13.44

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Ich bin in der glücklichen Situation, dass es mir selbst noch nie passiert ist, aber mir haben Leute, bei denen daheim schon einmal eingebrochen wor­den ist, erzählt, dass das wirklich Ungute daran nicht einmal so sehr der materielle Schaden ist, weil irgendetwas entwendet worden ist oder Fenster oder Türen kaputt waren, sondern das wirklich Ungute daran ist, dass man das Gefühl nicht los wird, dass ein Fremder im eigenen innersten Privaten gewesen ist – jemand, der zum Bei­spiel über ein Schlafzimmerfenster eingebrochen und mit den Schuhen über das Bett gestiefelt ist, oder jemand, der in den Sockenschubladen oder den Dokumenten nach irgendwas gesucht hat, der einfach in privatesten Dingen herumgesucht hat. Das geht so weit, dass Leute so etwas über Jahre nicht überwunden und die Wohnung ge­wechselt oder sie zumindest neu möbliert haben, weil sie dieses Gefühl, da war ein Fremder im eigenen innersten Privaten, einfach nicht ausgehalten haben.

Das, was Sie mit dem Bundestrojaner vorhaben, ist einfach noch eine Klasse schlim­mer: Der Staat verschafft sich einfach die Möglichkeit, meine intimsten Gedanken, meine Urlaubsfotos, meine medizinischen Befunde, meine Tagebücher, meine wissen­schaftlichen Arbeiten, alles, was ich in meiner Cloud gespeichert habe, anzuschauen, zu überprüfen. (Ruf bei der ÖVP: Sie haben ja nichts zu verbergen!) – Was heißt, es passiert mir nichts, ich habe ja nichts zu verbergen? Bin ich vielleicht eine Kriminelle, die etwas zu verbergen hat? – So ein gescheiter Einwand! Da bin ich jetzt ja wirklich sehr froh über diese unglaubliche Intelligenz, die da zutage tritt – wirklich wahr!

Wissen Sie, das Problem ist einfach Folgendes: Ich habe heute in der Früh nach­ge­rech­net, ich habe seit ungefähr 23 Jahren ein Handy. Ich habe 23 Jahre lang die Daten vom ersten Handy aufs zweite Handy, aufs dritte Handy, aufs vierte Handy und so weiter übertragen und in dieser Zeit, seit ich ein Handy besitze, etwas über 8 000 Kon­takte gespeichert. Das sind meine Familie, enge Freunde, Bekannte, WegbegleiterIn­nen, KollegInnen. (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Das sind Leute aus Favoriten, die einen Rat zum Thema Wohnung, Job, Kindergarten oder sonst irgend­etwas haben wollten, Leute, die ich irgendwo auf dieser Welt getroffen habe, und Leute, die ich heute auf der Straße nicht mehr erkennen würde, zu denen ich jahrzehn­telang keinen Kontakt gehabt habe. Es ist aber möglich, dass auch diese Leute noch meine Kontaktdaten in ihrem Handy haben. Wenn die jetzt Gefährder werden oder die Polizei glaubt, sie wären Gefährder, dann bin ich schon mit dabei, und es gibt die Mög­lichkeit, dass die Sicherheitsbehörden meine intimsten Gedanken, meine Urlaubsfotos, meine medizinischen Befunde, meine Tagebücher, meine wissenschaftlichen Er­kenntnisse, alles, was ich in meiner Cloud gespeichert habe, einsehen können. (Abg. Rosenkranz: Das macht doch das Gericht!) – Das gehört nicht zur Strafverfolgungsbehörde? Das Gericht ist keine Strafverfolgungsbehörde? – So weit zu Ihrem Verständnis!

Dieses Überwachungspaket, sehr geehrte Damen und Herren, bringt nicht mehr Sicherheit, es bringt ein Mehr an Verunsicherung für ganz, ganz viele. Es nimmt uns eine ganze Menge Grund- und Menschenrechte, und – es ist schon gesagt worden – es kann sogar Daten in meinem Handy, Tablet, PC ablegen – Daten, bei denen ich mir dann sehr schwertun werde, je zu beweisen, dass sie nicht von mir sind, auch wenn sie illegal sind, auch wenn sie kriminell sind.

Wissen Sie, ich mag keine Hacker und keine Datenknacker in meinem Handy, in meinem PC, in meinem Tablet, weder kriminelle noch staatliche. Ich mag die alle nicht bei mir daheim haben. Glauben Sie mir: Internationale Drogenkartelle, global tätige Menschenhändlerringe und sonstige Illegale, wie die Mafia, werden kein Problem damit haben – die machen jedes Jahr mit illegalen Geschäften Milliarden an Umsätzen –, sich eine Software und neue Technologien zu beschaffen, bei denen diese Gesetze nicht greifen. Sie werden weiterhin miteinander kommunizieren und das ausmachen können, was sie brauchen, um ihren illegalen Tätigkeiten nachzugehen. Es wird dazu kommen, dass es ein technisches Hochrüsten auf beiden Seiten gibt, beim Staat und bei den Kriminellen, und wir in der Mitte stehen. Wir als Zivilgesellschaft, als Bürge­rin­nen und Bürger, stehen in der Mitte, und unter die Räder kommen unsere Menschen­rechte, unsere Grundrechte, unsere Privatsphäre, unser Telefongeheimnis, unser Brief­geheimnis und vieles, vieles mehr.

Ich halte es für verrückt, nicht zu evaluieren, was wir bislang mit den bisherigen Me­thoden und gesetzlichen Möglichkeiten machen können, bevor wir eine absolut unpro­portionale weitere Maßnahme beschließen, die wir in Zukunft einsetzen können. (Abg. Schieder macht die Rednerin durch eine Geste auf die Redezeit aufmerksam.) – Wir haben eh keine Redezeit beschlossen.

Es erinnert mich sehr an das Bild, mit dem ein Insider diese Vorgangsweise verglichen hat: Wenn ein Polizist eine Dienstpistole hat und bei den Schießübungen nicht trifft, dann gebe ich ihm einfach eine Maschinenpistole in die Hand, dann wird er schon ein­mal treffen. – Aus meiner Sicht ist dieses Überwachungspaket mehr als unver­ant­wortlich. (Beifall bei der SPÖ.)

13.49

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Ofenauer zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen. Bitte.