11.53

Abgeordnete Doris Margreiter (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten und auf der Galerie! Sie kennen sicherlich das alte Sprichwort: Wer zahlt, schafft an. Und man muss dieser Regierung wirklich gratulieren, denn sie lebt diese Maxime in allen Facet­ten ihrer täglichen politischen Arbeit, aber schauen wir uns das einmal ein bisschen genauer an.

Die Europäische Union ist ein einzigartiges Friedensprojekt. Sie eröffnet die Chance, dass wir als Europäerinnen und Europäer Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gemeinsam lösen, dass wir uns gemeinsam Gedanken machen zu Themen wie Klimawandel, zu mehr Wohlstand für alle und zu einer gerechten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

Apropos gerecht, gerecht ist ein wichtiges Stichwort: Gerecht wäre nämlich auch, dass europaweit agierende Konzerne Steuern wie die Körperschaftsteuer dort abführen, wo die Gewinne erwirtschaftet werden. So hat sich das EU-Parlament im März dafür ausgesprochen, dass es ein europaweit einheitliches und faires System dazu braucht. Was wir aber sehen, ist, dass unser Finanzminister und die Regierung Kurz diese Beschlüsse systematisch blockieren und dass schon jetzt, kurz bevor wir im zweiten Halbjahr 2018 die Ratspräsidentschaft übernehmen, abzusehen ist, dass es inhaltlich dann sicherlich nur um Flüchtlinge, Grenzschutz und Terror gehen wird. Darauf stehen die Boulevardzeitungen, und worauf die Boulevardzeitungen stehen, darauf steht auch diese Regierung, wie sich zeigt – so viel zum Thema Populismus.

Die wahren Flüchtlinge, haben wir heute schon gehört, sind nämlich die Steuerflücht­linge. Die kosten uns ein Vielfaches von dem, was die Flüchtlinge kosten, die Sie immer bekritteln. Während etwa Google weiterhin nur 0,27 Prozent seiner Gewinne in der EU tatsächlich versteuert, werden in Österreich weitere Steuergeschenke verteilt, und die Körperschaftsteuer auf nicht entnommene Gewinne wird auf null gesetzt. Da sagen die größten Unternehmen in diesem Land natürlich Danke. Man darf davon ausgehen, dass dieses Steuergeschenk die Menschen bis zu 6 Milliarden Euro kosten wird.

Erzählen Sie mir nicht, dass es da um Investitionen und um das Ankurbeln der Wirt­schaft geht! Ich komme selbst aus der Wirtschaft. (Abg. Höbart: Aus der Planwirtschaft vielleicht!) Sie sind es nämlich gewesen, die uns beim Budget vor einem Monat erzählt haben, dass es in Zeiten der Hochkonjunktur keine Investitionszuwachsprämie mehr braucht. (Abg. Höbart: Wenn man die Arbeiterkammer als Wirtschaft bezeichnet, dann ja!) Die wurde nämlich ausgesetzt wie viele andere Maßnahmen, die den KMUs geholfen hätten, die gute Auftragslage auch in nachhaltiges Wachstum umzusetzen.

Was macht diese blau-schwarze Regierung, anstatt Waffengleichheit am Markt herzu­stellen? – Sie baut Steuerprüfer ab, Hunderte Stellen werden nicht mehr nachbesetzt, und die haben schon jetzt nicht über zu wenig Arbeit zu klagen. Die Folge ist klar: Die schwarzen Schafe kommen noch leichter davon. Die haben aber auch recht fleißig in Sie investiert, denn, wir erinnern uns: Wer zahlt, schafft an.

Und jetzt – und das ist wirklich der Gipfel der Dreistigkeit – sitzt auch die FPÖ da und kämpft plötzlich für Ceta. Die FPÖ hat vor der Wahl noch für die Österreicher gekämpft, für das Volk – eh klar –, und genau dieses Volk, das sie gewählt hat, wird sich ganz sicher recht herzlich bedanken, wenn durch die Einführung von Schieds­gerichten künftig die Konzerne in Österreich das Sagen haben werden und nicht mehr die Regierung. (Abg. Winzig: Es werden keine Schiedsgerichte eingeführt!) Da können Sie noch so oft etwas anderes behaupten, das ist ganz klar so und auch anhand der Fakten nachvollziehbar. (Abg. Winzig: Nein, das stimmt nicht!)

Kommen Sie nicht immer mit dieser Leier, mit dieser hängenden Schallplatte, dass die SPÖ diesem zugestimmt hätte! Die SPÖ hat immer ganz klar und deutlich gesagt, dass wir an eine Ratifizierung hier im Parlament Bedingungen knüpfen, das war immer klar. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe auch gehört, wir hätten es beschlossen. Es ist überhaupt nichts beschlossen. Sie haben es heute im Ministerrat beschlossen, und Sie werden es in dieser Legis­laturperiode hier in diesen Räumlichkeiten unter Schwarz-Blau beschließen. Und das ist wirklich ein Wahnsinn, denn Sie, liebe FPÖ, mit Ihrem Vizekanzler Strache haben Ihre Österreicher, wie Sie sie immer bezeichnen, hinters Licht geführt und an Brüssel verkauft. Und genau das haben Sie immer bei allen anderen angeprangert – so viel dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, worum es in einem sozialen Europa, in einem Europa, das ein solch gran­dioses Friedensprojekt ist, wirklich geht? – Es geht um fairen Handel – haben wir heute auch schon gehört – und nicht um bedingungslosen freien Handel. Exporte nach und Im­porte aus Kanada hat es auch jetzt schon gegeben, also tun Sie nicht so, als ob es dann, wenn Ceta nicht umgesetzt wird, kein wirtschaftliches Zusammenarbeiten mehr gäbe!

Es geht auch darum, dass wir Lohn- und Sozialdumping bekämpfen, dass wir dafür sorgen, dass es faire Löhne für Leistung gibt, die Sie ja stets fordern, aber an dieser Stelle gehört auch noch einmal gesagt: Sie wollen dieses Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, das wir in Österreich 2011 im Zuge der Ostöffnung geschaffen haben, auch wieder zurückfahren, und zwar so, dass wieder die Konzerne davon profitieren und die kleinen Unternehmen auf der Strecke bleiben. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Diese Position vertreten Sie übrigens auch in der EU. Sie wollen sich die Kontrolle unter den Nagel reißen und künftig bestimmen, wer kontrolliert wird und wer nicht.

Wir erinnern uns wieder daran: Wer zahlt, schafft an. Das ist nicht im Sinne der arbei­tenden Menschen in diesem Land, sage ich Ihnen. Natürlich gibt es auch in Konzernen arbeitende Menschen. Das hat keiner so gewollt, aber Sie haben es so gewollt ...

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen zum Schlusssatz kommen, bitte!

Abgeordnete Doris Margreiter (fortsetzend): ... und der, der Sie im Wahlkampf unter­stützt hat. Und damit gilt wieder: Wer zahlt, schafft an. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.