13.06

Abgeordnete Doris Margreiter (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Digitalisierung ist eine Querschnittsmaterie. Digitalisierung verändert unser Zusammenleben, sie verändert unseren Alltag und sie erfordert umfassende Reformen in der Arbeitswelt, damit wir für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet sind. Umso wichtiger wird es sein, die Kompetenzen auf politischer Ebene zu bündeln.

Ein Ministerium wurde sogar umbenannt und heißt jetzt Bundesministerium für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort. – Das klingt ja ganz toll. Man könnte meinen, die Kräfte werden dort gebündelt und Österreich macht sich daran, in EU-weiten Rankings durchzustarten und vom durchschnittlichen 11. Platz weiter nach vorne zu kommen. Jetzt zeigt sich allerdings gleich beim ersten namhaften Projekt, der Digitalisie­rungs­agentur, dass die Kompetenzen ganz und gar nicht gebündelt wurden.

Da stehen bei einer Pressekonferenz zwei Minister, da sind plötzlich wieder zwei Minis­terien involviert, und da werden die Zuständigkeiten auch gleich wieder so aufgeteilt, dass jeder für sich wahrlich oberflächlich mit vielen schönen Schlagworten – einige haben die Pressekonferenz ja sicher gehört – und wenig Inhalt so unkonkret wie mög­lich seinen politischen Erfolg verkaufen kann, und in Wahrheit wird im Hintergrund die Verwaltung aufgeblasen, ohne dass wir Abgeordnete genau wissen, worin der konkrete Mehrwert dieser Digitalisierungsagentur bestehen soll.

Was soll die Zielsetzung sein? Wir wissen es nicht! Welche Projekte werden abge­wickelt? Wird das alles nur eine bessere Hotline oder steckt Substanz dahinter? Ich allerdings wage, den Erfolg zumindest einmal anzuzweifeln, noch dazu, da das Thema im Finanzausschuss behandelt wurde, wo es nämlich gar nicht hingehört. – Ich meine, auch das sagt sehr viel über die Arbeit dieser Bundesregierung aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie auch im Bundesministerium festgestellt wurde, besteht der größte Aufholbedarf im Bereich der Digitalisierung hinsichtlich der Unterstützung der kleinen und mittelstän­dischen Betriebe. Wir dürfen dabei aber auch nicht vergessen, dass in diese Ziel­gruppe auch 320 000 Einpersonenunternehmen fallen, die vor noch einmal ganz ande­ren Herausforderungen stehen, denen wir uns jedoch stellen.

Jedenfalls wünsche ich mir, dass der Beirat zu dieser Digitalisierungsagentur ausge­wogen besetzt wird. Wir brauchen Vertreterinnen und Vertreter aus der Zielgruppe der EPUs und der KMUs, aus verschiedensten Unternehmenssparten und -größen. Wir müssen uns zum Beispiel auch dringend überlegen, wie wir die duale Lehrausbildung entsprechend anpassen. Das ist mir besonders wichtig. Das ist eine zentrale Heraus­forderung, und nur, wenn wir das so realisieren, ist die geplante Digitalisierungsagentur mehr als nur ein Marketinggag dieser Bundesregierung.

Daher möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Digitalisierungs­agentur“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zusammenhang mit den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung ganzheitliche Lösungsansätze zu erarbeiten, von denen sowohl Unternehmen als auch ArbeitnehmerInnen profitieren. Damit Vor­schläge im Bereich der Digitalisierung ganzheitlich gedacht und erarbeitet werden können, erfordert dies nicht nur die Stimmen der Konzerne und Großspender zu hören, sondern auch ArbeitnehmerInnen und VertreterInnen von Klein- und mittelständischen Betrieben. Die Bundesregierung ist daher aufgefordert eine paritätische Besetzung zwischen VertreterInnen der ArbeitgeberInnen sowie der ArbeitnehmerInnen in den dafür geschaffenen Gremien, insbesondere der Digitalisierungsagentur, vorzunehmen. Hinzu kommt, dass auf Arbeitgeberseite auf eine ausgewogene Besetzung nach Branchen und Betriebsgrößen geachtet werden soll.

Darüber hinaus braucht es anstelle von Doppelgleisigkeiten abgestimmte und schlag­kräftige Strukturen in den Ministerien. Die Bundesregierung möge daher, eine ent­sprechende Änderung des Bundesministeriumsgesetzes ausarbeiten und die zersplit­terten Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung, allen voran zwischen dem Minis­terium für Verkehr, Innovation und Technologie, sowie das Bundesministerium für Digi­ta­lisierung und Wirtschaftsstandort, zusammenführen und unter einem Dach eines Ministeriums bündeln.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höbart: Das war sehr schnell gesprochen, man hat kaum etwas mitbekommen!)

13.10

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

gemäß § 55 GOG-NR

der Abgeordneten Philip Kucher, Cornelia Ecker, Doris Margreiter, Genossinnen und Genossen

betreffend Digitalisierungsagentur

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über das Bun­desgesetz, mit dem das Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbHErrich­tungsgesetz geändert wird (184/200 d.B.) (TOP 5)

Begründung

Während die abstrakte Beschreibung der enormen Bedeutung der Digitalisierung für die Zukunft unserer Republik im Regierungsprogramm breiten Raum einnimmt, sind den öffentlichen Ankündigungen bisher kaum konkrete Maßnahmen gefolgt.

In manchen Themenfeldern – allen voran dem Bildungsbereich – muss man bedauer­licherweise von großen Rückschritten sprechen. Innovative Konzepte, die nur auf de­ren Umsetzung warten, werden nicht umgesetzt, neue nicht ausgearbeitet und vor­gelegt. Negative Folgen – etwa die hohe Anzahl an Arbeitslosen in der Gruppe der Be­schäftigten über 50 – werden nicht abgefedert, sondern durch das Streichen der Aktion 20.000 zusätzlich verschärft. Erfolgreiche Initiativen werden eingespart, vorhan­denes Wissen wandert also in Schubladen, während Österreich im Digital Economy and Society Index der Europäischen Kommission nur auf dem 11. Platz landet. Selbst im isolierten Bereich E-Government ist Österreich nicht mehr Spitzenreiter.

Strukturelle Veränderungen, wie etwa alle Digitalisierungs- und Forschungsagenden unter einem Dach zu bündeln, wurde bei den Koalitionsverhandlungen leider verab­säumt. Die Kompetenzzersplitterung zwischen verschiedenen Ressorts – allen voran dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und dem Bundes­ministerium Verkehr, Innovation und Technologie – führen offenkundig zu erhöhtem Koordinierungs- und damit Ressourcenaufwand. Dies stellen die am 13. Juni 2018 beschlossenen Ministerratsvorträge (MR 21/12 sowie MR 21/13) nur allzu gut unter Beweis. Anstatt konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, um den Digitalisierungsprozess im Sinne der Österreicherinnen und Österreichern zu gestalten, kümmert sich die Regierung vorrangig um die Schaffung von zusätzlichen Posten. Diese sollen nun im Rahmen der neu geschaffenen Digitalisierungsagentur sowie den zu ernennenden „Chief Digital Officers“ entstehen.  „Sparen im System“ führt auch hier nicht etwa zu schlankeren Strukturen, sondern zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand, neuen Gre­mien und gesteigertem Personalaufwand. Konkrete Zielsetzungen fehlen bis heute. Der Mehrwert der zusätzlich geschaffenen Bürokratie ist daher fraglich.

Zudem wird ein Digitalisierungsbeirat eingesetzt, der mit acht von zehn VertreterInnen (und zwei weiteren mit wissenschaftlichen Referenzen) ausschließlich aus der Wirt­schaft besetzt werden soll. Da „Wirtschaft“ offenkundig von der Regierung aus­schließ­lich als „Unternehmerseite“, nicht aber als ausbalancierte Besetzung zwischen Arbeit­geberInnen und ArbeitnehmerInnen, ProduzentInnen und KonsumentInnen interpretiert wird, stellen die Abgeordneten Philip Kucher, Cornelia Ecker, Doris Margreiter, und Genossinnen und Genossen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zusammenhang mit den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung ganzheitliche Lösungsansätze zu erarbeiten, von denen sowohl Unternehmen als auch ArbeitnehmerInnen profitieren. Damit Vor­schläge im Bereich der Digitalisierung ganzheitlich gedacht und erarbeitet werden können, erfordert dies nicht nur die Stimmen der Konzerne und Großspender zu hören, sondern auch ArbeitnehmerInnen und VertreterInnen von Klein- und mittelständischen Betrieben. Die Bundesregierung ist daher aufgefordert eine paritätische Besetzung zwi­schen VertreterInnen der ArbeitgeberInnen sowie der ArbeitnehmerInnen in den dafür geschaffenen Gremien, insbesondere der Digitalisierungsagentur, vorzunehmen. Hinzu kommt, dass auf Arbeitgeberseite auf eine ausgewogene Besetzung nach Branchen und Betriebsgrößen geachtet werden soll.

Darüber hinaus braucht es anstelle von Doppelgleisigkeiten abgestimmte und schlag­kräftige Strukturen in den Ministerien. Die Bundesregierung möge daher, eine ent­sprechende Änderung des Bundesministeriumsgesetzes ausarbeiten und die zersplit­terten Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung, allen voran zwischen dem Minis­terium für Verkehr, Innovation und Technologie, sowie das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, zusammenführen und unter einem Dach eines Ministeriums bündeln.“

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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.