17.23

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Heinz-Christian Strache: Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren, auch auf der Galerie, recht herzlich willkommen! Ein paar Dinge vielleicht zur Klar­stellung: Ja, würde ein erzwungener 12-Stunden-Arbeitstag kommen oder die Möglich­keit dazu bestehen, dann hätten wir alle die Verantwortung, geschlossen dagegen aufzutreten. Würde ein 12-Stunden-Tag kommen, ohne Überstunden und Zuschläge, dann hätten wir alle die Verantwortung, aufzustehen und dagegen aufzutreten, denn das wäre asozial, vollkommen richtig! (Ruf bei der SPÖ: Fällt euch nichts Neues ein?)

Dann schauen wir uns einmal den Plan A an, den Sie, Herr Klubobmann Kern, vor der Wahl programmatisch präsentiert haben! Wenn man den Plan A liest, dann sieht man: Da schreiben Sie – zu Recht –, die Freiwilligkeit muss gesichert und garantiert sein. – Ja, vollkommen richtig! Zuschläge für Überstunden müssen garantiert sein. Vollkom­men richtig! Niemand darf gezwungen werden, die 11. und 12 Stunde am Tag arbeiten zu müssen – vollkommen richtig!

Und wenn ich mir jetzt ansehe, was im vorliegenden Initiativantrag enthalten ist, dann muss ich sagen: Das ist genau das, was Sie im Plan A den Menschen versprochen und als Ihre Programmatik dargelegt haben, nur besser, denn es gibt in dem Gesetz eine Freiwilligkeitsgarantie mit einem persönlichen Ablehnungsrecht für die Arbeitneh­mer, die selbstverständlich ohne Angabe eines Grundes eine 11. und 12. Stunde ab­lehnen können. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Schieder: Das stimmt ja nicht!) Das ist ein Mehr an Rechtsanspruch, an Arbeitnehmersicherheit!

Und jetzt nehme ich Ihren Plan A her: Sie stellen sich her und kritisieren, was Sie selbst gefordert haben und was jetzt in Umsetzung geht. Da kann ich nur fragen: Was ist dann der Plan A überhaupt wert? Steht das A für die Ausrede, steht das A für Aus­flüchte oder steht das A für ein Auseinanderdividieren von Arbeitnehmern und Unter­nehmern? Das ist nämlich retro, Herr Kern! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Schieder: Das ist vor allem falsch! Das ist falsch, das stimmt nicht, was Sie sagen!)

Sie sitzen offenbar, ich sage das ganz bewusst, heute im Winkerl und sind halt irgend­wo, na ja, beleidigt, nicht mehr da in Regierungsverantwortung zu sitzen. Das ist alles nicht glaubwürdig! (Abg. Heinisch-Hosek: Polemisieren von der Regierungsbank! Sie sind nicht mehr Abgeordneter!) Wenn wir uns damit beschäftigen, wie es tatsächlich ist, haben wir dazu heute ja schon vieles gehört. Viele Berufsgruppen haben dank Ih­nen ja schon die Möglichkeit, 12 Stunden – manche sogar 13 Stunden – zu arbeiten. In der Kärntner Straßenmeisterei, ein Beispiel, gibt es die Möglichkeit, 13 Stunden am Tag zu arbeiten. Das ist unter einer SPÖ-Führung in Kärnten möglich. Es gibt andere Berufsgruppen  ÖBB-Mitarbeiter, Ärzte, Pflegekräfte, Polizisten, viele Berufsgrup­pen , für die das möglich ist, was Sie auch möglich gemacht haben. (Oh-Rufe bei der FPÖ.) Wenn ich Ihrer Argumentation folge, dann sind das jetzt alles Menschen, die überproportional gesundheitsgefährdet und krank sind. Dann haben also Sie eine Zwei­klassengesellschaft im Arbeitnehmerbereich geschaffen!

Und genau darum geht es: Das ist ja nicht ehrlich, was Sie da betreiben. Ehrlichkeit ist, wenn man sachlich damit umgeht. Und da danke ich Herrn Kollegen Muchitsch, der das heute in der Tonalität gemacht hat – in der Tonalität auf alle Fälle. Wir gehen na­türlich im Sinne von Flexibilität auf moderne Gegebenheiten ein und schaffen keine Zweiklassengesellschaft in der Arbeitswelt (Abg. Heinisch-Hosek: O ja!), sondern ent­wickeln Rechtssysteme, nach denen der 8-Stunden-Tag gesetzlich – na selbstver­ständlich – aufrechtbleibt, Normalität bleibt, nach denen auch die gesetzlich vorge­schriebene 40-Stunden-Woche weiter bestehen und Normalität bleibt. Und ja, der Un­ternehmer hat – unter Rot-Schwarz beschlossen – die Möglichkeit, gegebenenfalls ei­ne 9. und 10. Stunde abseits der normalen Arbeitszeit anzuordnen (Abg. Heinisch-Hosek: Anzuordnen, genau!), wenn es notwendig ist. Das ist heute Realität! Sie hätten in der Vergangenheit nicht von einem 10-Stunden-Tag und einer 50-Stunden-Woche gesprochen (Abg. Heinisch-Hosek: Haben wir!) nur so viel einmal zu Ihren Argu­menten. Das hätten Sie nicht gemacht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es wäre ja auch falsch, weil wir auch durch Ihr Gesetz, das Sie möglich gemacht ha­ben und das heute in Kraft ist, weder einen 10-Stunden-Tag noch eine 50-Stunden-Woche haben, sondern das ist abseits der gesetzlichen Normalität in Spitzenzeiten da oder dort manchmal möglich und der Fall, ohne dass der Arbeitnehmer – Ihr Gesetz! – die 9. und 10. Stunde ablehnen kann. (Abg. Heinisch-Hosek: Das Recht haben sie!) Er muss sie leisten, wenn sie angeordnet werden. Wir stellen jetzt sicher, dass in Zu­kunft die 11. und 12. Stunde mit der Freiwilligkeitsgarantie nicht zwangsverordnet wer­den können, sondern dass der Unternehmer, wenn er jemanden in seinem Betrieb braucht, mit den Mitarbeitern das Gespräch suchen und sie ersuchen muss, ob sie das möglich machen können. (Abg. Keck: Das ist dann so wie in Tirol!) Und ja, da wird es viele Arbeitnehmer geben, die sagen: Ja, ich kann und ich will, weil ich vielleicht da oder dort eine 11. oder 12. Stunde arbeiten will, damit ich die Zuschläge bekomme, da­mit ich mehr verdiene, damit ich den Kredit für meine Wohnung abzahlen kann! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Sie sind ja verdienstfeindlich, indem Sie das den Arbeitnehmern verbieten. Sie wollen ja gar nicht, dass Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, mehr zu verdienen und auf ei­genen Beinen zu stehen und dass sie die flexible Entscheidungsfreiheit haben, auch abseits von Betriebsvereinbarungen, die im Übrigen davon völlig unberührt bleiben – jeder Kollektivvertrag, jede Betriebsvereinbarung bleibt völlig unberührt! –, und sie ha­ben weiterhin die Möglichkeit, dort weitere Verbesserungen zu verhandeln und sicher­zustellen.

Wir stellen aber jetzt erstmals sicher, dass der Arbeitnehmer, der Einzelne die Freiheit der Selbstbestimmung und auch den Arbeitnehmerschutz bekommt; das sichern wir. Der Einzelne soll den Rechtsanspruch haben, und nicht immer nur der Betriebsrat über die Interessen des Einzelnen hinweg entscheiden. Das ist eine Aufwertung des Arbeit­nehmerrechts! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Keck: Sind Sie gegen den Betriebs­rat?)

Es bleibt ihnen unbenommen, darüber hinaus weitere Betriebsvereinbarungen zu schlie­ßen. Es bleibt ihnen unbenommen, noch weitere Verbesserungen als die, die wir jetzt sicherstellen, zu ermöglichen. Endlich hat jedoch der Arbeitnehmer als Einzelner die freie Entscheidungsgewalt und Selbstbestimmung. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

Wir nehmen niemandem die Zuschläge weg, Herr Kern, im Gegenteil! Ja, Sie stellen sich halt heraus und geben Ihre einstudierten Witzchen zum Besten, die gar nicht lustig sind – ja, das passiert immer wieder. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Und Sie behaupten dann auch noch wider besseres Wissen, dass wir Zuschläge weg­nehmen, dass wir den Leuten eine 60-Stunden-Woche aufs Aug drücken, obwohl das Gesetz ganz klar definiert – und ich kann das nur noch einmal wiederholen –, dass das nicht möglich sein wird.

Und alleine, wenn man die Durchrechnungszeiträume ansieht – ich kann es nur noch einmal wiederholen –, muss doch jedem klar sein, der rechnen kann – außer man kann nicht oder will nicht –, dass der Durchrechnungszeitraum – und die EU-Richtlinie ist vorgegeben, das ist gesetzlich festgeschrieben und bleibt es auch (Zwischenrufe bei der SPÖ) – es unmöglich macht, im Schnitt über 48 Stunden pro Woche zu arbeiten, und daher niemand über diese Zeiträume gesehen mehr wird arbeiten müssen – aber man flexibler arbeiten kann, und das ist im Interesse der Menschen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Arbeitnehmer und Unternehmer wollen faire und sozial gerechte Möglichkeiten und Definitionen im Gesetz, und Arbeitnehmer und Unternehmer sind nicht nur Menschen, sondern Arbeitnehmer und Unternehmer sind selbstverständlich auch Partner. Die brau­chen einander gegenseitig, die sind voneinander abhängig. Da braucht man einander, da geht auch in der Regel nur das Miteinander, und beide sind aufeinander ange­wiesen. Da geht es um Zusammenarbeit und nicht um Auseinanderdividieren. Das ist aber heute in der Wirtschaft draußen auch die Regel. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Kassegger: Gut so!)

So erleben das auch die Menschen. Deshalb ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass sich viele Arbeitnehmer freuen, dass sie die Möglichkeit bekommen. (Abg. Keck: Ich habe noch keinen getroffen, und ich kenne viele!) Ich kann Ihnen genügend Berufs­gruppen aufzählen. Ich habe jetzt gerade einen Brief vom Nachbarn von Herrn Katzian bekommen. Der Brief war nicht uninteressant, weil drinnen gestanden ist, dass Herr Katzian beim Bau seines Hauses offenbar kein Problem damit gehabt hat, dass die Bauarbeiter, die sein Haus gebaut haben, von 6 Uhr Früh bis 20 Uhr abends gehackelt haben (Ah-Rufe bei der FPÖ)  das zum Thema Arbeitszeit, Legalität und Gesetzes­konformität. Das ist durchaus interessant gewesen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Entscheidend ist aber, Flexibilität zu schaffen, Arbeitnehmerrechte zu schützen, damit die Arbeitnehmer nicht ausgebeutet werden können, ihnen die Zuschläge rechtlich si­cherzustellen und die Gleitzeit sicherzustellen. Wer 12 Stunden arbeiten kann und will, hat dann die Möglichkeit – den Rechtsanspruch! –, auch mehr Freizeitblöcke tagewei­se in Anspruch zu nehmen. Das brauchen manche und das wollen manche! Da haben wir Maurer, Maler, Bauarbeiter, die aus der Steiermark in ein anderes Bundesland fahren und am Abend nicht nach Hause kommen, sondern dort bleiben und auswärts übernachten müssen, und diese sind dann nicht mehr kriminalisiert, Herr Katzian, wenn sie über die 10. Stunde hinaus auch noch eine 11. und eine 12. Stunde machen. Sie haben stattdessen den Anspruch, das abgegolten zu bekommen, und auch den Rechtsanspruch, mehr Freizeittagesblöcke zu erhalten – und nicht nur etwas schwarz auf die Kralle zu bekommen, so wie das vielleicht in der Vergangenheit der Fall war.

Sie haben dann auch Ansprüche, das im Sinne des eigenen Wollens endlich flexibler zu gestalten. Manche wollen eben nach vier Tagen in der Woche drei Tage frei haben. Manche wollen am Wochenende frei haben, manche müssen am Wochenende arbei­ten wie zum Beispiel im Tourismus. Die sind aber froh, wenn sie dann vielleicht Mon­tag, Dienstag und Mittwoch frei haben und diese Freizeitblöcke dann für sich nützen können. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Lueger. Abg. Knes: Keine Ahnung! Abg. Bacher: Das geht doch gar nicht ...!) Genauso ist der Maler, der Bauarbeiter, der Maurer froh, wenn er die Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag abar­beiten kann und dann nach Hause kommt und nicht am Freitag auch noch dableiben muss, um seiner Arbeitszeit und seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das sind die Arbeitsweltrealitäten, vor denen wir heute stehen. Genau darum geht es – nämlich Dinge zu entkriminalisieren, Entscheidungsfreiheit, Entscheidungsrechte, Frei­willigkeitsgarantie, Rechtsansprüche, Arbeitnehmerrechte genau in einem Paket sicher­zustellen. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Präsidentin Doris Bures: Herr Vizekanzler, Sie müssen jetzt den Schlusssatz formu­lieren.

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Heinz-Christian Strache (fortsetzend): Natürlich sollten wir auch gemeinsam dafür Sorge tragen, dass Gesetze in Österreich eingehalten werden. Ich sage zum Abschluss: Der Österreicher, gleich ob Arbeitnehmer oder Unternehmer, ist in der Regel jemand, der sich an Ge­setze hält, und die wenigen, die sich nicht daran halten, gehören bestraft. Das ist eine klare Ansage! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Jarolim: Das war wirklich völlig ah­nungslos! – Ruf bei der FPÖ: Da redet der Richtige! Abg. Wöginger: Frühstücksdi­rektor! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

17.34

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.