10.07

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Blümel, Sie behaupten, im System und nicht bei den Menschen zu sparen. – Das ist falsch. (Ruf bei der ÖVP: ... Rossmann sparen!) In den Doppelbudgets, die Sie vorgelegt haben, wird im System nicht gespart. Sie be­haupten lediglich, dort 1 Milliarde Euro zu sparen. – Hören Sie mir bitte zu, Herr Minis­ter, und lesen Sie nicht auf Ihrem Handy! Sie können jetzt etwas von mir lernen. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Sehr wohl aber sparen Sie bei den Menschen. (Abg. Hafenecker: ... beim Rossmann sparen!) Nehmen wir einige Beispiele aus diesem Doppelbudget her: Sie sparen bei Flüchtlingen und Migranten. (Bravorufe bei der FPÖ.) Sie sparen bei der Integration. Sie sparen bei den Langzeitarbeitslosen, bei Menschen über 50 Jahren, die keine Beschäftigung mehr finden. Sie sparen durch die Indexierung der Familienbeihilfe bei Kindern, die im Ausland leben. Sie sparen bei der Mindestsicherung. (Bravoruf bei der FPÖ.) Sie sagen – oder genauer gesagt war das, glaube ich, Herr Kollege Wöginger –, dass Sie mehr Gerechtigkeit in die Mindestsicherung bringen wollen. Das schauen wir uns gleich einmal an.

Bevor ich das aber tue, möchte ich doch darauf hinweisen, dass es heute einen interessanten Artikel im „Standard“ gegeben hat. Eine neue Studie (Zwischenruf des Abg. Loacker) von Gabriel Zucman, einem der bedeutendsten Vermögensforscher, stellt fest, dass Österreich durch die Steuervermeidungspolitik von Großkonzernen jährlich 900 Millionen Euro an Steuereinnahmen entgehen. 900 Millionen Euro: Das ist fast so viel, wie wir in Österreich für die Mindestsicherung ausgeben! Und dort sparen Sie: Bei den ärmsten der armen Menschen sparen Sie.

Was macht unser Finanzminister? Was steht im EU-Ratsvorsitzprogramm im Hinblick auf die Bekämpfung von Steuervermeidung durch Großkonzerne? – Worthülsen, Herr Minister Blümel! Darüber werden wir ja morgen noch ausführlich diskutieren. Was war die erste Aktion des Herrn Finanzministers, als er zu seiner ersten Ecofin-Sitzung ge­fahren ist? – Er hat zugestimmt, die Liste der Steueroasen zu kürzen. – Das ist nicht neuer Stil, das, meine Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ, ist alte Politik! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Blümel, wenn Sie dann weiter behaupten, Sie entlasten Niedrigverdiener, so muss ich Ihnen sagen, auch das ist schlicht und einfach falsch. Ja, Sie verteilen viel Geld über den Familienbonus Plus, das ist richtig, aber Sie differenzieren zwischen jenen, die keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen, und jenen, die Lohn- und Einkom­mensteuer zahlen. (Abg. Winzig: ... eine Steuerentlastung!) Erstere Gruppe erhält einen Betrag von bis zu 250 Euro, letztere, also die Besserverdienenden, bis zu 1 500 Euro. Sind denn die Kinder jener Menschen, die keine Lohn- und Einkommen­steuer in diesem Land zahlen, nur ein Sechstel dessen wert, was Kinder von Bes­serverdienenden wert sind? (Abg. Winzig: Das ist aber schon polemisch! – Abg. Neubauer: Billige Polemik!) Das ist nicht neuer Stil, das ist alte Politik! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.) Schämen Sie sich für diese Politik, Herr Minister und meine Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ! (Abg. Neubauer: Billige Polemik!)

Herr Minister Blümel! Auch wenn Sie dann sagen, dass Sie die Niedrigverdiener über die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge entlasten, muss ich Ihnen sagen: Das ist schlicht und einfach falsch, denn Menschen mit einem Einkommen von bis zu 1 381 Euro zahlen schon bisher keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge. (Abg. Wöginger: Das sind jetzt noch mehr!) Ich verstehe also nicht, wie dadurch eine Entlastung der niedrigen Einkommen stattfinden soll.

Was Sie durch Ihre Politik machen, ist eine Umverteilung, eine unverschämte Umver­teilung vom unteren Einkommensdrittel zu den oberen Einkommensdritteln. (Zwischen­ruf des Abg. Wöginger. – Abg. Gudenus: Also zu Ihnen!) – Ich habe Ihnen gerade erzählt, wie die Geschichte ist. (Abg. Wöginger: Die ist aber falsch! – Abg. Winzig: Das ist falsch! – Abg. Rosenkranz: „Erzählen“ trifft es ...!) – Nein, Arbeitslosenver­siche­rungsbeiträge zahlen Menschen mit einem Einkommen von bis zu 1 381 Euro nicht. (Abg. Winzig: Und drüber? – Abg. Wöginger: Und dann? – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Ja das sind ja nicht die Menschen mit niedrigem Einkommen!

Wissen Sie, wie viele Millionen Menschen es in Österreich gibt, die weniger als 1 381 Euro verdienen? – Das sind drei Millionen Menschen in diesem Land, und die lassen Sie unter den Tisch fallen! (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ. – Anhaltende Zwi­schen­rufe bei der ÖVP.) Schämen Sie sich, Herr Wöginger! Schämen Sie sich für diese Politik, meine Damen und Herren von der ÖVP! (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Das ist Ihr neuer Stil, schämen Sie sich dafür! (Abg. Rosenkranz: Brauchen Sie ein Pulverl? – Abg. Wöginger: ... 17 000 Euro Einkommen!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Schlusswort bitte!

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Schämen Sie sich für die Politik, dass Sie Verkäufe von Immobilien im Fall von Holdingkonstruktionen von der Grund­erwerbsteuer freistellen! Das ist Klassenkampf von oben (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ), was Sie hier betreiben! – Vielen Dank, meine Damen und Herren. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.13

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Schwarz ist zu Wort gemel­det. – Bitte.