11.00

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Auf den Familienbonus sind meine Kollegen Michael Bernhard und Claudia Gamon schon eingegangen. Wir würden diesem Fa­milienbonus gerne seine antieuropäische Ausrichtung nehmen, denn was heute nicht angesprochen worden ist, ist Folgendes: Ähnlich wie die Familienbeihilfe soll auch der Familienbonus indexiert werden. Da wünsche ich den Firmen viel Spaß, wenn sie bei ihrem ausländischen Mitarbeiter fragen dürfen, wo denn seine Kinder zu Hause sind und wenn sie in der Firma den Freibetrag indexieren dürfen. – Das zur Entbüro­kra­tisierungsregierung und ihrem Geschwafel dazu. (Abg. Strasser: Meldewesen!)

Grundsätzlich zum Familienbonus: Sie geben den Menschen etwas zurück, was Sie ihnen durch die kalte Progression weggenommen haben. Aber Sie geben es jetzt nur jenen zurück, die Kinder im entsprechenden Alter haben, den anderen geben Sie es nicht zurück. Das wäre auch bürokratisch einfacher gegangen – eben durch die Ab­schaffung der kalten Progression.

Damit komme ich zur Bürokratie: Das Jahressteuergesetz enthält auch eine Bestim­mung, mit der die Rechtsgeschäftsgebühr für Bürgschaftserklärungen wegfällt. Das ist gut so. Warum allerdings die Rechtsgeschäftsgebühr für den Wechsel, der auch ein Sicherungsgeschäft ist, nicht wegfällt, bleibt im Dunkeln.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein – weil die Geschäftsordnung so toll ist, muss ich Ihnen das vorlesen; das bringt den Zuschauern nichts, das bringt den hier Anwe­sen­den nichts, aber ich muss es leider tun –:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen

„In Artikel 5 (Änderungen des Gebührengesetzes 1957) werden nach Z. 3 folgende Z. 3a bis 3d eingefügt:

3a. § 16 Abs. 3 entfällt.

3b. § 20 Z 5 lautet: „Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte zu Darlehens-, Kredit-, Haftungs- und Garantiekreditverträgen sowie zu den im Rahmen des Factoring­ge­schäftes (§ 1 Abs. 1 Z 16 BWG) getroffenen Vereinbarungen über die Gewährung eines Rahmens für die Inanspruchnahme von Anzahlungen;“

3c. § 28 Abs. 2 entfällt.

3d. § 33 Tarifpost 22 entfällt.“

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Also wirklich: eine super Geschäftsordnung.

Zum restlichen Gesetz: Einige andere Regelungen wie die Ausweitung der Istbesteue­rung oder das Horizontal Monitoring und so weiter sollen das Ziel verfolgen, Steuer­lücken für Unternehmen zu schließen. Da lobt sich die Regierung immer selbst, wie gut sie denn sei. In Wirklichkeit muss man schon schauen, wo die Vorschläge herkommen, sie kommen nämlich in Wirklichkeit oft von der europäischen Ebene. Die Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage liegt beim Rat, die digitalen Betriebsstätten liegen beim Rat, die Harmonisierung und Vereinfachung des Mehr­wert­steuersystems liegt auch beim Rat, die steuerliche Gleichbehandlung von physischen und elektronischen Publikationen, die als Zwischenlösung vorgeschlagen wird und von der Regierung als ihre Idee verkauft wird, kommt auch von europäischer Ebene. Ein entsprechendes Papier vonseiten der Regierung gibt es bis heute nicht. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Wir setzen mit diesem Jahressteuergesetz auch die Richtlinie zur Anti-Tax Avoidance Directive um. Die wohl wichtigste Maßnahme ist also die Hinzurechnungsbesteuerung für schädliche Einkünftekategorien. Es gibt einige andere Maßnahmen, die da vor­gesehen sind, um in der Konzernbesteuerung Schlupflöcher zu schließen. Vor­zugs­weise sollten ja die Steuern, die damit eingenommen werden, den Bürgern wieder zurückgegeben werden. Wenn wir immer hören, um wie viel es da geht, wie viel die bösen Konzerne an Steuern hinterziehen, dann müsste jetzt eine gigantische Steuer­ent­lastungswelle auf die Österreicherinnen und Österreicher zukommen. Aber dem ist nicht so. Wenn wir in die Wirkungsfolgeabschätzung hineinschauen, sehen wir, dass da 50 Millionen Euro für das Schließen von Steuerlücken bei Konzernen veranschlagt werden. Das ist ungefähr ein Viertel dessen, was durch die Biersteuer hereinkommt. Man sollte also nicht das Märchen erzählen, dass wir das Sozialsystem finanzieren können, indem wir die bösen Konzerne schröpfen und dort Steuerlöcher schließen. Das haben Sie hier selbst offenbart. (Beifall bei den NEOS.)

11.05

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (190 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebühren­gesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesabgabenordnung, das Finanz­strafgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Mel­degesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, das Zollrechts-Durchfüh­rungs­ge­setz, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Sozialministerium­ser­vice­­gesetz, das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, das EU-Amtshilfegesetz, das Bun­desfinanzgerichtsgesetz und das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz geändert werden (Jahressteuergesetz 2018 – JStG 2018) (197 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (190 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuer­gesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Ge­bührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Versicherungs­steuer­gesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Meldegesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, das Zollrechts-Durchfüh­rungs­gesetz, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Sozialministerium­servicegesetz, das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, das EU-Amtshilfegesetz, das Bundesfinanz­gerichtsgesetz und das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz ge­ändert werden (Jahressteuergesetz 2018 – JStG 2018) (197 d.B.) angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

I. Art. 1 Z. 11 lit. b lautet wie folgt:

"Nach Abs. 3 wird folgender Abs. 3a eingefügt:

(3a) Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheits­gebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirt­schaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,

b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.

2. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

– Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 zu­stehende Betrag oder

– beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 zustehenden Betrages.

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

– Beim Familienbeihilfenberechtigen oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 zustehende Betrag oder

– beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unter­halts­verpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.

3. (Ehe-)Partner im Sinne der Z 2 ist eine Person, mit der der Familien­beihil­fen­berechtigte verheiratet ist, eine eingetragene Partnerschaft nach dem Eingetragene Partnerschaft-Gesetz – EPG begründet hat oder für mehr als sechs Monate im Kalen­derjahr in einer Lebensgemeinschaft lebt.

4. § 26 Abs. 3 zweiter Satz der Bundesabgabenordnung kommt nicht zur Anwendung.

5. In der Steuererklärung ist die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder die per­sönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) jedes Kindes, für das ein Familienbonus Plus beantragt wird, anzugeben.

6. Der Bundesminister für Finanzen hat die technischen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Familienbonus Plus im Rahmen der Veranlagung zur Verfügung zu stellen."

II. Art. 1 Z. 11 lit. e lautet wie folgt:

"In Abs. 4 wird folgende Z 4 angefügt:

4. § 26 Abs. 3 zweiter Satz der Bundesabgabenordnung kommt nicht zur Anwendung."

III. Art. 1 Z. 11 lit. f lautet wie folgt:

"Abs. 7 lautet:

(7) Ergibt sich nach Abs. 1 eine Einkommensteuer unter 250 Euro und steht der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu, gilt bei Vorhan­densein eines Kindes

(§ 106 Abs. 1) Folgendes:

1. Die Differenz zwischen 250 Euro und der Steuer nach Abs. 1 ist als Kinder­mehr­betrag zu erstatten.

2. Ein Kindermehrbetrag steht nicht zu, wenn für mindestens 330 Tage im Kalenderjahr steuerfreie Leistungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a, lit. c oder Leistungen aus der Grundversorgung oder Mindestsicherung bezogen wurden. Dieser Betrag erhöht sich für jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um den Betrag von 250 Euro."

Begründung

Eine Anpassung des Familienbonus Plus an die Lebenserhaltungskosten anderer Mit­gliedstaaten der Europäischen Union steht in fundamentalem Widerspruch zur Arbeit­nehmerfreizügigkeit, die eine der Grundfreiheiten der EU darstellt. Selbst wenn man eine solche Ungleichbehandlung von Arbeitnehmer_innen an den Wohnort des Kindes, und damit an ein scheinbar neutrales Kriterium knüpft, so ist diese Ungleichbehandlung dennoch da. Eine (verdeckte) Diskriminierung von Arbeitnehmer_innen aus anderen EU-Mitgliedstaaten, die in Österreich arbeiten und voll steuerpflichtig sind, deren Kinder aber nicht in Österreich leben, kann nicht unterstützt werden. Eine potentielle Verletzung von EU-Primärrecht kann nicht im Sinne evidenzbasierter, sachlicher und proeuropäischer Politik sein.

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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (190 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebühren­gesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesabgabenordnung, das Finanz­strafgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Melde­gesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, das Zollrechts-Durchführungs­ge­setz, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Sozialministerium­service­ge­setz, das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, das EU-Amtshilfegesetz, das Bundes­finanzgerichtsgesetz und das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz geändert werden (Jahressteuergesetz 2018 – JStG 2018) (197 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (190 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebühren­gesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesabgabenordnung, das Finanz­strafgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Kapitalabfluss-Melde­gesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, das Zollrechts-Durchführungs­ge­setz, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Sozialministerium­servicegesetz, das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, das EU-Amtshilfegesetz, das Bundesfinanz­gerichtsgesetz und das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz geän­dert werden (Jahressteuergesetz 2018 – JStG 2018) (197 d.B.) angeschlossene Ge­setzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Artikel 5 (Änderungen des Gebührengesetzes 1957) werden nach Z. 3 folgende Z. 3a bis 3d eingefügt:

3a. § 16 Abs. 3 entfällt.

3b. § 20 Z 5 lautet: "Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte zu Darlehens-, Kredit-, Haftungs- und Garantiekreditverträgen sowie zu den im Rahmen des Factoring­ge­schäftes (§ 1 Abs. 1 Z 16 BWG) getroffenen Vereinbarungen über die Gewährung eines Rahmens für die Inanspruchnahme von Anzahlungen;"

3c. § 28 Abs. 2 entfällt.

3d. § 33 Tarifpost 22 entfällt.

Begründung

Wechsel sind grundsätzlich ein bewährtes Sicherungsmittel. Diese Funktion im Rechts­gefüge und Rechtsverkehr wird jedoch durch die Wechselgebühr von 1/8 Prozent der Wechselsumme konterkariert, sodass der Wechsel trotz seiner rechtlichen Vorteile kaum mehr verwendet wird. Als Gesetzgeber einerseits ein Rechtsinstitut zu schaffen und es andererseits – im Gegensatz zu den anderen Sicherungsgeschäften - durch eine Gebühr unattraktiv zu machen, ist ein Widerspruch, den es durch die Abschaffung der Wechselgebühr aufzulösen gilt.

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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter Loacker hat zwei Abände­rungs­anträge eingebracht. Ein Abänderungsantrag wurde verlesen und steht mit in Verhandlung. Ein weiterer Abänderungsantrag wurde von Abgeordnetem Loacker in seinen Kernpunkten erläutert, schriftlich überreicht und steht mit in Verhandlung. Im Hinblick auf den Umfang des Antrages wird der Antrag gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigt und verteilt. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigefügt werden.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Bun­desminister.