12.57

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Werte Kolleginnen und Kollegen! In der gestrigen Debatte zum Frauenbudget waren sich eigentlich alle Fraktionen einig, dass Geschlechtergerechtigkeit nicht in einem Ressort gelöst werden kann, sondern dass es eine Querschnittsmaterie ist. Jetzt diskutieren wir über diese UGs, mit denen man wirklich Berge für die Frauen in Österreich bewegen könnte: Arbeit, Soziales, Pen­sionen. In diesen Bereichen kann am meisten für das Thema Geschlechtergerechtig­keit getan werden, und da wird auch das meiste falsch gemacht – das muss man da­zusagen. In genau diesen Bereichen kann man nämlich das in Zahlen gegossene Ziel der Regierung herauslesen: zurück an den Herd, zurück nach Hause, zurück zu kon­servativen Rollenbildern – Frauenarmut. (Beifall bei den NEOS.)

Das österreichische Arbeits- und Sozialrecht ist geprägt von negativen Erwerbsanrei­zen, die vor allem auf Frauen ausgerichtet sind. Wir nehmen extra viel Steuergeld in die Hand, um Frauen zu sagen: Wollt ihr nicht doch zu Hause bleiben, es wäre schon schön?! Dann ist das alles wieder geregelt und alle sind zufrieden und glücklich.

Der bereits vieldiskutierte Familienbonus – gerade eben wieder von Kollegen Strasser angesprochen – ist eben nicht der große familienpolitische Wurf, wie er uns hier vorge­gaukelt wird, ganz im Gegenteil. Echte Geschlechtergerechtigkeit bedeutet nämlich nicht, dass Frauen dank dem Familienbonus – eh schon wieder und eh wieder länger – zu Hause bleiben können, sondern echte Geschlechtergerechtigkeit würde bedeuten, dass Frauen die Möglichkeit haben, unabhängig und selbstbestimmt leben zu können. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Herr Strasser hat gesagt, das Geld geht dorthin, wo Kinder leben. Genau das passiert mit dem Familienbonus eben nicht: Das Geld geht dorthin, wo Eltern leben. Es ist eben keine Leistung, die den Kindern zugutekommt, da müsste man mehr in Sachleistungen investieren anstatt in Geldleistungen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Ich bin mir sicher, dass Sie den Vergleich kennen: Der Familienbonus wird so viel kos­ten, wie wir in ganz Österreich für Kinderbetreuungsplätze ausgeben. Das heißt, dieses Geld wäre schon ein Hebel gewesen, mit dem man beim Thema Kinderbetreuung auch wirklich einen ordentlichen Schritt nach vorne hätte machen können.

Man muss Frauen die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt erleichtern, anstatt zu erschwe­ren. Man muss ihnen auch die Möglichkeit geben, ihr Stundenausmaß zu erhöhen, da­mit sie auf eigenen Beinen stehen können, und zwar nicht nur jetzt, solange sie noch arbeiten, sondern auch später in der Pension.

Genau das Gegenteil wird gemacht, unter anderem auch mit der Senkung der Arbeits­losenversicherungsbeiträge. Das wird uns schon wieder als frauenpolitische Maßnah­me verkauft, weil es ja vor allem Frauen betreffen würde, da diese oft Teilzeit arbeiten. Damit perpetuieren wir aber nur das Problem, denn wenn man als Frau das Stunden­ausmaß erhöht, schlagen sich ja die höheren Arbeitslosenversicherungsbeiträge umso höher zu Buche.

Das heißt, der Wechsel von einem geringen Stundenausmaß mit einem geringeren Einkommen zu einem höheren bringt eine umso stärkere und radikalere und spürbare Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge mit sich, was wiederum zu dem Ef­fekt führt, dass es sich viele Menschen zwei, drei Mal überlegen, ob es sich überhaupt rentiert, mehr zu arbeiten. Es würde sich aber rentieren. Es rentiert sich, weil man sich durch Vollerwerbstätigkeit ein selbstbestimmtes Leben auch in der Pension ermögli­chen kann. Das ist etwas, was man durch den Familienbonus, durch die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge wiederum verunmöglicht.

Die letzte Regierung hat es auch nicht geschafft, das durchschnittliche Pensionsan­trittsalter von Frauen signifikant zu erhöhen. Die aktuelle Regierung steckt beim Thema Frauenpensionen gleich den Kopf in den Sand, will es erst gar nicht probieren. Eine konkrete Maßnahme, damit Frauen aus eigener Kraft im Alter mit einer eigenen Pen­sion leben können, gibt es nicht. Und das ist eigentlich sehr traurig. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man sagt, Frauen, habt keine Angst, es gibt schon einen Mann, der sich um euch kümmert, euer Ehemann oder Vater Staat, ist das nicht meine Vorstellung von Selbstbestimmtheit. Wir müssen Frauen die Möglichkeit geben, sich ihre eigene Pen­sion erarbeiten zu können, damit sie im Alter selbstbestimmt leben können und nicht in Abhängigkeit von einem Mann leben müssen. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

13.02

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Ragger. – Bitte, Herr Abgeordneter.