14.12

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Es ist ja hier beim Versuch, möglichst viel politischen Schaden anzu­richten, einiges zusammengekommen, und ich möchte das eine oder andere gerne auf­greifen. (Abg. Bacher: Den Schaden haben Sie angerichtet! Ruf bei der SPÖ: Rück­tritt! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Strolz hat zugegebenermaßen in ambitionierter rhetorischer Mission versucht, das Bild Brechstange durch alles durchzutragen, wo er geglaubt hat, dass man es zur An­wendung bringen könnte. Es hat ein bisschen den Eindruck gemacht, als ob Sie in rhe­torischer Art und Weise mit der Brechstange unterwegs wären, Herr Kollege Strolz, denn letzten Endes ist es ja so, dass an Ihren Vorwürfen nichts dran gewesen ist. Es ist interessant, Sie sagten, wir wollten den Chef des BVT mit dieser Brechstange he­rausbrechen.

Tatsache ist, dass gegen den Chef des BVT – übrigens nach wie vor – einfach ein Ver­fahren läuft, und dies immerhin wegen eines Tatbestands, den man gemeinhin als Ver­brechen bezeichnet. Es ist nun einmal so, das habe nicht ich erfunden. Ich habe auch immer gesagt, ich habe nichts gegen Herrn Gridling, aber die Staatsanwaltschaft hat offensichtlich irgendetwas gegen ihn; deshalb wird er bis zum heutigen Tag als Be­schuldigter geführt. Ich habe es vor diesem Hintergrund, nämlich dass der Chef einer Behörde im Zusammenhang mit strafrechtlich relevanten Vorwürfen, die seinen Tätig­keitsbereich in der Behörde betreffen, als Beschuldigter geführt wird, für geboten ge­halten, gemäß den Bestimmungen des Beamtendienstrechts zunächst eine vorläufige Suspendierung auszusprechen, die dann in weiterer Folge von der unabhängigen Per­sonalkommission bestätigt worden ist. Das sind die Fakten.

Jetzt frage ich Sie, Herr Strolz – Sie sind ja ein großer Freund der Privatwirtschaft –: Was würde denn der Chef eines Sicherheitsunternehmens tun, wenn er weiß, dass maß­gebliche Mitarbeiter, die mit sehr sensiblen Dingen zu tun haben, strafrechtlich verfolgt werden und mit Vorwürfen konfrontiert sind, die den unmittelbaren Wirkungsbereich ih­rer Tätigkeit betreffen? Sie würden wahrscheinlich die Augen zumachen und die Ohren schließen, sich umdrehen und sagen: Nichts ist geschehen, ich habe keinen Hand­lungsbedarf! – Ich habe das anders gesehen, und zwar genau aus dem Grund: um an­dere Mitarbeiter, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, zu schützen, um für Sauberkeit und Ordnung in einer sensiblen Behörde zu sorgen, um das Vertrauen bei den Partnern, mit denen man zusammenarbeitet – da können Sie wieder das Bild der Firma hernehmen –, und das Vertrauen bei den Kunden herzustellen. So ist das!

Ich glaube, dass jeder, der sich ein bisschen mit unserer Rechtsordnung auskennt, ganz genau weiß, dass auch die Aufhebung einer Suspendierung nicht heißt, dass ei­ne Suspendierung gesetzwidrig war. Woher haben Sie diesen Blödsinn, muss ich Sie schon fragen. Es sitzen doch einige Juristen hier herinnen, die das schlicht und ergrei­fend besser wissen sollten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ehrlich gesagt, bin ich schon einigermaßen ernüchtert über die juristischen Kenntnisse auf der einen Seite (Ruf bei der FPÖ: Schlechte Juristen!) oder – ich sage es jetzt auch einmal in der gebotenen Schärfe – manchmal auch über die Skrupellosigkeit, mit der man gegen besseres Wissen vorgeht, in dem Versuch, irgendwo politisches Kapital für sich herauszuholen. Das ist einigermaßen ernüchternd, das muss ich Ihnen auch sa­gen, und ist nicht gerade ein Qualitätsnachweis für gute Oppositionsarbeit. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das war es also zum Punkt des versuchten Herausbrechens. Und wenn man dann sagt, um Gottes willen, ich habe, als die Suspendierung aufgehoben wurde - - Übri­gens bin ich manchmal vielleicht nicht der einzige Österreicher, der sich über das eine oder andere Urteil wundert, aber ich nehme es zur Kenntnis, ich nehme zur Kenntnis, was Gerichte in Österreich an Urteilen aussprechen; ich nehme es zur Kenntnis, ver­wundert darf man manchmal sein.

Wenn Sie sich fragen, warum ein weiteres Mal geprüft wurde: Na bitte, machen Sie sich die Mühe, es ist in der Datenbank, im RIS anonymisiert abrufbar – Sie werden es dort gleich finden –, lesen Sie dort die Seite 12 durch. Da gibt es geradezu die Emp­fehlung des zuständigen Verwaltungsgerichts, doch bitte noch einmal eine Prüfung vor­zunehmen, weil man ja nicht weiß, ob sich in der Zwischenzeit nicht etwas Neues erge­ben hat. Genau das habe ich getan, genau das ist es, was meiner Verantwortung im Zusammenhang mit dem BVT entspricht. Das steht da schwarz auf weiß drinnen, lesen Sie es nach! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn nichts herauskommt, dann nehme ich das zur Kenntnis, und Herr Gridling ist wie­der in Amt und Würden. So einfach ist das!

Das Zweite ist die Brechstange im Zusammenhang mit Daten, die wir uns gekrallt ha­ben: Herr Strolz und alle anderen, die nicht müde werden, das zu behaupten, das sind Daten, die immer im Besitz des Innenministeriums gewesen sind. Ich hätte nur dort in dieses Büro fahren müssen, hätte gesagt: Schalten Sie den Computer ein, geben Sie es mir!, überhaupt kein Problem, ich hätte sie gehabt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Leichtfried und Plessl.) Also warum soll man diesen Zirkus inszenieren, von dem Sie da ausgehen? Das ist doch absurd und zeigt, wie sehr Sie versuchen, etwas zu kons­truieren (Abg. Krainer: ... Pilnacek auch!), nur um mich irgendwie in ein schlechtes Licht zu rücken. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben uns also keine Akten gekrallt!

Sie haben zwei Vorteile: Sie können hier unter dem Deckmantel der Immunität – erster Vorteil – alles behaupten. Zweiter Vorteil: Ich stehe auch in der Pflicht, das Amtsge­heimnis zu wahren, und deswegen werde ich Ihnen morgen im geheimen Unteraus­schuss darlegen, warum bestimmte Dinge mitgenommen worden sind, und ich bin ge­spannt, ob Sie so seriös sind, das in Zukunft bei Ihrer Argumentation zu berücksich­tigen (Abg. Rosenkranz: Das glaube ich kaum! Seriös ist eine hohe Latte!), oder ob Sie es wieder vergessen haben, wenn Sie durch die Tür hinausgehen.

Das, was wir getan haben, ist, dafür zu sorgen, dass die Akten, die nichts mit dem Ver­fahren zu tun haben, schleunigst wieder zu uns zurückkommen. Das ist der Punkt. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Das ist unsere Pflicht, das haben wir getan, aber mir wird manchmal schwummerig, weil manches, was da gesagt wurde – von Frau Abge­ordneter Zadić beispielsweise –, ja fast darauf hinausläuft, dass man im Bereich des BVT, wenn es dort irgendwelche strafrechtlichen Dinge gibt, das am besten gar nicht verfolgt, denn – um Gottes willen! – da könnte irgendwo ein Akt hinausgetragen wer­den. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) – Na, so weit wird es wohl nicht sein, dass ir­gendwo im Bereich des Sicherheitsapparats ein rechtsfreier Raum herrscht. Oder wol­len Sie das haben? – Ich auf jeden Fall nicht! Auch dort muss Recht und Ordnung gel­ten, das sage ich Ihnen klipp und klar. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Ängste, die machen mir auch Sorgen, also wenn Leute ängstlich sind, aber mög­licherweise haben Sie eine falsche Interpretation, warum die Dame ängstlich gewesen ist. Da gibt es nämlich auch zwei Erklärungsmodelle, Sie haben nur eines vorgelegt. Ich finde es auch interessant, dass Sie sich jetzt um Leib und Leben von bestimmten Personen sorgen. Ich erinnere mich noch daran, dass Sie sich, als wir hier herinnen gewesen sind, mithilfe von Medien darüber lustig gemacht haben, dass bestimmte Tei­le des Aktes Verschlussakte und der Öffentlichkeit nicht zugänglich beziehungsweise von der Akteneinsicht ausgenommen gewesen sind, weil die Zeugen nämlich Angst um Leib und Leben gehabt haben. Da war das alles ganz witzig, jetzt plötzlich ist das alles ganz ernst zu nehmen. Auch das zeigt, dass Sie nicht seriös an diese Sache herange­hen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann möchte ich Kollegen Pilz zunächst einmal zur Blitzheilung ganz herzlich gratulie­ren; also wirklich, das würde sich jeder von uns wünschen, dass das so geht, noch dazu, wenn man nicht nur geheilt ist, sondern plötzlich auch in einem Dauerzustand der Immunität wieder munter wird, aber immerhin. Nur, Herr Pilz, Sie haben in den letz­ten Monaten und Wochen einiges versäumt; Sie müssen sich einlesen, denn wenn Sie sich eingelesen hätten, dann würden Sie wissen, dass vieles von dem, was Sie heute hier wie eine Drama Queen darzustellen versucht haben, schon längst aufgeklärt ist. So ist es ja. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Damit man sieht, wie dieses Modell funktioniert, sage ich Ihnen eines noch einmal: Ich habe zur Frage 28 nur gesagt, dass der Generalsekretär „am 21. Februar 2018 ohne jedwede Nennung von Einsatzdetails“ über einen möglichen Einsatz informiert hat – kein Wort von einem Datum, kein Wort vom Ziel dieses Einsatzes, kein Wort von gar nichts! Was macht Peter Pilz daraus, selbstverständlich unter Berufung auf anonyme Informanten aus der EGS, so wie immer, also anonym? – Er macht daraus eine Ver­schwörung, dass der Einsatz, der „Überfall“, wie Sie es bezeichnet haben – also wenn sozusagen der Rechtsstaat auf Anordnung der Staatsanwaltschaft aktiv wird, dann ist das ein Überfall –, schon eine Woche lang unter der Leitung eines Freiheitlichen im Ge­heimen geplant und vorbereitet wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier sehen Sie einmal, mit welcher Methode gearbeitet wird, und wir können uns darauf einstellen, dass das im Untersuchungsaus­schuss genau so weitergehen wird. Deswegen wundert es mich nicht, dass manche Leute ihre Sorge zum Ausdruck bringen, dass hier zum Beispiel Namen genannt wer­den. – Ja, diese Sorge kann ich nachempfinden, aber von uns gehen diese Dinge nicht hinaus, Herr Pilz; ich weiß nicht, ob Ihr Gewissen in diesem Zusammenhang so rein wie das meine ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas – auch das muss man der Bevölkerung einmal sa­gen –: Ich habe heute in meinen Ausführungen und in der Beantwortung klipp und klar darauf hingewiesen, dass diese Quellendatei und das Netzwerk Neptun zu keinem Zeit­punkt Aktenbestandteil gewesen sind. Das heißt, dass es keine Akteneinsicht gegeben hat und dass mit Ausnahme der ermittelnden Staatsanwältin niemand weiß, was dort drinnen steht – neben dem BVT, wo diese Unterlagen jetzt wieder sind. Trotzdem stel­len sich Abgeordnete, die das genau gehört haben – ich hoffe, Sie haben zugehört –, her und wiederholen genau den gleichen Vorwurf, den ich Minuten zuvor entkräftet ha­be. Also ich weiß nicht, was für eine Oppositionsarbeit das ist, seriös ist das auf keinen Fall, das darf ich Ihnen sagen (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP); dann können wir uns diese Veranstaltungen auch sparen.

Noch eine Sache: Ich kann den Personen, die Akteneinsicht haben, die Verantwortung nicht abnehmen. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Das kann ich nicht machen, aber ich sa­ge Ihnen – und das wissen Sie genauso gut wie ich –, dass alle Personen, die in die­sem Fall Akteneinsicht haben, das heißt Staatsanwälte, BVT-Mitarbeiter, die Vertreter der Beschuldigten, ganz genau wissen, wie sensibel das Material ist, mit dem sie es zu tun haben. Ich kann ihnen diese Verantwortung nicht abnehmen, sie liegt in ihren eige­nen Händen, und die entsprechende Regelung steht in der Strafprozessordnung, die im Übrigen dieses Haus beschlossen hat – und auch nicht ich. (Die Abgeordneten Vogl und Krainer: Redezeit!) Das Risiko, dass Informationen durch korrupte Leute irgendwo hinausgehen, werden wir niemals ganz eliminieren können. Das ist auch etwas, das man irgendwann einmal zur Kenntnis nehmen muss.

Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, Sie müssen jetzt Ihren Schlusssatz for­mulieren, denn Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl (fortsetzend): Es zu eliminieren könnten Sie nur dann bewerkstelligen, wenn Sie gleichzeitig die Akteneinsicht aufheben, was aber bedeuten würde, dass Sie ein faires Verfahren verunmöglichen, und ich hoffe, dass Sie das nicht wollen, so wie ich es nicht will. (Beifall bei der FPÖ.)

14.23

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr.in Irm­gard Griss. – Bitte.