürlich geht es nicht darum, neue Steuern einzuführen und dadurch die Steuerquote anzuheben, nein, es geht darum, gleichzeitig das, was an höheren Steuern herein­kommt, wieder an die Unternehmen und an die privaten Haushalte zurückzugeben, in sozial verträglicher Form. Das Ganze nennt sich ökosoziale Steuerreform. Ich habe das, als ich noch bei den Grünen war, über viele, viele Jahre vertreten. (Ruf bei der FPÖ: Dabei hätten Sie bleiben sollen!) Noch bevor ich in die Politik gegangen bin, habe ich viele Publikationen dazu verfasst. Was aber tun Sie in dieser Frage gemein­sam mit der FPÖ? – Sie vertreten Industrieinteressen. Da steht Ihnen wahrscheinlich der Herr Eder von der Voestalpine im Weg. Da steht Ihnen wahrscheinlich auch die OMV im Weg, aber so werden Sie in der Frage des Klimawandels nicht weiterkommen. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Hier braucht es, Frau Bundesministerin, ein Umdenken. Also werfen Sie nicht uns die Notwendigkeit des Umdenkens vor, sondern bitte denken Sie um! Dann nämlich wird es und könnte es tatsächlich gelingen, endlich eine ökosoziale Steuerreform zu ma­chen, die nicht das Wort kleckern, sondern das Wort klotzen verdient. Mit einer ökoso­zialen Steuerreform, die klotzt, können wir auch in der Klimafrage einen Schritt weiter­kommen – einen bedeutsamen Schritt. Ergreifen Sie diese Chance, Frau Bundesminis­terin! – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der Liste Pilz.)

15.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte.