14.21

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (PILZ): Frau Präsidentin! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ja, selbstverständ­lich steht die Familienbeihilfe allen Menschen, die in Österreich legal arbeiten und ihre Steuern zahlen, in gleichem Maße zu, und wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass das Preisniveau und damit natürlich auch die Kaufkraft in unterschiedlichen euro­päischen Ländern unterschiedlich ausgeprägt sind. Um sicherzustellen, dass die jewei­ligen Gruppen, Eltern, Familien den gleichen Grad an Unterstützung erhalten, ist es na­türlich nachvollziehbar, mittelfristig auf europäischer Ebene eine gemeinsame Lösung zu finden. Ihr Vorschlag bedeutet aber nicht, einen europäischen Weg zu gehen, son­dern alleine vorzupreschen und dementsprechend auch ein Vertragsverletzungsverfah­ren zu riskieren.

Der von Ihrer Regierung und von Ihnen als Regierungsfraktionen eingeschlagene Weg ist aus meiner Sicht aus zwei besonders groben Gründen äußerst problematisch und auch kurzsichtig: Sie wollen die Indexierung heute beschließen, Sie wollen heute eine Entscheidung treffen, die weitreichende Folgen hat. Und ja, es ist schon mehrmals erwähnt worden, wir reden da unter anderem auch von der 24-Stunden-Betreuung. Welche Gruppen treffen Sie denn mit dieser Maßnahme? – Sie treffen auf der einen Seite Menschen, die in der Pflege, in der 24-Stunden-Betreuung tätig sind, und natür­lich andererseits auch Menschen, die im Tourismus, in der Gastronomie tätig sind.

Wir haben gemeinsam mit der Organisation Altern in Würde eine Studie gemacht. Von Schwarz-Blau wird behauptet, dass es keine Auswirkungen haben werde, Kollegin Mühl­berghuber hat erwähnt, sie könne dem nichts abgewinnen, dass entsprechende Aus­wirkungen oder Befürchtungen in den Raum gestellt werden, PflegerInnen und Betreu­erInnen würden nicht mehr nach Österreich kommen. – Es geht nicht darum, ob Sie dem etwas abgewinnen können oder nicht. Die Fakten liegen auf dem Tisch. Das heißt, wir reden da über Zahlen und nicht darüber, ob man dem subjektiv etwas abge­winnen kann. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Bei dieser konkreten Befragung zusammen mit der Organisation Altern in Würde, die in Österreich tätig ist, wurden 1 400 PersonenbetreuerInnen kontaktiert und befragt, wie sie – konfrontiert mit den aktuellen Zahlen der Indexierung – ihre weitere berufliche Zukunft einschätzen. Würden sie weiterhin nach Österreich kommen? Würden sie in ein anderes europäisches Land gehen und dort ihre Betreuungstätigkeit anbieten? – 30 Prozent der Befragten haben gesagt, sie würden ihre Tätigkeit als Personenbetreu­erInnen in Österreich einstellen, wenn ihnen die Familienbeihilfe gekürzt wird. Wir re­den also sehr wohl über Fakten, wir reden über Zahlen, die wir eigentlich auf ein­fachste Art und Weise erheben könnten, auch durch das Ministerium, Frau Ministerin.

Die Fakten liegen auf dem Tisch. Kollege Bernhard hat von 45 000 BetreuerInnen ge­sprochen. Nein, wir reden von 45 000 Betreuungsfällen. Seit 2010 hat sich die Anzahl an BetreuerInnen, die aus dem osteuropäischen Raum nach Österreich kommen, ver­doppelt, und das ist gut so, das ist positiv, weil dadurch ältere Menschen in Österreich, die genau auf diese BetreuerInnen angewiesen sind, eine entsprechende Unterstüt­zung erfahren.

Sie sagen, Sie wollen die Indexierung der Familienbeihilfe durchdrücken, komme was wolle, egal ob auf europäischer Ebene ein Vertragsverletzungsverfahren gegen uns eingeleitet werden wird oder nicht. Ich spreche von einem Gehaltsbestandteil, weil eine Entlohnung von ungefähr 2 Euro pro Stunde für eine 24-Stunden-Betreuerin in keinster Weise einer Bezahlung entspricht und Österreicher oder Österreicherinnen daher auch überhaupt nicht in dieser Berufssparte tätig sind. Wir müssen sehr wohl darüber reden und uns auch Gedanken darüber machen, wie die Bezahlung ausschaut. Die Fami­lienbeihilfe ist also eine Art Gehaltsbestandteil. Wenn Sie diese indexieren, ist es am Ende des Tages egal, ist es wurscht, ob Sie sagen, es ist ein Gehaltsbestandteil oder nicht. Wenn die BetreuerInnen nicht mehr kommen, den langen Weg nicht mehr auf sich nehmen, keine 24-Stunden-Schichten mehr bei uns schieben und dabei über Wo­chen getrennt von ihren Familien sind, dann frage ich mich, wer das am Ende zu ver­antworten hat. Das sind dann Ihre Fraktionen, die das zu verantworten haben!

Sie könnten aber auch einen anderen Weg beschreiten. Sie könnten endlich für die dringend notwendige Aufwertung von Pflegetätigkeiten und Sozialberufen sorgen; dann gäbe es da keinen Unterschied mehr. (Beifall bei der Liste Pilz.) Für 800 Euro im Mo­nat ist es kaum möglich, auf dem österreichischen Markt Fachkräfte zu gewinnen, die sich einen Job in der 24-Stunden-Betreuung vorstellen können.

Wenn Sie diese Indexierung vornehmen wollen, dann machen Sie es bitte auf eine verantwortliche Art und Weise, und das heißt: europäischer gemeinsamer Weg, kein alleiniger Vorstoß, kein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Stellen Sie die Pflege und die Sicherung der Sozialberufe in Österreich endlich auf nachhaltige Beine! Es braucht eine Bezahlung, von der man leben kann. Ein Stundenlohn von 2 Euro ist das bei Wei­tem nicht. Da auch noch draufzuhauen und zu kürzen, auf Personen hinzuhauen, auf die wir angewiesen sind, ein Sozialsystem und die Pflege unserer älteren MitbürgerIn­nen auf dem Notstand, auf der Notsituation von ärmeren europäischen Ländern und deren Bevölkerung aufzubauen, finde ich wirklich schäbig. Das ist wirklich nicht nach­haltig, und so hoffe ich auch, dass es da von Ihrer Seite Schritte gibt, obwohl es nicht danach ausschaut. – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

14.27

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesminis­ter. – Bitte, Frau Bundesminister.