16.53

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (PILZ): Ehrlich gestanden ist es mir ein Rät­sel, es ist mir schleierhaft, dass hier immer noch die Diskussion darüber, einen flä­chendeckenden aufklärenden Unterricht zu Ethik und Religionen in Österreich verpflich­tend einzurichten, stattfindet.

Seit einem Vierteljahrhundert gibt es diese Diskussion und, mein Vorredner hat es ge­sagt, vor 21 Jahren wurden diesbezüglich das erste Mal Schulversuche eingerichtet. Ich habe jetzt wirklich ein Déjà-vu-Murmeltier-Erlebnis der sonderbaren Art. Seit 21 Jah­ren gibt es Schulversuche, die man eine Zeitlang macht, und dann sieht man irgendwo ein Ergebnis. Vor 13 Jahren hat es schon die Ergebnisse gegeben, dass diese Schul­versuche positiv sind, dass in den Schulen sehr wohl der Rassismus reduziert wird, dass die Toleranz steigt und dass dieser Unterricht von den Schülerinnen und Schülern angenommen wird.

Praktisch alle Theologen sagen, das ist sehr gut, was da passieren könnte, und 80 Pro­zent der Lehrer und Lehrerinnen – Kollege Taschner, Sie haben es gesagt – praktizie­ren das sowieso im Religionsunterricht. Das heißt, sie machen im Wesentlichen aufge­klärten Unterricht. Der konfessionelle Unterricht ist genau das Gegenteil dazu. Überlegt man es also genau, so ist das nicht aufgeklärt, und Österreich hat da 300 Jahre nach Beginn der Aufklärung einen Nachholbedarf. Wir sind immer noch voraufgeklärt.

Was heißt das, aufgeklärt zu sein im Zusammenhang mit den Religionen? Das heißt, dass man sich eben von ganz bestimmten – meinetwegen, wenn Sie das so wollen – kulturellen Denkmustern befreit und über die Informationen zu unterschiedlichen Zu­gängen seine Entscheidung dann vernünftig treffen kann. Genau das soll dieser Unter­richt machen.

Wir haben ein super Beispiel dafür, nämlich die ORF-Sendereihe „Kreuz und quer“. Dort werden der Zugang zu unterschiedlichen Religionsgeschichten und der Zugang der Religionen zu ethischen Themen wie Tierschutz oder der Mensch mit seinem Frei­heitsbegriff in der Gesellschaft oder die Stellung der Frauen in den Religionen und so weiter von unterschiedlicher Seite beleuchtet. Die Zuseherinnen und Zuseher, die das regelmäßig konsumieren – ich schaue mir das sehr gern an, das ist eine meiner Lieb­lingssendungen –, können sich ein Bild machen, können nach bestem Wissen und Ge­wissen und optimal informiert frei entscheiden.

Ich frage mich wirklich, warum es so schwer ist, so etwas in Österreich einzuführen.

Herr Kollege Taschner, mit Laizismus hat das gar nichts zu tun, sondern ganz im Ge­genteil. Es ist ganz klar, wenn man den Religionsunterricht verbannt, über Religionen überhaupt nicht redet, dann findet dieser in den Hinterhöfen statt, das wissen wir von den Banlieues in Paris. Es ist ganz klar, dass wir das nicht wollen, aber wir müssen uns entscheiden können, jedes einzelne Kind, jeder Schüler, jede Schülerin, jeder Mensch soll sich aufgrund der Informationslage entscheiden können. Diese aber fehlt, und damit fehlt auch die Basis für ein friedliches Zusammenleben der Kulturen und der unterschiedlichen Religionen in Österreich.

Reißt euch zusammen, schaut euch das einmal aufgeklärt an und entscheidet euch ir­gendwann einmal in den nächsten hundert Jahren für etwas, das eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist! – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

16.57

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schan­dor. – Bitte.