14.59

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Ich bedanke mich für die freundliche Aufforderung, dass ich das Wort ergreifen soll. Ich hätte es vorgehabt, auch wenn Sie mich dazu nicht eingeladen hätten, aber sei es darum.

Ich kann Ihnen sagen, dass ich seit heute Vormittag die Debatte ganz gezielt mitver­folgt habe. Wenn man sich anhört, was die verschiedenen Rednerinnen und Redner gesagt haben, dann ist eigentlich alles paletti. Mit Schalmeientönen wurde verkündet, es wird sich nichts ändern, keiner braucht länger zu arbeiten, alles wird super, Milch und Honig werden fließen. – Das einzige Problem ist aber, und das Problem haben Sie auch in den Regierungsparteien und wissen das ganz genau: Die Leute glauben Ihnen das nicht, es glaubt Ihnen das einfach niemand. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Wenn es so wäre, dann hätten Sie nicht alle möglichen Befindlichkeiten und Probleme mit Parteitagsergebnissen, Streitereien beim Heurigen, Arbeitnehmervertretern, die austreten – auch in der ÖVP. Ihr wisst das alle. Gust (in Richtung Abg. Wöginger), die schicken mir ja auch die E-Mails und Briefe, die du bekommst, teilweise in Kopie. Da gibt es auch ganz viele, die sagen: Macht das in dieser Art und Weise nicht, das scha­det uns! Und offensichtlich gibt es – ich weiß es nicht – höhere Mächte oder Vorgaben oder Bestimmungen oder Ziele, dass man das trotzdem umsetzen muss.

Herr Klubobmann Gudenus, ich bin übrigens nicht selbsternannt, ich wurde vor zwei­einhalb Wochen mit 91,6 Prozent zum ÖGB-Präsidenten gewählt. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Fakt ist, in den letzten zweieinhalb Wochen haben halt immer mehr Leute erkannt, dass das, was hier stattfindet, ein Angriff auf die Geldbörsen, ein Angriff auf die Ge­sundheit und ein Angriff auf die Freizeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist. Wir haben begonnen, die Kolleginnen und Kollegen zu informieren, wir haben gesagt, was droht, wenn dieses Gesetz in dieser Art und Weise beschlossen wird. Gestern wurde die Zahl von 2 000 Betriebsversammlungen in ganz Österreich überschritten (Beifall bei der SPÖ), und wir haben die Kolleginnen und Kollegen informiert. Wir ha­ben am letzten Samstag eine sehr, sehr große Demonstration mit über 100 000 Teil­nehmerinnen und Teilnehmern in Wien gemacht. (Abg. Gudenus: 10 Millionen!) Und da Sie heute die Frage gestellt und versucht haben, friedlich demonstrierende Gewerk­schafterinnen und Gewerkschafter (Abg. Gudenus: Laut Polizei 30 000!) ins kriminelle Eck zu stellen, ins gewaltbereite Eck (Abg. Gudenus: Verbale Gewalt!), sage ich Ihnen eines: 100 000 Menschen sind am letzten Samstag in Wien unterwegs gewesen. Es ist keine Fensterscheibe zu Bruch gegangen, es ist kein Gartenzaun niedergetreten wor­den, es ist absolut nichts passiert! (Beifall bei der SPÖ.) Friedlich, friedlich, das ist die Gewerkschaft, meine Damen und Herren, genau das! (Beifall bei der SPÖ.)

Diejenigen, die sich besonders engagieren und die sich auch sehr intensiv mit diesem Gesetz beschäftigt haben, sind über 60 000 Betriebsrätinnen und Betriebsräte und Per­sonalvertreter in Österreich. Das sind jene, die von Ihnen, von der FPÖ als die Anwälte der Besachwalteten bezeichnet wurden. In Wahrheit sind das jene, liebe Kolleginnen und Kollegen, die jeden Tag ihre Arbeit im Interesse der Kolleginnen und Kollegen im Betrieb machen, sie bemühen sich jeden Tag – nicht im Scheinwerferlicht der Öffent­lichkeit, ohne Fernsehkameras und ohne allem –, darum, für Probleme im Betrieb klei­ne und große Lösungen zu finden. (Beifall bei der SPÖ.)

Man muss mit der Arbeit dieser Betriebsrätinnen und Betriebsräte nicht immer zufrie­den sein. Man kann auch sagen, da haben sie einmal überzogen oder dort waren sie zu weich. Ja, das ist ganz, ganz lebendige tägliche Gewerkschaftsarbeit, solche Dis­kussionen haben wir jeden Tag, aber sie so zu verunglimpfen, sie hinzustellen, als wä­ren sie das Letzte auf der Welt und würden nicht die Interessen der Leute vertreten, das halte ich auch demokratiepolitisch für einen ganz, ganz schweren Angriff, der da gestartet wurde. Betriebsrätinnen und Betriebsräte, Gewerkschaftsbewegung, das sind Grundrechte unserer Demokratie. Bitte überlegen Sie, bevor Sie solche Dinge infrage stellen! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Sie haben zum Dialog aufgerufen. Ich habe in meiner Rede am ÖGB-Kongress den Dialog angeboten. (Abg. Hafenecker: Was Sie mit der Sozialministerin am Kongress gemacht haben!) Ich habe die Hand gereicht und gesagt, ich biete allen, die mit uns reden wollen, den Dialog an. (Abg. Rosenkranz: Das hat die Sozialministerin dort ge­sehen!) Ich kann Ihnen sagen: 10 Minuten nach dem Kongress haben Sie den Antrag hier im Parlament eingebracht. 10 Minuten nachher! Es hat bis zur Stunde keinen Dia­log, kein Gespräch in irgendeiner Art und Weise mit dem ÖGB oder mit der Arbeiter­kammer gegeben. Ich sage das auch nur deshalb, damit klar ist, wovon hier gespro­chen wird: Der Dialog wurde seitens der Bundesregierung und seitens der Einbringer nicht ernst genommen respektive verweigert. Das ist so.

Ich möchte jetzt nicht mehr auf inhaltliche Details eingehen, da diese heute aus meiner Sicht ausreichend diskutiert wurden. Ich möchte Ihnen nur sagen: Heute am Vormittag hat der Vorstand der Firma Plansee, ein tolles Unternehmen in Tirol, eine Pressekon­ferenz abgehalten, und im Zuge dieser Pressekonferenz kam auch das Thema der Ar­beitszeit zur Sprache. Die Vorstände haben natürlich gesagt, sie begrüßen das, was jetzt kommt – das war keine Überraschung –, aber sie sagen gleich dazu, Kollektivver­träge, Überstundenzuschläge, das alles bleibt, wie es ist. Auf Nachfrage ist dann von den Vorständen gesagt worden: Na ja, aber die Betriebsvereinbarungen, die wir haben, müssen wir überprüfen und diskutieren. (Abg. Rosenkranz: Und?)

Also bitte, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ganz klar, welcher Masterplan da dahinter steht: Aushebeln bestehender Arbeitszeitregelungen, Nutzung der elften und zwölften Stunde – darum geht es und um nichts anderes. (Bei­fall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Meine Damen und Herren, Sie können die Gewerkschaftsbewegung angreifen, auch das ist in einer Demokratie erlaubt. Sie können einzelne von uns angreifen, auch das ist möglich und erlaubt. Aber ich sage Ihnen, auch wenn Sie jemanden von uns oder mich persönlich angreifen: Wir sind keine Führerorganisation. Bei uns geht es nicht da­rum, dass einer vorne ist, und wenn man dem wehtut, gehen alle in die Knie. Wenn Sie mir wehtun, kommen zwei andere. Wir sind eine gewerkschaftliche Hydra, wenn Sie einen wegschicken, kommen zwei hintennach, und das wird Ihr Albtraum, meine Da­men und Herren! (Lebhafter Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Ich möchte Ihnen ganz zum Schluss sagen: Bitte lernen Sie aus der Geschichte (Abg. Gudenus: Das ist wirklich das Letzte!), bitte hebeln Sie nicht die Betriebsdemokratie aus! Wenn Sie die Gewerkschaften brechen wollen, dann wird das ein großes Problem und eine ordentliche Auseinandersetzung. Wenn Sie Ihre Art der Pressefreiheit durch­setzen wollen, dann wird das eine Auseinandersetzung. Wenn Sie eine Demokratie ge­gen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer errichten wollen, wenn Sie die Demokra­tie, für die gerade die österreichische Gewerkschaftsbewegung in ihrer Geschichte und viele Menschen dieser Bewegung unter Einsatz ihres Lebens gekämpft haben, wenn Sie diese Elemente infrage stellen, dann wird das ein Problem werden. Ich sage Ihnen: Bitte passen Sie auf, machen Sie aus diesem tollen Land nicht ein Land der permanen­ten Auseinandersetzung! Stellen Sie die Sozialpartnerschaft, die für den Wohlstand dieses Landes wesentlich ist, nicht infrage! 70 Prozent der Menschen in Österreich schätzen und wollen die Sozialpartnerschaft.

Peter Haubner, wir haben so viele Dinge gemeinsam gestaltet und verhandelt, ich war daher heute entsetzt, ich war wirklich entsetzt, wie du hier vom Rednerpult aus ver­kündet hast, dass das das Ende der Sozialpartnerschaft ist. Ich kann dir sagen, wir sind nicht die, die die Sozialpartnerschaft aufkündigen, aber die Voraussetzung (Abg. Nehammer: Pflastersteine!) zum Funktionieren einer Sozialpartnerschaft ist, dass auf Augenhöhe miteinander umgegangen wird und dass es einen Dialog gibt. Und wenn mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und ihren Vertretern nicht gesprochen wird (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz), wenn mit uns – und wir sind eine Interessenver­tretung – nicht gesprochen wird, dann werden wir versuchen, im legalen Bereich alles zu tun (Abg. Nehammer: Pflastersteine!), was möglich ist, um die Dinge, die notwendig sind, um Arbeitnehmerinteressen zu vertreten, auch entsprechend durchzusetzen.

Wir haben den Fokus bis zum heutigen Tag auf das österreichische Parlament gelegt, da hier die Debatte und heute die Abstimmung erfolgen. Wir werden den Fokus in den nächsten Tagen auf den Bundesrat legen, da im Bundesrat die nächste Abstimmung folgen wird. Dann werden wir das Scheinwerferlicht auf die Besteller richten. Für den Fall, dass kein ordentlicher Dialog stattfindet, wünsche ich Ihnen viel Spaß damit. (Bei­fall bei SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Haider: Pflastersteine!)

15.09