15.10

Bundesminister für Finanzen Hartwig Löger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Besucher auf der Galerie! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Frau Abgeordnete Gamon, Sie haben mich so persönlich angesprochen; um auch persönlich anzufangen, möchte ich Ihnen sagen, dass ich leider erst am 1. März 2018 die Chance gehabt habe, die erste Anfrage zu diesem Thema zu erhalten und zu beantworten. Wir haben am 27. April eine durchaus ausführliche Beantwortung sicher­gestellt, die, wie ich höre, für Sie nicht hundertprozentig befriedigend ist, die aber, glau­be ich, durchaus auf alle Themen eingegangen ist.

Ich erlaube mir, für die Debatte die wesentlichen Punkte daraus vorweg zusammenzu­fassen. Wir haben zwei große Themenfelder, die in dieser Anfrage angesprochen wur­den. Das eine große Thema steht in Verbindung mit der Fragestellung der Aufsicht: Wie gehen wir mit diesen Themen – auf der einen Seite die Kryptowährungsthematik und auf der anderen Seite letztendlich die Gesamtheit der Blockchaintechnologie – in diesem Rahmen um?

Sie haben zwar den Fintech-Beirat genannt, aber noch wichtiger ist, dass wir auch jetzt schon eine Situation geschaffen haben, in der die bestehende Finanzmarktaufsicht in Österreich eine entsprechende Kontaktstelle eingerichtet hat. Auch jetzt, da – das ge­stehe ich ein – in diesem Bereich noch nicht alles zu 100 Prozent geklärt ist, dient diese Kontaktstelle Unternehmen und Start-ups, die sich im Bereich Fintech entwickeln wollen, als Anlaufstelle für Fragen zur Konzessionspflicht, zur Compliance, zu Geldwä­schevorschriften und sonstige Fragen. Auch zur Prospektpflicht bekommen sie dort – soweit notwendig – eine eindeutige Auskunft basierend auf den bestehenden Grundla­gen. Das wird auch sehr rege in Anspruch genommen und ist jetzt schon eine gut funk­tionierende Serviceeinrichtung, die in enger Abstimmung mit dem Finanzministerium funktioniert. So gesehen haben wir diesbezüglich in Österreich schon eine ganz gute Basis, die aber sicher noch nicht ausreichend ist. Wir werden diesbezüglich auch ent­sprechend nacharbeiten.

Ergänzend dazu haben wir – ich glaube, das haben Sie zumindest hinsichtlich der ers­ten erkennbaren Schritte schon anerkannt – die Initiative ergriffen, auch aus dem Fi­nanzministerium heraus, diesen Fintech-Beirat einzurichten. Wir warten da also nicht auf weitere sonstige Schläferstündchen, sondern wir haben klargelegt, dass wir in die­ser neuen Regierung von Beginn an bereit sind, auch ein bisschen out of the box – um den Begriff zu verwenden – zu gehen.

Wir haben den Fintech-Beirat eingerichtet und in der Zusammensetzung nicht nur der regulatorischen Komponente Rechnung getragen. Ich sage das sehr direkt und auch frei heraus, hoffentlich ohne Beleidigungen auszusprechen: Wir wollen damit sicher­stellen, dass es keinen Regulierungsfetischismus gibt, der in diesem Bereich greifen kann. Deshalb haben wir in diesem Beirat Vertreter der Aufsichtsbehörden des Ministe­riums, aber in erster Linie auch Jungunternehmer, die bereits in diesen Fintech-Bereich investiert haben, eigene Unternehmen entwickelt haben, miteingebunden. Wir haben zusätzlich Personen aus der Praxis aus dem Bereich der Privatunternehmen, von Ban­ken und Versicherungen, die dort für diese neue Technologie Verantwortung tragen, miteingebunden. Wir haben auch die Chance gehabt – das vorweggenommen –, einen Vertreter der Finanzaufsicht Großbritanniens in dieser Fintech-Beiratsgruppe zu haben, der uns direkt von den positiven Erfahrungen in der Umsetzung in UK berichten kann.

Der Fokus dieses Beirats liegt auf dem Thema Datenschutz und Konsumentenschutz. Er will aber auch genau das sicherstellen, was Sie angesprochen haben, nämlich Rah­menbedingungen zu schaffen, die auch eine Möglichkeit für Investitionen, für Neuun­ternehmen und für neue Geschäftsmodelllogiken in diesem Bereich bieten. Die Regula­torik soll einen Rahmen bilden, der ein vernünftiges Agieren in diesem Bereich sicher­stellen kann.

Bei dieser Gelegenheit sei mir eine Anmerkung gestattet: Ich glaube, dass wir uns im Zusammenhang mit diesem Thema – wie bei vielen anderen Themen auch – als Öster­reich gern ein bisschen schwächer darstellen. So empfinde ich das zumindest persön­lich. Es gibt aktuell eine Studie eines Schweizer Instituts, das gerade zum Thema Fin­tech-Entwicklung weltweit Städte bewertet und ein Ranking erstellt hat, inwieweit diese Städte im Bereich Fintech-Entwicklung erfolgreich sind. Siehe da, Wien wird in dieser Studie in diesem Bereich auf internationaler Ebene auf einem durchaus sehr guten 15. Platz gelistet.

Wenn ich die Ergebnisse der Studie kurz zusammenfassen darf: An erster Stelle liegt Singapur, London liegt noch vor uns auf Platz 4, aber Tel Aviv in Israel liegt beispiels­weise auf Platz 20, Tokio liegt hinter Wien, Dublin liegt hinter Wien, Paris liegt hinter Wien. So gesehen haben wir auch im internationalen Bereich offensichtlich jetzt schon eine Kraft, die uns wahrscheinlich gar nicht so bewusst ist. Ich glaube, das müssen wir auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Ich glaube, gerade deswegen ist es gut, dass auch Sie dieses Thema aktuell halten, auch durch die Anfrage. Ich kann nur bestätigen, dass wir das sehr ernst nehmen. Ich habe die Vorgabe gegeben, dass wir bis Jahresende aus dem Fintech-Beirat heraus konkrete Maßnahmen definieren und konkrete Ergebnisse in diesem Bereich vorlegen werden.

Ich möchte auch etwas zur Konkretisierung sagen: Der Fintech-Beirat hat bereits zwei Sitzungen gehabt, es findet Ende Juni bereits die dritte Sitzung statt. Da wird also wirk­lich bereits aktiv und intensiv gearbeitet. Wir haben drei Workstreams, also drei Schwerpunkte, die wir uns in diesem Bereich anschauen. Der erste ist die auch von Ihnen angefragte Regulatory Sandbox. Das heißt, es sollen sozusagen in einem Ver­suchsrahmen einer Regulatorik – nennen wir es so – die Möglichkeit und damit positive Voraussetzungen geschaffen werden, damit sich neue Geschäftsmodelle, neue For­men – nicht nur auf Basis der Kryptowährungen, sondern auch Fintechs oder Insur­techs – entsprechend entwickeln.

Ich möchte noch ein wichtiges Ergebnis dazu ansprechen: Dieser Safe Space – ich verwende bewusst diesen Anglizismus – wird für konzessionspflichtige Unternehmen zur Verfügung stehen, weil es uns wichtig ist, den rechtlichen Rahmen sicherzustellen, gleichzeitig aber auch entsprechende Innovationen in Österreich voranzutreiben. Die Idee dahinter, in dieser Sandbox, ist der Schwerpunkt: Beraten statt bestrafen. Das heißt, die Regulatorik in dieser Sandbox soll von Beginn an von der Aufsichtsregula­torik begleitet werden und es soll nicht im Nachhinein bestraft werden.

Der zweite Schwerpunkt betrifft die Cryptoassets und Initial Coin Offerings – auch das wurde von Ihnen angesprochen. Ich darf Ihnen hier zusagen, dass es bis Ende dieses Jahres ein Rundschreiben der FMA geben wird, in dem bereits die Erkenntnisse des Fintech-Beirats in einem dann auch gültigen gesetzlichen Anpassungsbereich fixiert werden können. Wir werden diese Ebene sehr konsequent und schnell fixieren können.

Das dritte Thema: know your customer, KYC abgekürzt. Da geht es darum, sicherzu­stellen, dass die Integrität dieses Finanzmarktbereichs gesichert wird. Gleichzeitig braucht es auch eine Sicherstellung dahin gehend, dass wir in diesem Bereich für die Identifizierung der Beteiligten eine klare, transparente und effiziente Grundlage haben. Ich denke, der Skandal im Bereich Bitcoin, der im Februar auch in Österreich aufge­poppt ist, hat leider mit dazu beigetragen, eine zusätzliche Dynamik zu erzeugen. Ich sage aber auch dazu: Wir sollten nicht einen Betrugsfall – egal in welcher Form er pas­siert – zum Anlass nehmen, um diesen Bereich zu überregulieren. Es wird leider Got­tes wahrscheinlich immer betrügerische Kräfte geben, egal wie wir die Regulatorik und Legislative definieren.

Der zweite große Bereich, der in der Anfrage angesprochen wurde, ist die steuerliche Thematik. Es geht darum, in welchem Rahmen für die Kryptowährungen eine umsatz­steuerliche Belastung gegeben ist – beispielhaft sei die beim Umtausch stattfindende Thematik genannt. Da nur zur Klarstellung: Es hat ja im Frühjahr eine große mediale Diskussion bezüglich der Einkommensteuerunterlegung gegeben. Es gibt diesbezüg­lich eine Grundlage im Wartungserlass 2018, in dem klargestellt ist, dass die Einkom­mensteuerrichtlinie bestätigt ist, auch die bisherige Rechtsansicht unverändert bleibt und in diesem Bereich Kryptowährungen nur dann steuerlich als Kapitalvermögen be­wertet werden, wenn eine zinstragende Veranlagung stattfindet. Das heißt, das ist die Voraussetzung für die steuerliche Grundlage. Ist es keine zinstragende Veranlagung, dann liegt auch gemäß § 31 Einkommensteuergesetz nur dann eine Steuerrelevanz vor, wenn innerhalb eines Jahres eine entsprechende Wiederverwertung in diesem Be­reich stattfinden sollte.

Das heißt zusammengefasst: Die Besteuerung von Kryptowährungen wird uns auch weiterhin beschäftigen, sowohl auf österreichischer als auch auf internationaler Ebene. Es gibt, durch unsere Triebfeder verstärkt, jetzt schon eine Arbeitsgruppe auf EU-Ebene, die sich intensiv damit beschäftigt, in der auch Vertreter unseres Ministeriums auf technischer Ebene mitarbeiten. Wir werden im Rahmen der Steuerentlastungsre­form 2020 diese Thematik dort entsprechend vertiefend mitberücksichtigen.

Ich hoffe, dass meine zusammenfassenden Ausführungen ergänzend zur Beantwor­tung der Anfrage sind, die ja in Summe doch 44 Fragen umfasst hat. Wir haben ver­sucht, auf knapp zehn Seiten entsprechende Antworten zu geben. Ich hoffe, dass wir damit eine gute Grundlage für die Debatte haben, und schließe in dem Sinne, dass, wie ich glaube, das Hohe Haus erkennen kann, dass diese Regierung und auch ich persönlich dieses Thema nicht nur sehr ernst nehmen, sondern sehr aktiv daran arbei­ten, rasch und schnell das, was sich in Österreich und in Wien auf guter Basis schon entwickelt hat, weiterhin zu unterstützen, damit wir auch in diesem technologischen Be­reich vorne dabei bleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.