20.37

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich mache quasi die Aufwärmübung, bevor Kollege Fürlinger dann berichten wird, wie der Immuni­tätsausschuss das sieht. Ich sehe es nämlich ganz anders. Es geht um die Frage, ob dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft auf Auslieferung von Kollegin Grünberg stattge­geben wird oder nicht.

Ich möchte Ihnen dazu drei Dinge sagen.

Erstens: Dieses Auslieferungsersuchen, das uns hier vorliegt und das Sie hoffentlich alle ganz genau studiert haben – nicht nur die Mitglieder des Immunitätsausschusses, sondern Sie alle als Parlamentarierinnen und Parlamentarier –, ist wirklich eine über­aus seichte, überaus schleißige und in der Sache kaum zu vertretende Arbeit.

Bitte erinnern Sie sich, dass Amtsdelikte allesamt von einer sogenannten überschie­ßenden Innentendenz gezeichnet sind. Das heißt, es kommt immer darauf an, mit wel­chem Vorsatz Verdächtige etwas getan haben. Wenn Sie sich diesen Auslieferungs­antrag durchlesen, werden Sie sehen, dass die Frage des Vorsatzes, der bei all diesen Amtsdelikten, insbesondere nach § 304, § 306, § 307b StGB und so weiter, die ja gel­tend gemacht werden, von ausgesprochener Wichtigkeit für die Entscheidung darüber ist, ob es einen dringenden Tatverdacht gibt oder nicht, nicht einmal thematisiert wird!

Man müsste diesen Auslieferungsantrag so, wie er ist, einfach zurückwerfen, weil er den Erfordernissen eines solchen Antrags nicht entspricht.

Jetzt komme ich zum zweiten Punkt: Was ist dieses Haus kleinmütig, wenn es daran denkt, aufgrund eines derartigen Zettels ein Mitglied dieses Hauses strafbehördlicher Verfolgung auszusetzen? Das nächste Mal ist es jemand anderer, möglicherweise ein Justizminister, der die weisungsgebundenen Staatsanwälte anweist, irgendjemanden anzuschießen, auch wenn er weiß, dass nichts ist, weil schon irgendetwas hängen bleiben wird! Dass sich dieses Haus dieser Gefahr aussetzen will und sich nur aus Sorge, Angst oder auch antizipativer Sorge vor der medialen Darstellung dieser Sache dazu durchringt, diese Auslieferung zu beschließen, finde ich einfach dem parlamenta­rischen Ethos und der Würde dieses Hauses nicht entsprechend.

Dritter Punkt: Der Auslieferungsantrag ist ganz, ganz unpräzise in Bezug darauf, nach welchem Tatbestand überhaupt verfolgt wird.

In der Betreffzeile steht § 306 StGB, in der Erzählung, bei den Verdachtsmomenten steht einmal § 304, § 305, dann § 307a. Wir wissen gar nicht, was die Staatsanwalt­schaft da tatsächlich verfolgen wird.

Klar sind nur zwei Dinge: Das Auto, das Frau Kollegin Grünberg gegeben wurde, wurde 2015 zugesagt und erst im November 2017 übergeben. Deshalb sagt die Staatsanwaltschaft selbst, entgegen dem, was im Immunitätsausschuss von allen Fraktionen gesagt wurde: Da besteht der Verdacht eines politischen Zusammen­hangs – und das ist ja auch klar. Entweder es steht nicht im Zusammenhang mit einer politischen Tätigkeit, dann kommt die Tatbestandsmäßigkeit dieser Amtsdelikte gar nicht infrage; oder es steht in einem politischen Zusammenhang, dann sollten wir auch nicht ausliefern.

Ich bitte das Hohe Haus, wirklich zu bedenken, was da gemacht wird, zumal in Folge­fällen immer wieder darauf verwiesen werden wird, dass das Hohe Haus seine stän­dige Praxis der Auslieferung mit dieser Entscheidung ändert – und das nächste Mal ist es so ein Zettel, da steht nur mehr drauf: Wir wollen jemanden, gebt ihn uns! – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz sowie des Abg. Engelberg.)

20.41

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Fürlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.