11.15

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Löger! Herr Minister Blümel! Herr Minister Blümel, dass die Grünen seit 1995, seit dem EU-Beitritt, eine proeuropäische Haltung einge­nommen haben, ist Ihnen entgangen. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Offenbar haben Sie 22 Jahre – das heißt einen Großteil Ihres Lebens – verschlafen. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Blümel. – Zwischenruf des Abg. Gudenus.)

Sie haben gesagt, Herr Minister Blümel (Abg. Winzig: Das hat er ja nicht gesagt! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) – na ja, ist wohl so (Abg. Neubauer: Sie sind mit den Grünen aber gescheitert! – Zwischenruf des Abg. Strasser) –, dass Google und Facebook ihre Steuern zahlen sollen. – Ich sage darauf: Sie tun es aber nicht. Das Faktum, das wir beobachten können, ist, dass die Kleinen zahlen, womit sie auch den Wohlfahrtsstaat alimentieren, und die Großen es sich richten. Nehmen wir nur ein einfaches Beispiel her, eine Buchhändlerin in Graz oder Klagenfurt. Diese zahlt natürlich brav ihre Steuern. Zahlt aber Amazon in Österreich Steuern? – Umsatzsteuer ja, aber keine Körperschaftsteuer.

Und Sie von der ÖVP, namentlich die Finanzminister von der ÖVP, beginnend mit Grasser bis hin zu Herrn Minister Schelling – Sie, Herr Löger, lasse ich einmal außen vor, Sie sind noch zu kurz im Amt –, haben eine Willkommenskultur für Steuerflücht­linge betrieben. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Sie können nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ratspräsidentschaft nutzen, um diese Willkommenskultur umzukehren. Sie können die Gunst der Stunde dafür nützen, um in Europa eine Politik einzuleiten, die dazu führt, dass nicht nur die Kleinen, sondern insbesondere die Großen Steuern zahlen. Steuergerechtigkeit ist angesagt! Ihre Aufgabe wäre es also – und das sage ich zum nicht anwesenden Herrn Bundeskanzler –, sich endlich um die Schließung der Steuerfluchtrouten zu kümmern. Das sollte ihm ein großes Anliegen sein.

Nun aber zum Thema Nummer eins des heutigen Tages: Es gibt einen Ministerrats­beschluss, das Ceta-Abkommen in den kommenden Wochen durch dieses Haus zu peit­schen.

Ich beginne vielleicht mit einem Zitat des Herrn Vizekanzlers Strache vom 20.9.2017. Damals hat er im Plenum versprochen, dass Sie „nach dem 15. Oktober selbstver­ständlich vehement für diese verbindliche Volksabstimmung“ – heißt es da wieder (Zwi­schenruf der Abg. Schimanek) – „zu CETA, TTIP, aber auch zu künftigen anderen Freihandelsabkommen [...] eintreten werden!“ Und dann spricht er davon, dass beide Abkommen klassische Produkte des Raubtierkapitalismus sind, wobei er an den damaligen Kanzler Kern gewendet gesagt hat, dass dieser sich ja gerne mit diesen umgebe.

Meine Damen und Herren von der FPÖ, mit diesem heutigen Ministerratsbeschluss und mit dem kommenden Beschluss im Plenum haben Sie einen Umfaller der Son­derklasse an den Tag gelegt. (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ.)

Wenn Sie, Herr Rosenkranz – er ist nicht im Saal, er lauscht ja nicht einmal der Debatte (Zwischenruf bei der FPÖ) –, heute im „Morgenjournal“ die Zuhörerinnen und Zuhörer davon überzeugen wollten, dass dieses Abkommen etwas anderes ist und dass diesem Abkommen die Giftzähne gezogen worden sind (Abg. Zanger: Das ist richtig!), dann kann ich Ihnen nur entgegnen: Was für ein Irrtum! (Abg. Haider: Lesen Sie es mal!)

Bei diesem Abkommen, Herr Kollege Haider – da können Sie noch tausendmal mit Anschuldigungen in Richtung SPÖ ablenken –, sind Sie umgefallen! (Abg. Haider: Lesen Sie es!) Sie wollen nun ein Abkommen ratifizieren, das im Wesentlichen diesel­ben Giftzähne wie im vorigen Jahr enthält. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Sie sind diejenigen, die die vielen Unterschriften des Volksbegehrens zu Ceta, TTIP und Tisa ignorieren (Zwischenruf des Abg. Rosenkranz), obwohl Sie eine Volksab­stimmung gefordert haben. Wenn ich mich richtig erinnere, war es sogar auch Ihr Vizekanzler Strache, der das unterschrieben hat – aber das ist ja heute alles wurscht. (Zwischenruf der Abg. Winzig.)

Heute geht es einfach darum, dass man gegen die Interessen der Kleinen, die Sie ver­raten haben – im Übrigen nicht das erste Mal –, eine Politik zugunsten der Groß­kon­zerne macht; eine Politik zugunsten der Großkonzerne, obwohl Umfragen zeigen, dass 75 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher gegen die Ratifizierung dieses Abkommens sind.

Meine Damen und Herren von der FPÖ, aber auch meine Damen und Herren von der ÖVP, nehmen Sie die Bedenken der Menschen ernst! Fahren Sie nicht mit der Ratifi­zierung eines Abkommens, das niemand will, über die Menschen drüber! Beachten Sie die Interessen der Menschen und betreiben Sie nicht ausschließlich Politik für Groß­konzerne! – Danke sehr. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.20

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist das Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Othmar Karas zu Wort gemeldet. – Bitte.