10.20

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Herr Präsident! Hohes Haus! In einem Punkt, Herr Kollege Rosenkranz, gebe ich Ihnen recht, das ist keine Gesundheitsre­form – aber das ist auch keine Organisationsreform, Herr Kollege Rosenkranz. (Abg. Rosenkranz: Na, immerhin kommen Sie mir schon entgegen!) Reform geht anders!

Wenn ich diese sogenannte Reform charakterisieren wollte, dann kann ich das in drei Punkten tun. Es ist erstens eine Demontage der Selbstverwaltung mit einer Entmach­tung der Arbeitnehmer, denn: Was bedeutet Selbstverwaltung? – Selbstverwaltung be­deutet: Die Arbeitnehmer sind die Versicherten. Selbstverwaltung bedeutet aber auch: Die Versicherten bestimmen, was mit ihren Beiträgen passiert. (Beifall bei der Liste Pilz.) Und wer bestimmt in der Krankenkassa? – Bisher waren es die Arbeitnehmerver­treter und Arbeitgebervertreter im Verhältnis 4 : 1. In der Zeit des Austrofaschismus be­trug dieses Verhältnis 2 : 1; und nunmehr, durch Ihre sogenannte Reform, wird dieses Verhältnis abgeändert in 1 : 1. Das bedeutet also einen Gleichstand zwischen Vertre­tern der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. (Abg. Herbert: Was ist schlecht daran? Parität!)

Da aber auch von schwarzer Seite – ÖAAB-Seite – Vertreter bei den Arbeitnehmerver­tretern sitzen, bedeutet das immer, dass die Arbeitgebervertreter die Mehrheit haben. Und wenn, Frau Kollegin Belakowitsch, Sie sich hier herausstellen und sagen, das sei das Ende der parteipolitischen Strukturen, dann sage ich: Mitnichten ist das das Ende der parteipolitischen Strukturen, denn das Spiel, das Sie hier betreiben, lautet schlicht und einfach: rot raus, schwarz und blau rein! (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) Ob Sie damit auch das Ende des Verfassungsbogens ein­läuten und diese Reform verfassungswidrig ist, wird noch genau zu prüfen sein. (Abg. Gudenus: Bei Rot rechts abbiegen!) Ich kenne ja die Regierungsvorlage noch nicht. Mit dieser Demontage der Selbstverwaltung und der Entmachtung der Arbeitnehmer­vertreter zeigen Sie, meine Damen und Herren von FPÖ und ÖVP, aber Ihr wahres Gesicht!

Der zweite Punkt: Sie sprechen davon, dass vieles für die Patienten verbessert werden wird. Ich vermag das leider nicht zu erkennen. Wir haben jetzt eine Mehrklassenmedi­zin, und wir werden in Hinkunft eine Mehrklassenmedizin haben. Für die rund 3,4 Mil­lionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird es weiterhin eine Krankenversiche­rung Light, eine Standardversicherung geben – auch für ihre Angehörigen. Für die Bauern und Selbstständigen wird es eine Komfortversicherung geben (Abg. Martin Graf: Ah geh!), und für die Beamten und auch die Politiker – wir sind ja auch bei der BVA versichert – wird es eine De-luxe-Versicherung geben. (Abg. Rosenkranz: Pflicht­versicherung! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Wo sind Sie dann?!)

Ich werde Ihnen jetzt ein Beispiel nennen: Wenn man eine Physiotherapie machen muss und das Glück hat, bei der BVA versichert zu sein, erhält man pro Behandlungs­einheit eine Refundierung von 40 Euro. Wenn man aber dem Standardsystem ange­hört, weil man Arbeitnehmer und bei der Gebietskrankenkassa versichert ist, erhält man für dieselbe Behandlungseinheit 17 Euro. So ist Ihr System, für die Versicherten verbessert sich gar nichts! (Beifall bei der Liste Pilz. – Widerspruch bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Kassegger.)

Jetzt komme ich zu dem Punkt der Zahlentricksereien. Sie sagen, es werden 1 Milliar­de Euro eingespart. (Abg. Rädler: ... Ihr Sozialminister beschlossen!) Diese Milliarde ist aus den Zahlenwerken, die Sie vorlegen, schlicht und einfach nicht nachvollziehbar. Erstens einmal ist es keine Milliarde, sondern bis Ende 2023 sind es 500 Millionen Euro; es sind nur kumuliert 1 Milliarde Euro. Und wenn wir in den Beamtenentwurf hineinschauen, sehen wir, dass es 33 Millionen Euro sind.

Sie sagen und erklären uns jetzt: Das bleibt im System und die Einsparungen erfolgen im System! – Nun sieht aber das Bundeshaushaltsrecht vor, dass alle finanziellen Auswirkungen, auch jene, die die Sozialversicherungsträger betreffen, darzustellen sind. Sie agieren im Zusammenhang mit der Darstellung der Einsparungen nicht geset­zeskonform. Das ist schlicht und einfach der Punkt. Ich bin da ganz beim Rechnungs­hof, der ebenso große Schwierigkeiten hat wie ich, das nachzuvollziehen.

Herr Kollege Wöginger, wenn Sie behaupten der Rechnungshof habe die Ziele der Re­gierung im Zusammenhang mit den Berechnungen der Einsparungen nicht richtig ver­standen, dann kann ich Ihnen nur sagen (Zwischenruf des Abg. Scherak): Hören Sie damit auf, Institutionen dieser Republik derart durch den Kakao zu ziehen! – Vielen Dank. (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ sowie des Abg. Scherak.)

10.25

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.