14.36

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Frau Außenministerin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Kol­lege Obernosterer, vielleicht ganz kurz vorweg: Ich schätze dich für deine touris­tische Expertise, aber wenn du hier die Frage stellst, wo das Problem ist, wenn 500 000 E-Mails einer Anwaltskanzlei irgendwo herumliegen, dann muss ich sagen: Da haben wir ein massives Problem mit der Rechtsstaatlichkeit, und das sollte sich auch die neue ÖVP einmal überlegen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Der Präsident der Rechtsanwaltskammer hat sich dementsprechend geäußert. Frag deine Kollegen, die Rechtsanwälte sind! Das ist ein massives Problem, wenn solche Mails irgendwo herumliegen. Ich bin bei Gott kein Freund von Rechtsanwalt Lansky, aber so etwas ist für den Rechtsstaat verdammt gefährlich.

Wieso sind wir heute hier, und wieso ist es so dringlich, was wir hier heute diskutieren? Die Frage ist, inwiefern dem Innenminister noch Vertrauen entgegengebracht werden kann. Frau Kollegin Steger hat vorhin versucht zu erklären, was die verfassungs­recht­lichen Grundsätze sind und dass wir da eine Vorverurteilung vornehmen. Ich bin ja kein Gericht, ich kann den Minister nicht vorverurteilen, aber der Nationalrat – und das ist die Aufgabe des Nationalrates – kann einem Minister – und der Minister ist uns ja verantwortlich – das Misstrauen aussprechen, wenn das entsprechende Vertrauen nicht gegeben ist.

Jetzt lautet die Frage, wieso es dann einen Untersuchungsausschuss gibt. (Zwischen­ruf der Abg. Steger.) Ich kann sehr klar sagen, wieso ich persönlich kein Vertrauen zum Innenminister habe. (Abg. Steger: Weil er aus einer anderen Partei ist!) Nein, nicht weil er aus einer anderen Partei ist. Jetzt bin ich per se nicht der große Herbert-Kickl-Fan, das ist schon offensichtlich. Die Frage ist aber, wie er sich in den letzten Wochen verhalten hat. Es geht auch weniger darum, was am Schluss an Aufklärung aus dem Untersuchungsausschuss hervorgeht, sondern um die Art und Weise, wie er mit diesen Vorwürfen umgegangen ist. Das ist der Grund, wieso ich heute natürlich diesem Misstrauensantrag zustimmen werde. (Beifall bei den NEOS.)

Ich erkläre es im Einzelnen: Wir kommen zuerst einmal zu der Frage, wie wir inter­national dastehen. Sie haben gemeint, Sie haben nach bestem Wissen und Gewissen gesagt, es ist alles okay, es gibt überhaupt kein Problem, wir sind international nicht isoliert, und Sie sind erst später draufgekommen, als dieser Brief geschrieben wurde, dass wir unter Umständen aus dem Berner Club ausgeschlossen werden, suspendiert werden. Die Frage dahinter ist, wie man darauf reagiert. Es kann schon sein, dass Sie in der Situation nicht Bescheid wussten, dass wir international allmählich isoliert wer­den. Die Frage ist aber, ob man das irgendwie als unangenehm empfindet, und das wird von Ihnen so flapsig abgetan, so: Na ja, jetzt ist eh wieder alles gut, es ist ja alles unproblematisch. (Abg. Rosenkranz: Weil es wahr ist!)

Das Gleiche ist die Sache mit dem Ermittlungsdruck. Herr Kollege Rosenkranz! Wir haben uns vorhin quasi bilateral unterhalten, und Sie haben gemeint, der Justizminister schaut, ob es einen Ermittlungsdruck gegeben hat. Ich habe mir das ausheben lassen, was Justizminister Moser unabhängig davon, ob er vorher Klubdirektor bei Ihnen war oder nicht, wörtlich gesagt hat. Seine Worte gegenüber der „Zeit im Bild“ waren: Und da muss man eben dementsprechend auch überprüfen: Wie war das in dem Zusam­menhang zum Zeitpunkt der Entscheidung? Welchen Ermittlungsdruck hat die Staats­anwaltschaft gehabt? Zitatende.

Genau da ist wiederum das Problem: die Art und Weise, wie der Innenminister die Frage des Ermittlungsdrucks abtut und dabei gar nicht merkt, was das für ein uner­träglicher Zustand ist, wenn in einem Rechtsstaat wie Österreich unter Umständen Ermittlungsdruck seitens des Innenministeriums auf das Justizministerium, auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt wird – unter Umständen, aber es geht um die Art und Weise, wie damit umgegangen wird, dass der Innenminister sich hierherstellt und sagt: Ermittlungsdruck übt der Gesetzgeber aus, indem der Gesetzgeber das sagt. (Abg. Rosenkranz: Das wäre dann unter Umständen ein Misstrauensantrag! – Abg. Steger: ... gesagt hat, dass es gut ist, dass der Gesetzgeber es macht!) Einem Minister, der mit dem Vorwurf, dass es unter Umständen Ermittlungsdruck gegeben hat, so flapsig umgeht und der so tut, als ob das ganz normal wäre, dem vertraue ich persönlich nicht mehr. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Was mich auch extrem irritiert hat, und das sage ich ganz ehrlich, war die Frage nach der Mitarbeiterin aus Ihrem Kabinett, aus Ihrem Büro, die offensichtlich – vorgestern, glaube ich, war es – im Rahmen des Untersuchungsausschusses in dieses Medien­kammerl gegangen ist. Jetzt kann man sich natürlich hinstellen und sagen: Die hat eh einen Presseausweis gehabt, und deswegen ist das in Ordnung. Das kann man machen, und wahrscheinlich ist es dementsprechend – rein technisch – auch in Ordnung, dass sie da hineingeht, aber es geht um die Art und Weise, wie man das wieder so flapsig abtut!

Herr Innenminister, Sie haben gesagt, sie ist mit der ganzen Causa und auch mit der Medienarbeit in diesem Zusammenhang beschäftigt. Wenn sich ein Innenpolitik­jour­nalist, sagen wir, vom „Standard“ oder vom „Kurier“, der darüber berichtet, zu Ihrer Kabinettsbesprechung dazusetzen würde und nachher sagen würde, na ich bin ja auch irgendwie damit beschäftigt, dann fänden Sie es, glaube ich, auch nicht in Ordnung. (Abg. Belakowitsch: Das ist aber ein Unterschied!) Das ist es, worum es geht, wie man damit umgeht und dass man das in einer solch flapsigen Art und Weise abtut. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Ich finde es mehr als irritierend, wenn Mitarbeiter von Ihnen sich in das Medien­kam­merl setzen und den Journalisten über die Schulter schauen, mitkriegen wollen, was dort diskutiert wird. Wenn man das so abtut und sagt, na die Mitarbeiterin hat eh einen Presseausweis gehabt, dann fehlt mir jedenfalls das Vertrauen in Sie.

Auch die ganze Diskussion um die Hausdurchsuchung, die Art und Weise, wie Sie auf den Vorwurf, dass die Fernlöschung gar nicht möglich gewesen wäre, reagieren, das heißt, de facto nicht reagieren, das ist ja das, was so irritierend ist. Ich verstehe nicht, wie es sein kann, dass offensichtlich niemand ernsthaftes Interesse daran hat, diese Vertrauenskrise, die ohne Zweifel vorhanden ist, aufzulösen. Sie und der Justizminister richten einander jetzt in der Regel irgendwie Unfreundlichkeiten über die Medien aus. Wenn man zwischen den Zeilen lesen kann, wird einem klar, wie da versucht wird, Schuld hin und her zu schieben.

Klubobmann Rosenkranz hat vor Kurzem in einer Aussendung gemeint, der Justiz­minister will sich da nur „abputzen“. (Abg. Rosenkranz: Wörtlich zitieren wäre gut!) – Ich habe es vorher ausgehoben. Warten Sie einmal, ich schaue, ob ich es noch einmal finde und ob ich meine eigene Schrift lesen kann, um es wörtlich zu zitieren. (Abg. Rosenkranz: Abputzen ist ganz was anderes! Vollständig zitieren! Das ist intellektuell nicht schwierig!)

Herr Klubobmann Rosenkranz, Sie haben in der Aussendung gemeint: „Aber Bun­des­minister Moser hat sich vom Oppositionsvirus einer angeblichen Einflussnahme in das Justizressort durch Minister Kickl schon anstecken lassen.“

Ich weiß nicht, in der Vertrauenskrise, in der wir uns in Österreich momentan befin­den ‑ - (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja, es ist eine Vertrauenskrise, Herr Kollege Gudenus, wenn das BVT in dieser Art und Weise mit einer Hausdurchsuchung kon­frontiert wird und wir nachher andauernd neue Dinge mitbekommen. Ich verstehe nicht, wie man so agieren kann. Das ist das, was mich so irritiert. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Was meiner Meinung nach das Hauptproblem aller Beteiligten hier ist – und da kann man wie so oft auch den Bundeskanzler nicht ausnehmen –: Wir diskutieren das jetzt schon über den Sommer und darüber hinaus und werden es noch länger diskutieren, und es wird damit so umgegangen, als sei das ganz normal, was da gerade passiert ist – und das ist es eben nicht! Der Bundeskanzler äußert sich auch dazu wiederum nicht. Ich meine, er hat ja vor Kurzem gezeigt, wie viel Interesse er teilweise an der österreichischen Innenpolitik hat. Wenn Kollege Bösch in Afrika einmarschieren will, sagt der Bundeskanzler, das gehe ihn nichts an, damit habe er nichts zu tun. So ist es in dieser Sache auch, und das verstehe ich nicht. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Herr Bundesminister, das ist auch das Problem bei Ihnen: Sie tragen nicht dazu bei, dass das Vertrauen wiederhergestellt wird. Sie tun so, als ob das ein ganz normaler Zustand wäre, was hier passiert ist. Das halte ich für problematisch, und deswegen habe ich ganz klar kein Vertrauen zu Ihnen. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

14.43

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Vizekanzler Strache zu Wort gemeldet. – Herr Vizekanzler, Ihre Redezeit darf 10 Minuten nicht überschreiten. Bitte, Sie sind am Wort.