17.10

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (PILZ): Frau Präsidentin! Einen wun­der­schönen Nachmittag aus dem Hohen Haus, liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das, was die Regierung mit Ceta vorhat, das ist ein Verrat an der kleinteiligen österreichi­schen Landwirtschaft und an unserer Umwelt. Warum machen Sie das so?

Die Entscheidungen, die die Regierung in den letzten Wochen getroffen hat, die Sie als Abgeordnete mitgetragen haben, ergeben langsam ein klares, aber genauso ver­störendes Bild. Am Beispiel des Schweinedeals: Den Schweinedeal mit China haben Sie groß feiern lassen, den haben Sie in den letzten Tagen groß gefeiert. Warum? – Es ist Ihnen gelungen, mit China eine Abmachung zu treffen, wonach österreichisches Schweinefleisch frei nach China exportiert werden darf, und zwar genau die Teile, die hier in Österreich als Schlachtnebenprodukte gelten (Abg. Wöginger: Ohrwaschl!), also die Rüssel, die Öhrchen und die Schwänzchen. (Abg. Wöginger: Isst ja keiner daheim!) In China gilt das als Delikatesse.

Nun ist es aber so, dass genau diese Schlachtnebenprodukte von diesem Deal nicht betroffen sind, das heißt, es werden die guten Teile des Schweins nach China expor­tiert werden. Ceta verschafft da Abhilfe, denn durch Ceta können wir zukünftig billiges Schweinefleisch aus Kanada importieren, quer über den Erdball: Kanada–Österreich–China, Zehntausende Kilometer! Geht es noch umweltschädlicher, klimafeindlicher, absurder? – Es geht, bei den Investorenschutzklauseln. Diese ermöglichen es Kon­zernen, Staaten auf Schadenersatz zu klagen, wenn die nationale Gesetzgebung in irgendeiner Weise gewinnschädigend ist. (Abg. Winzig: Eben nicht! Eben nicht! Lesen Sie es einmal durch, bitte!) Das heißt, Ceta räumt ausländischen Investoren mehr Rechte als inländischen Investoren und inländischen Verbraucherinnen und Verbrauchern ein, und daran werden auch öffentliche Gerichte nichts ändern.

Die Umweltpolitik wird durch Ceta in großem Stile konterkariert, Umwelt-, Natur- und Tierschutzstandards können damit unterlaufen werden. Umwelt- und Klimaschutz müssen vor Investorenschutz stehen, bei Ceta aber steht der Investorenschutz vor Umwelt- und Klimaschutz. Herr Abgeordneter Haider, Sie haben vorhin geflissentlich aus Dokumenten vorgelesen, die besagen sollen, dass nationale Tierschutzstandards, Naturschutzstandards und so weiter durch Ceta nicht gefährdet werden. Das haben auch Sie gesagt, Herr Strache. (Abg. Winzig: Stimmt auch!) Das Dokument, aus dem Sie vorgelesen haben, ist eine Zusatzerklärung zu dem Vertrag (Abg. Winzig: Das Gleiche steht im Ceta-Abkommen! Lesen Sie den Ceta-Vertrag!), der sich dadurch nicht ändert, das heißt, diese Zusatzerklärung kann nie mehr als ein politisches Be­kenntnis sein – was ja gut wäre (Zwischenruf des Abg. Haider), könnte man es Ihnen glauben, dass Sie es ernst meinen; aber aufgrund Ihres aktuellen Umfallers mag man Ihnen das nicht so glauben.

Ich muss eingestehen, Ihr Verhalten in Bezug auf Ceta, liebe FPÖ, fasziniert mich. Ich habe noch niemanden gesehen, der gleichzeitig Rolle rückwärts, Kopfstand und Purzelbaum machen kann, alles auf einmal, und dieses Kunststück ist Ihnen gelungen. Noch im November 2017, Herr Bundesminister Strache, forderten Sie eine Volksab­stimmung zu Ceta. Heute Morgen ist die FPÖ treu ihren Regierungseheverpflichtungen nachgekommen (Zwischenruf des Abg. Deimek) und hat gemeinsam mit ihrem Regierungsehepartner, der schwarzen Witwe mit den pinken Fingernägeln, für die Ratifizierung des Ceta-Abkommens gestimmt (Beifall bei der Liste Pilz und bei Ab­geordneten der SPÖ) – ein großes turnerisches Kunststück, allerdings: Wer die Rolle rückwärts, Kopfstand und Purzelbaum gleichzeitig zusammenbringt, kann kein Rück­grat haben.

Norbert Hofer von der FPÖ hat am 16. September 2014 noch gesagt, „die österreichi­sche Bevölkerung hat ein Recht auf Selbstbestimmung und will keine Diktatur von Großkonzernen und Lobbyisten“. – Hat sich seine Meinung deshalb geändert, weil Sie eben jetzt diese Regierungsehe eingegangen sind, mit einer Partei der Großkonzerne und Lobbyisten? Gesellen Sie sich nun auch gerne zum Futtertrog dieser Konzerne, über die Sie, die FPÖ, einst gewettert haben? Manche würden das als scheinheilig bezeichnen (Abg. Wurm: Na! Na! – Abg. Loacker: „Scheinheilig“ ist normal ein Ordnungsruf! – Abg. Schimanek: Für „scheinheilig“ habe ich einen Ordnungsruf ge­kriegt!) Ich tue das nicht, denn erstens kauft Ihnen den Schein niemand ab, und heilig werden Sie auch nicht mehr. Ich nenne das Verrat: Verrat an den eigenen Prinzipien, Verrat an Ihren Wählerinnen und Wählern und im Endeffekt Verrat an der österreichi­schen Bevölkerung. (Abg. Winzig: Das täte ich einmal in der eigenen Partei disku­tieren!)

Wir von der Liste Pilz fordern eine Volksabstimmung, der logische nächste Schritt nach 560 000 Unterschriften beim Volksbegehren gegen TTIP, Ceta und Tisa. Lassen wir in dieser Sache den Souverän, das österreichische Volk, entscheiden, es hat sehr oft recht! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.16

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker ist der nächste Redner. – Bitte.