9.55

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Kollege Rosenkranz, intel­lektuell bleibt grundsätzlich immer Platz für Kritik. (Abg. Rosenkranz: Da nicht mehr!)

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es geht ja im Wesentlichen bei diesen ganzen Materiengesetzen darum, dass wir die DSGVO europarechtskonform in Österreich umsetzen. Dabei gibt es zwei Dinge, die aus meiner Sicht wichtig sind: einerseits, dass wir es europarechtskonform machen, und andererseits, dass wir das Datenschutz­niveau, das wir jetzt haben, nicht unterschreiten.

Wenn wir diese Schutzstandards unterschreiten, dann sehe ich dabei ein grund­legen­des Problem. Frau Kollegin Gamon hat schon angesprochen, wo da die Problematik im Bereich von Wissenschaft und Forschung liegt. Es gibt noch einen anderen Teil, wo es aus meiner Sicht sehr problematisch ist, das ist der Bereich des Inneren, das heißt das, was das Innenministerium zu verantworten hat, denn auch dort wird pauschal das Widerspruchsrecht ausgeschlossen. Das wird jetzt mit einem Abänderungsantrag zum Sicherheitspaket dazu gebracht, es ist aber irrelevant, wo es beschlossen wird. Fakt ist: Auch dort wird pauschal das Widerspruchsrecht ausgeschlossen.

Worum geht es bei diesem Widerspruchsrecht nach der DSGVO? – Es geht darum, dass eine Person bei an und für sich rechtmäßig verarbeiteten Daten im Nachhinein, wenn sie ein besonderes Interesse vorbringt, widersprechen kann, sie diese Verar­beitung auch stoppen kann. Das ist etwas, was die Europäische Union, das Euro­päische Parlament zum Glück mit der DSGVO beschlossen hat, und das wollen Sie hier pauschal ausschließen. Das halte ich für grundsätzlich problematisch.

Vor allem wird genau das passieren, was Frau Kollegin Gamon vorher schon ange­sprochen hat, nämlich dass der Europäische Gerichtshof irgendwann einmal sagen wird, wir sind nicht auf dem Level, das die DSGVO vorsieht, und wir verhalten uns nicht europarechtskonform! Das ist ein grundlegendes Problem. (Beifall bei NEOS und Liste Pilz sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Antrag der FPÖ, ganz kurz zu Elga: Frau Kollegin Povysil, ich verstehe Ihre Inten­tion. Das Problem ist, was Sie damit zugeben, nämlich dass das Gesetz, das Sie hier vorschlagen, nicht dem Datenschutzniveau genügt, das wir eigentlich brauchen wür­den, und deswegen tun wir uns auch einigermaßen schwer, dem zuzustimmen. (Zwi­schenruf des Abg. Deimek.)

Vielleicht noch ein paar Worte zum Datenschutz-Deregulierungs-Gesetz. Kollege Noll hat vorher mit „Pallawatsch“ den richtigen Begriff verwendet. Wir stehen aufgrund dieser eigentümlichen Situation, die hier am Schluss zwischen ÖVP, FPÖ und SPÖ zustande gekommen ist, vor einem ziemlichen Scherbenhaufen. Wir werden einerseits dieses skurrile Spezifikum in Österreich weiter haben, dass juristische Personen ein Grundrecht auf Datenschutz haben, was aber umgekehrt der DSGVO widerspricht, und kein Mensch wird wissen, wie man es entsprechend anwendet.

Wir haben die Diskussion, die ja die SPÖ und auch wir als NEOS eingebracht haben, betreffend die mandatsunabhängige Verbandsklage. Man kann das Ganze auch weniger klassenkämpferisch als der Kollege Wittmann argumentieren, denn es geht weniger darum, den bösen internationalen Konzernen etwas Böses zu tun (Abg. Wittmann: Aber auch!), sondern es geht darum, das Grundrecht auf Datenschutz für den Einzelnen leichter durchsetzbar zu machen.

Liebe ÖVP, ich kann Ihnen sagen, ich verstehe, wenn Sie aus Sicht der Wirtschaft sagen, Sie hätten Sorgen. – Das Problem ist, dass die österreichische Wirtschaft, die öster­reichischen Unternehmen sich hier gar keine Sorgen machen müssen, denn es geht nicht darum, dass irgendwie Schadenersatz eingeklagt wird, es geht im Übrigen auch kaum darum, dass österreichische Unternehmen davon betroffen sind, denn es richtet sich gegen Facebook und andere Unternehmungen, sondern es geht aus­nahmslos darum, dass objektive Rechtsverletzungen im Datenschutz auch abstrakt von Datenschutz-NGOs entsprechend verfolgt und festgestellt werden können. (Beifall bei NEOS und Liste Pilz sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine der absurdesten Ausformungen, die wir am Schluss jetzt hier haben, ist, dass wir auch die Kompetenzverteilung im Datenschutz nicht regeln können, was mir persönlich sehr wehtut. Man muss sich vorstellen, das kleine Österreich hat neun unterschiedliche Datenschutzgesetze! Sie heißen teilweise anders, aber offensichtlich ist der Daten­schutz in Niederösterreich anders gewertet als der in der Steiermark oder der in Vorarlberg. (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Das wissen wir eh!) Das ist etwas völlig Absurdes. Das hätten wir regeln können, Sie haben es gemeinsam nicht geschafft.

Besonders problematisch wird es jetzt für die Bundesländer, nämlich die, die noch nichts vorbereitet haben, denn die werden sich ab dem Zeitpunkt, ab dem die DSGVO gilt, anschauen, und wir werden nicht ganz wissen, wie wir das machen sollen. Was dabei am Schluss unter die Räder kommt, und das finde ich besonders bedauerlich, sind der Datenschutz und die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei NEOS und Liste Pilz sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Niss. – Bitte.