16.08

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Muchitsch hat sich heute wirklich sehr bemüht, und das möchte ich auch anerkennen, als er die Sitzung des Sozialausschusses geleitet hat. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Herr Klubobmann Kern, dass Sie als jemand, der jahrzehntelang Spitzenverdiener war, sich aber hier herausstellen und uns die Welt erklären (Heiterkeit der Abg. Winzig), uns erklären, wie die Arbeitszeit zu reformieren ist (Zwischenrufe bei der SPÖ), und sich hier dann sozusagen den kleinen Mann an die Brust heften, das spottet jeder Be­schreibung, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Krist: ... nichts gearbeitet! – Ruf bei der SPÖ: Was verdienst du als Klubobmann? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Ich darf mit einem Zitat beginnen; da steht: „Wir brauchen Modelle, die auf beiden Sei­ten Flexibilität ermöglichen. Für ArbeitnehmerInnen, deren private Situation sich än­dert, und für Unternehmen, die ihre ArbeitnehmerInnen flexibler einsetzen möchten.“ (Rufe bei der FPÖ – in Richtung Abg. Kern, der den Saal verlässt –: Jetzt geht er wie­der! Typisch!) – Das stammt nicht aus unserem Regierungsprogramm, liebe Kollegin­nen und Kollegen, das stammt aus dem Plan A von Herrn Klubobmann Kern, der jetzt gerade den Saal verlässt; nur damit wir wissen, wovon wir hier reden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Aber es ist halt einmal so: Der Standort bestimmt den Standpunkt (Ruf bei der SPÖ: Sinnerfassend lesen!), das ist ein Grundsatz, der auch in der Politik gelebt wird. (Zwi­schenruf des Abg. Vogl.)

Zweite einleitende Anmerkung - - (Ruf bei der SPÖ: ...verräter kennengelernt! – Weite­re Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich habe das jetzt gehört, „Verräter“ (Ruf bei der SPÖ: Arbeitnehmerverräter!); Herr Präsident, nur damit man auch weiß, was ständig von ...

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf ersuchen, sich zu mäßigen und den Ab­geordneten und Klubobmann ausreden zu lassen.

Abgeordneter August Wöginger (fortsetzend): Ich habe schon mehr Arbeitnehmern geholfen, als Sie jemals getroffen haben; das möchte ich Ihnen auch einmal sagen. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lindner.)

Die Diskussion um die Arbeitszeit ist älter als zwei Jahre. Wir waren auch in der Vor­gängerregierung immer wieder eingebunden. Wir haben zum Beispiel die 12 Stunden auch bei der aktiven Reisezeit eingeführt. Das war unter der Vorgängerregierung. Es ist aber immer nur gut, wenn die Sozialdemokratie dabei ist. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Kaum ist die Sozialdemokratie nicht mit am Tisch, ist alles schlecht und man darf es nicht machen. – Das muss aufhören in der Republik, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt viele Menschen, die derzeit schon 11 oder 12 Stunden arbeiten, und diese Menschen verdienen unsere Anerkennung und unseren Respekt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gesundheitsberufen, in der Pflege, bei den Rettungsdiensten und auch im Beamtenbereich – das betrifft viele, die an den Universitäten und, ja, auch bei den Österreichischen Bundesbahnen tätig sind. Ich will das Thema nicht überstrapazieren, aber es ist so, dass dort auch bis zu 12 Stunden gearbeitet wird. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Nach Ihrer Logik – und darauf möchte ich jetzt einmal eingehen – ist es nicht gesund­heitsschädlich, wenn es eine Betriebsvereinbarung gibt, die bis zu 12 Stunden Arbeit zulässt. Es ist aber gesundheitsschädlich, wenn der Arbeitnehmer selber entscheiden kann, ob er am Tag 12 Stunden arbeiten will oder nicht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines auch noch, weil da jetzt die Moralapostel sozusagen aus dem Keller herausru­fen – wahrscheinlich zum Herrn –: Herr Kern soll einmal selber vor dem Altar knien und über seine Vergangenheit nachdenken und nicht uns das ausrichten! (Abg. Rosen­kranz: Wo ist er denn überhaupt? – Zwischenrufe der Abgeordneten Greiner und Kat­zian.) Er hat jetzt nämlich damit begonnen, die Diskussion in eine andere Richtung zu lenken. Muchitsch war in Ordnung, aber das, was Kern da gemacht hat, war nicht in Ordnung. Dann werden auch wir die Diskussion anders führen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Katzian. – Abg. Wittmann: Sehr überheblich und arro­gant! Sehr überheblich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eine Erfahrung aus meinem Leben als Betriebsrat möchte ich Ihnen auch noch mitge­ben. Ich bin vor zwölf Jahren beim Roten Kreuz Oberösterreich zum Betriebsratsob­mann gewählt worden. (Abg. Wittmann: Und jetzt sind Sie Arbeit...!) Ich habe damals eine unfreudige Aufgabe übertragen bekommen: Vor meiner Zeit ist ein Kollektivvertrag mit etlichen Betriebsvereinbarungen abgeschlossen worden. Ich habe das dann unter­schreiben dürfen, obwohl ich es nicht verhandelt habe, aber das ist aufgrund des Zeit­punkts der Wahl nicht anders gegangen.

Was habe ich da zum Beispiel unterschreiben dürfen? Mein Vorgänger hat nicht unse­rer Fraktion angehört, sondern war eher (in Richtung SPÖ) Ihnen zugetan. Ich habe gut mit ihm zusammengearbeitet – ein sehr ordentlicher Betriebsrat. Was hat er – was ich auch verstanden habe – ausgehandelt? – Eine Betriebsvereinbarung, die bis zu 60 Stunden Arbeit in der Woche ermöglicht, wenn der Betrieb das erfordert! Das habe ich dann unterschreiben dürfen, und ich habe es unterschrieben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe mich an das gehalten, was mein Vorgänger ausgehandelt hat. Tun Sie also bitte nicht so, als hätte es das in dieser Republik, in unseren Betrieben noch nie gegeben! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Stöger. – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt einfach ein paar Klarstellungen, denn was wir bei diesem Thema nicht brauchen, ist auf der einen Seite ein Abjubeln, auf der anderen Seite brauchen wir aber auch kei­ne Unwahrheiten. (Ruf bei der SPÖ: Ja ...! – Zwischenruf des Abg. Bacher.) Die Men­schen, vor allem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch die Unternehmer haben das Recht, zu erfahren, was wir hier im Konkreten beschließen. (Zwischenruf des Abg. Knes.)

Wir bleiben beim 8-Stunden-Tag. Wir bleiben bei der 40-Stunden-Woche. Die Über­stundenzuschläge werden jetzt im Gesetz geregelt. Der Abänderungsantrag wurde Ihnen heute übermittelt. Lesen Sie ihn also bitte auch! (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Die Überstunden sind auch als Überstunden abzugelten. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt, Gleitzeit und 4-Tage-Woche: Herr Klubobmann Kern, genau das, was Sie im Plan A gefordert haben, wird mit diesem Abänderungsantrag auch Wirklichkeit. (Abg. Vogl: ... ist ganz freiwillig gekommen! Ohne Druck!) – Hören Sie einmal zu! „Eine Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden ist zulässig, wenn die Gleitzeitvereinbarung vorsieht, dass ein Zeitguthaben ganztägig verbraucht werden kann und ein Verbrauch in Zusammenhang mit einer wöchentlichen Ruhezeit nicht ausgeschlossen ist.“ (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was ist das im Umkehrschluss? – Das ist eine 4-Tage-Woche. Wenn der Mitar­beiter am Donnerstag fertig ist und sich ausgesucht hat, sozusagen vier mal 12 Stun­den zu arbeiten, dann darf er das und hat dann letzten Endes drei Tage frei.

Glauben Sie mir eines, mir begegnen viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Gleitzeit arbeiten und sich schon seit vielen Jahren wünschen, dass das letzten En­des auch möglich wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Überhaupt das Wichtigste für uns ist – Kollege Rosenkranz und ich haben das gestern vorgestellt und wir haben das auch miteinander verhandelt; wir haben als langjährige Parlamentarier das Selbstbewusstsein und sind in der Lage, einen Antrag zu verhan­deln; also diese Unterstellungen, dass nur mehr eine Regierungsvorlage sozusagen das Gelbe vom Ei ist und wir nicht in der Lage sein sollen, hier herinnen einen Antrag zu verhandeln (Zwischenruf des Abg. Schieder – Abg. Rosenkranz: ... absurd! Sie sollten von der Qualität Ihrer Abgeordneten nicht auf unsere schließen!), weise ich auch zurück –: Wir haben im Abänderungsantrag klargestellt, dass es die Freiwillig­keitsgarantie gibt. „Es steht den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern frei“ (Oh-Rufe bei Abgeordneten der SPÖ – Zwischenruf des Abg. Muchitsch) – frei! –, „Überstunden [...] ohne Angabe von Gründen abzulehnen, wenn durch diese Überstunden die Tagesar­beitszeit von 10 Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten wird.“ Das heißt, die Ablehnung ist ohne Angabe von jeglichen Gründen möglich. (Abg. Heinisch-Hosek: Wie oft? Wie oft?)

Dann gibt es noch den Diskriminierungsschutz bezüglich Entgelt und Aufstiegsmöglich­keiten, und es gibt letzten Endes auch den Kündigungsschutz, der im Gesetz verankert wird. Das ist das größte Recht, das wir einem einzelnen Arbeitnehmer letzten Endes zusprechen können, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: ... im Gesetz!)

Wir greifen auch nicht in bestehende Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen ein.

Es ist auch so, dass der Arbeitnehmer das Recht bekommt, selber zu entscheiden. Wir haben immer gesagt, wir sagen Ja zu einer zusätzlichen Flexibilisierung, aber der Ar­beitnehmer muss darauf vertrauen können, dass er entweder das Geld oder die Frei­zeit bekommt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist im Gesetz jetzt klargestellt. Die Ar­beitnehmer haben das Recht, selber zu bestimmen, ob sie das Geld haben wollen oder ob sie die Freizeit haben wollen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das steht im Gesetz und nicht in den Erläuterungen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ.)

Abschließend kann ich nur sagen: Kehren wir zur Sachlichkeit zurück, wenn es um dieses Thema geht! (Abg. Schieder: Ja, Zeit wird’s! – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

12/60, das wissen Sie ganz genau – und Sie haben sehr gute Gewerkschaftsvertreter in Ihren Reihen (Abg. Schieder: Ja!) –, ist im Dauerbetrieb nicht möglich. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Es ist die EU-Arbeitszeitrichtlinie, die dem ganz klar widerspricht. Es geht sich nicht aus. Wer das nicht ausrechnen kann, soll sich bei Professor Taschner melden. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Vogl.) 17 mal 48 ist weniger als 17 mal 60, meine Damen und Herren, und daher kann man nicht im Dauerbetrieb 60 Stunden in der Woche arbeiten. Und das will auch nie­mand in dieser Republik! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Menschen in Öster­reich können auf eines vertrauen, nämlich darauf, dass diese Bundesregierung dafür sorgt, dass wir uns bei diesem Thema weiterentwickeln, dass wir dabei aber die Anlie­gen der Menschen, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch unserer Un­ternehmer, ganz klar in den Mittelpunkt stellen.

Es ist ein ausgewogenes Paket, das wir hier vorstellen. Es folgt folgenden Prinzipien: Wir passen uns der derzeitigen Realität an und führen auch manche aus der Illegalität heraus, würde ich einmal sagen. Wir machen das gesetzlich machbar, was bis dato nicht machbar war. Wir handeln dabei im Sinne von beiden, es ist eine Win-win-Situa­tion für Dienstgeber und für Dienstnehmer. Beide werden von dieser Maßnahme profi­tieren. Diese Regierung setzt um, was sie angekündigt hat. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.18

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Gude­nus. – Bitte.