15.58

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Werte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause vor den Bildschirmen! Wir debattieren heute zum zweiten Mal das Thema Strukturreform der Sozialversicherungen. Die SPÖ hat eine Dringliche Anfrage unter dem Titel „Zerstörung unseres gut funktionierenden Gesund­heitssystems durch die Kassenzentralisierung“ gestellt.

Zunächst einmal muss ich sagen: Klubobfrau Rendi-Wagner stellt sich hier heraus und erklärt, dass alles so schlecht sei in unserem System, wir hätten ein Zweiklassensys­tem und schuld sei die Bundesregierung. Überhaupt seien keine Reformen gemacht worden und alles sei ganz furchtbar. – Sie meinen, das Gesundheitssystem würde durch diese Reform zerstört werden – was ich jetzt einmal in Abrede stellen möchte, aber Sie meinen das –, aber die Reform ist noch nicht in Kraft getreten. Das heißt, das, was Sie kritisiert haben, ist in Wahrheit so etwas wie eine Selbstanklage beziehungs­weise eine Anklage von und ein sehr schlechtes Zeugnis für Kollegen Stöger, der nämlich jahrelang Sozialminister war und genau gar nichts gemacht hat in dem Be­reich; er hat es laufen lassen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn man Ihre Dringliche Anfrage liest – abgesehen davon, dass es auch inhaltliche Fehler gibt, aber darauf will ich jetzt gar nicht eingehen, Fehler können passieren –, sieht man, dass es in Ihren Fragen immer nur um die Funktionäre geht, darum, wo wel­che Fraktion wann wie viele Jobs bekommt. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Sie entblöden sich ja nicht einmal, dass Sie die Zahl hineinschreiben, wie viele Funk­tionäre die FSG jetzt verliert. Ihnen geht es wirklich nur um die Funktionäre.

Sie haben noch immer Phantomschmerzen, weil Sie weg von der Macht sind und mei­nen, dass der verlängerte Arm Ihrer vermeintlichen Sozialpartnerschaftsspielwiese jetzt damit ein bisschen beschnitten wird. Und das ist auch gut so, dass das beschnitten wird (Beifall bei FPÖ und ÖVP), denn die Österreicherinnen und Österreicher brauchen ein Gesundheitssystem und ein Sozialversicherungssystem – und Sozialversicherung ist eben nicht gleich Krankenkasse, Frau Kollegin Rendi-Wagner, das müssten Sie besser wissen –, die Österreicherinnen und Österreicher brauchen ein System, das von Politspielen und von Machtspielen frei ist, ein System, das auf die Bedürfnisse der Menschen in diesem Land ausgerichtet ist. Genau deshalb ist es auch notwendig, da eine Strukturreform durchzuführen.

Etwas, was in den Siebzigerjahren gut war, ist heute überholt. Wir leben im 21. Jahr­hundert, und irgendwann muss man eine Reform angehen. Man kann nicht die Politik, die Sie in den letzten Jahren gelebt haben, fortsetzen, den Kopf in den Sand stecken und sagen: Machen wir weiter wie bisher, es ist ja egal, es wird schon irgendwie ge­hen! – Mitnichten ist es gegangen! Wir sehen es ja heute: Wir haben einen Ärzte­mangel, die jungen Ärzte wollen keinen Kassenvertrag mehr eingehen. Wir haben ein Problem im städtischen Bereich. All diese Probleme sind doch hausgemacht. Sie haben nichts dagegen gemacht, Sie haben es laufen lassen! Und wir stehen heute vor einer Situation, dass Menschen, die es sich leisten können – und im Übrigen auch viele, die es sich nur sehr, sehr schwer leisten können –, zu Wahlärzten und zu Privat­ärzten ausweichen müssen. Sie müssen, weil es beispielsweise gar keine Kinderärzte mit Kassenvertrag mehr gibt, weil es in vielen, vielen Bezirken Österreichs keine Kas­senärzte im Bereich HNO gibt. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ändert sich nicht!)

Das ist die Ursache dieser Politik, die Sie gelebt haben. Sie haben das System als Selbstbedienungs- und als Selbstspielladen betrachtet. Sie haben gemeint, Sie können dort Machtspiele führen. Das ist das falsche System, in dem man so vorgehen kann. Das können Sie parteiintern machen – da sind Sie erprobt, da haben Sie in den letzten Wochen ohnehin ein Schauspiel abgeliefert –, aber doch nicht in der Sozialversiche­rung (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP – Abg. Rosenkranz: Das brauchen wir nicht!), nicht da, wo es um die Versicherungsgelder der Menschen in die­sem Land geht, die dafür bestimmt sind, dass Menschen in Notfällen im Gesundheits­bereich, im Sozialbereich und im Pensionsbereich auch versorgt werden.

Es kommt immer nur das Gleiche, immer dieses ewige Nein, alles schlecht, alles böse, alles furchtbar, mit Argumenten, die aber nicht dazupassen. Überlegen Sie, wer denn das System, wie es jetzt ist, verursacht hat! (Ruf bei der ÖVP: Stöger!) Das waren doch die Sozialminister der letzten Jahre, das waren die Gesundheitsminister der letz­ten Jahre. Frau Kollegin Rendi-Wagner, auch wenn Sie nur ganz kurz in dieser Funk­tion waren, es waren Ihre Parteigenossen, die vor Ihnen dieses Amt innehatten. Eben­so im Sozialbereich: Es waren sozialistische Sozialminister, die das haben laufen las­sen. Es ist keine Reform gekommen – nicht einmal der Hauch einer Reform! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Alibimäßig hatte der Vorgänger von Frau Ministerin Hartinger ja auch noch eine Stu­die – übrigens freihändig, ohne Ausschreibung, ohne alles – um 650 000 Euro bei der LSE, also der London School of Economics, in Auftrag gegeben. Interessant ist auch, dass das ein Institut ist, das immer mit dem Hauptverband zusammengearbeitet hat. Man hat versucht, eine bestellte Studie zu bekommen, eine Gefälligkeitsstudie, wenn ich das jetzt mit den Worten der Frau Meinl-Reisinger sagen kann. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Und selbst diese Studie hat ausgewiesen, dass natürlich im System Geld zu sparen ist und dass es natürlich sinnvoll ist, die Kassen zu strukturieren und zusam­menzulegen, weil Österreich einfach ein kleines Land ist. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber wirklich!) Genau das müssen Sie auch endlich zur Kenntnis nehmen! Wir setzen das um, was Sie einfach nicht machen wollten oder nicht machen konnten. Da müssen Sie jetzt nicht beleidigt sein, sondern bringen Sie sich konstruktiv ein! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.