9.59

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Nicht anwesender Herr Bundeskanzler Sebastian Kurz! Das Rechnen ist für die ÖVP schwierig, habe ich festgestellt. Heute, Herr Europaminister, ist es Ihnen gelungen, Ihre Position einmal richtig darzustellen. Sie haben sich – und das steht auch in der Regierungserklärung so drinnen – dafür entschieden, dass das EU-Budget nicht mehr als 1 Prozent des Bruttonationalproduktes aller EU-Staaten ausmachen soll.

In den letzten Tagen – (in Richtung Bundesminister Blümel, der mit einem Mitarbeiter spricht) Bitte, hören Sie mir jetzt zu! Jetzt geht es um etwas ganz Wichtiges, Herr Europaminister! (Beifall bei der Liste Pilz) – haben Sie wiederholt davon gesprochen, dass der Anteil der Republik nicht mehr als 1 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen soll – der Anteil der Republik! Schauen Sie mich nicht so an (in Richtung Bundes­minister Blümel, der ihn fragend ansieht), das haben Sie in Brüssel gesagt!

Heute haben Sie offensichtlich Ihr Briefing richtig gelesen und richtig wiedergegeben – ich gratuliere Ihnen. Aber das Rechnen ist trotzdem sehr schwierig. Die Position der ÖVP und auch der FPÖ war immer folgende: Wir wollen weniger ins EU-Budget einzahlen, dafür wollen wir aber mehr Mittel herausziehen. Als Beispiel dafür wurde immer der Schutz der Außengrenzen genannt. Als weiteres Beispiel – da hat sich Frau Elisabeth Köstinger sehr hervorgetan – wurde immer die Landwirtschaft hervorge­hoben. Für die Landwirtschaft darf es in Summe natürlich nicht weniger Mittel geben. Sie hat dann nicht zwischen der großen Agroindustrie und den Direktzahlungen und den vielen Kleinbauern im ländlichen Raum differenziert – nein. Dort, wo es um Exis­tenzen geht, hat sie gesagt, darf schlicht und einfach nicht gekürzt werden. Bei der Min­destsicherung in Österreich, dort darf schon gekürzt werden. – Da geht es aber auch um Existenzen.

Wenn – und jetzt komme ich zum Ausgangspunkt zurück – das EU-Budget unver­ändert gegenüber dem bisherigen EU-Budget bleiben soll und ein potenter Zahler, nämlich Großbritannien, wegfällt, dann passiert Folgendes: Alle anderen Staaten müssen mehr einzahlen – no na, das ist eine ganz einfache Rechenübung. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Der Einzige in Ihrer Partei, der das richtig erkannt hat, Herr Minister Blümel, das war der Abgeordnete des Europaparlaments Othmar Karas, der gemeint hat: Jeder muss mehr einzahlen, auch Österreich! (Abg. Rosenkranz: Bravo! – Abg. Gudenus: Das wäre ja nicht das erste Mal!) Dann, Herr Gudenus, ist Ihr Europaabgeordneter aufge­fahren und hat als Entgegnung zu Karas und Co gemeint: Der Alleingang von Karas und Co gegen österreichische Interessen ist kontraproduktiv! – Geht es beim EU-Budget und beim EU-Finanzrahmen jetzt um österreichische Interessen, oder geht es um europäische Interessen? (Abg. Kassegger: Das ist kein Widerspruch! – Abg. Gudenus: Um österreichische Interessen bei den Beitragszahlungen!) Selbstver­ständlich ist das ein Widerspruch. Es geht beim EU-Budget um Programme, die allen und nicht nur Österreich zugutekommen. (Beifall bei der Liste Pilz sowie bei Abge­ordneten von SPÖ und NEOS.)

Das, was Sie hier vertreten, ist ein antieuropäischer Standpunkt, und die ÖVP fährt in diesem Fahrwasser mit. Ja, sie spielt halt auf der Klaviatur des Nationalismus. Ich halte das für eine äußerst schädliche Haltung. (Abg. Neubauer: Sie haben eine antiöster­reichische Haltung!) Sie setzt damit den europäischen Mehrwert und überhaupt die Zukunft der Europäischen Union aufs Spiel.

Wie sollte man eigentlich vorgehen, wenn man sich der Frage nähern will, wie viel denn Österreich und alle anderen ins EU-Budget einzahlen sollen? Da geht es nicht darum, ein paar Nettozahlerstaaten zu gewinnen. Sie haben einige genannt, Herr Europaminister: Niederlande, Schweden, Dänemark und Finnland. – Das sind mit Österreich fünf, fünf von 27. (Bundesminister Blümel: Deutschland auch!) Das heißt, die Mehrheit hat sich für eine ganz andere Position ausgesprochen, hat sich dafür ausgesprochen, mehr Mittel in die europäische Position einzuzahlen. (Abg. Wöginger: ... für die Minderheit!)

Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie mit Ihrer Haltung, im System einzusparen, die Ausfälle Großbritanniens kompensieren können, so kann ich Ihnen nur entgegnen: Das ist lächerlich, Herr Europaminister! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.) Angesichts der Herausforderungen, vor denen die Europäische Union steht, brauchen wir mehr Geld für den europäischen Haushaltsrahmen, nicht weniger, son­dern mehr – mittelfristig sowieso, denn eine Währungsunion – das zeigen die USA – kann nicht mit einem Budget leben, das nur 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens aller europäischen Staaten beträgt.

Was sind die Herausforderungen? – Die Herausforderungen sind Forschung und Inno­vation – also ein Zukunftsbereich –, der Klimaschutz, die Digitalisierung. Aber auch im Bereich der Arbeitslosigkeit gibt es viel zu tun, Stichwort Jugendarbeitslosigkeit.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusswort, bitte!

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Ich komme sofort zum Schluss­wort.

Angesichts dieser Herausforderungen halte ich es für verantwortungslos, für einen europäischen Haushalt einzutreten, der auf Kürzungen abgestellt ist. Das ist keine proeuropäische Haltung. (Beifall bei der Liste Pilz.) Besinnen Sie sich auf Alois Mock, der stets eine proeuropäische Haltung hatte, solange er Vizekanzler gewesen ist! (Abg. Gudenus: Das ist das österreichische Parlament hier! Wir vertreten Österreich!) Aber das, was Sie hier machen, entschuldigen Sie, mit Verlaub, das ist erbärmlich. (Beifall bei der Liste Pilz.)

10.04

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bevor ich dem Abgeordneten Strasser das Wort erteile, darf ich die Schülerinnen und Schüler der privaten Neuen Mittelschule Linz bei uns im Hohen Haus herzlich willkommen heißen. (Allgemeiner Beifall.)