12.48

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Bundesminis­terinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor allem auch noch einmal für die Zuseherinnen und Zuseher zu Hause: Der Herr Bundeskanzler vertritt heute die Republik bei sehr wichtigen Gesprächen mit Ratspräsident Tusk (Abg. Heinisch-Hosek: Er hat dem Termin zugestimmt!), mit Brexitchefverhandler Barnier und mit Kommissionspräsident Juncker. In Großbritannien haben sich die Ereignisse in den letzten Tagen überschlagen, und es ist die Pflicht des österreichischen Bundes­kanz­lers, der zurzeit den Vorsitz im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft innehat, die Ge­spräche mit den Vertretern der Europäischen Union zu führen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Man kann jetzt natürlich auch wieder sagen, der Standort bestimmt den Standpunkt, nur: Was uns seit einigen Monaten in manchen Betrieben an Angstmache, an Panik­mache, an Hysterieverbreitung von sozialdemokratischen Betriebsrätinnen und Be­triebs­räten, von sozialdemokratischen Abgeordneten entgegenkommt, das sucht sei­nes­gleichen, meine Damen und Herren! Wir haben in der Vergangenheit, egal wie die Regierungskonstellation gerade war, die unterschiedlichen Themenbereiche hier herinnen behandelt und auch Meinungsverschiedenheiten ausgetragen, aber das, was sich seit einigen Wochen abspielt, hat in einer funktionierenden Demokratie wie Österreich nichts verloren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte ein bisschen in der Historie zurückgehen: Immer dann, wenn die Sozial­demokratie mit am Tisch sitzt, dann ist etwas recht und gut, dann ist das das Beste, was in dieser Republik jemals verwirklicht und umgesetzt wurde. Ist die Sozialdemo­kratie jedoch nicht am Tisch, dann ist es des Teufels Werk, dann darf das keinesfalls zur Umsetzung gelangen. (Abg. Stöger: Weil ihr es nicht könnt! – Weitere Zwischen­rufe bei der SPÖ.) – Hören Sie einmal zu! Sie tun sich mittlerweile mit dem Zuhören schon schwer, was auch schon einiges aussagt. (Abg. Schieder: Du solltest einmal sagen, dass du ein schwarzer Arbeitnehmervertreter bist, damit die Leute wissen, dass ihr sie verratet!) In einer Demokratie sollte man zuhören können und die Meinung des anderen respektieren; das habe zumindest ich im Zusammenhang mit Demokratie gelernt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich selbst habe unter Sozialminister Hundstorfer und Wirtschaftsminister Mitterlehner noch mitverhandelt, als es darum gegangen ist, die Arbeitszeit bei Reisezeit auf 12 Stunden auszudehnen. Wir haben uns dann darauf verständigt, die Gespräche weiterzuführen (Zwischenruf des Abg. Knes), sie sind nur nie zu einem Ende gekommen. Es hat dann im Jahr 2017 einen besonderen Anlauf gegeben, als wir noch einmal gemeinsam versucht haben, diesen kaputten Wagen flottzubekommen; damals war ja die Arbeitszeitflexibilisierung ganz stark verankert, bis Mitte des Jahres sollte die Sozialpartnerschaft etwas auf den Tisch legen. Es war auch fertig, meine Damen und Herren (Abg. Muchitsch: Warum ist es gescheitert?), nur: Es ist eine Wahl ins Haus gestanden. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, nein, nein!) Und es hat mächtige Ge­werkschaftsvertreter vonseiten der SPÖ gegeben (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, nein, nein!), die gesagt haben: Nein, so können wir nicht mehr mittun, das geht sich nicht mehr aus! Der Pakt, der an und für sich zwischen Foglar und Leitl geschlossen war (Abg. Heinisch-Hosek: Sechste Urlaubswoche!), konnte dann nicht mehr abgesegnet werden. – Das ist die Realität! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Eines muss für die Bevölkerung auch ganz klar sein – und das ist auch der Grund dafür, dass die letzte Regierung letzten Endes gescheitert ist –: Wenn die Sozial­partner nicht in der Lage sind, Vorschläge auf den Tisch zu legen, die wir hier auch umsetzen können, dann ist es die Aufgabe der Politik und auch des Hohen Hauses, Lösungsansätze zu liefern. Das gilt auch für die Arbeitszeitflexibilisierung. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei der FPÖ.)

Es ist auch erstaunlich: Wenn es Betriebe sind, in denen die SPÖ die Hauptver­antwortung gehabt hat und hat, wie bei den ÖBB, wie im gesamten öffentlichen Verkehr, wo es überall Regelungen mit 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche gibt (Ruf bei der SPÖ: Privatwirtschaft! – Zwischenruf des Abg. Muchitsch), solange also Sozialdemokraten mit am Tisch sitzen, dann ist alles gut. Es ist aber des Teufels Werk, wenn sie nicht mehr dabei sind. – So kann es nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Krist.)

Wir bleiben grundsätzlich beim 8-Stunden-Tag und bei der 40-Stunden-Woche – alles andere ist ein Mythos und schlicht und einfach die Unwahrheit! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir im vorigen Jahr oder vor zwei Jahren hier eine Diskussion geführt und gesagt hätten (Zwischenruf des Abg. Knes), wir haben einen generellen 10-Stunden-Tag und eine generelle 50-Stunden-Woche. Diese Diskussion haben wir nicht geführt! Warum nicht? – Weil es nicht richtig war. Es ist aber auch jetzt nicht richtig – Sie können Ihre Taferl endgültig einpacken und im nächsten Jahr damit vielleicht ein Sonnwendfeuer veran­stalten (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ) –, dass es einen generellen 12-Stunden-Tag und eine generelle 60-Stunden-Woche gibt. Wir bleiben bei 8 Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Natürlich gilt die Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union. Ich weiß, dass Sie die Expertise in Ihrem Klub haben, dass Sie wissen, dass es nur für eine gewisse Anzahl an Wochen möglich ist (Zwischenruf des Abg. Stöger), sozusagen länger arbeiten zu lassen, und nicht im Dauerbetrieb, das sagen Sie nur nicht dazu! (Abg. Schieder: Erzähl die ganze Geschichte!) Das wird bewusst verheimlicht und verschwiegen. Es wird eine Situation dargestellt und den Menschen wird etwas vorgegaukelt, was in der Realität nicht eintritt.

Ich war mit Frau Ministerin Schramböck vor zwei Tagen in einem Leitbetrieb, bei der Firma Josko. Dort gibt es keine Probleme mit der neuen Arbeitszeitregelung. Das wird von den Mitarbeitern und auch insgesamt von der gesamten Betriebsmannschaft bestätigt: Es gibt derzeit nicht die Probleme, die Sie hier schildern, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Klar ist: Es ist in der Vergangenheit zu Verstößen gekommen – 25 000 waren es im Jahr 2017 –, und ja, es gibt auch jetzt Fälle, in denen es zu Überschreitungen kommt. Es ist ganz klar, dass das nicht geht. Wer das Gesetz nicht einhält, muss zur Ver­antwortung gezogen werden; deshalb haben wir ja auch diesen Passus im Gesetz verankert. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich sage Ihnen: Es war noch nie so klar! Die Freiwilligkeit für den Einzelnen, der als Arbeitnehmer keinen Betriebsrat hat, war noch nie so klar im Gesetz verankert, auch mit Motivkündigungsschutz. (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, ja!) Wenn das im Unternehmerbereich nicht eingehalten wird, müssen wir diese Menschen zur Verantwortung ziehen.

Eines sage ich Ihnen aber auch: Lassen Sie die Kirche im Dorf, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es wird auch in Zukunft Überschreitungen geben. Diese muss man ahnden, und da muss die Härte des Gesetzes zur Anwendung kommen, aber lassen Sie die Kirche im Dorf! Im vorigen Jahr hat es 25 000 Über­schreitungen gegeben, und jetzt haben wir einige wenige Fälle (Abg. Muchitsch: Weil ihr es legalisiert habt), gegen diese ist mit aller Härte vorzugehen, aber verallge­meinern Sie das nicht für 3,8 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei der FPÖ.)

Die Arbeitsinspektion zeigt uns, dass die Zahl der Fälle zurückgeht. Ja, Herr Kollege Muchitsch, mich freut das - - (Abg. Muchitsch: Weil ihr es legalisiert habt! Weil ihr es auf 12 Stunden angehoben habt!) – Ja, freilich haben wir es legalisiert. Wenn einer beim Tischler in meiner Nachbarschaft nach 10 Stunden 15 Minuten ausgestempelt hat, weil er etwas noch fertig machen wollte, dann war das eine Arbeitszeitübertretung. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glocken­zeichen.) Der Arbeitnehmer wollte aber auch, dass das fertig wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.) Warum knebelt die rote Gewerkschaft immer die Arbeitnehmerschaft in ein System, in dem keinerlei Freiheit möglich ist? Das versteht niemand mehr in diesem Land, meine Damen und Herren! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der FPÖ.)

Eines ist noch interessant – mich würde interessieren, ob das in der Klubsitzung der SPÖ angesprochen wurde –: Wir haben auch einen Rechtsanspruch auf Geld oder Freizeit im Gesetz verankert. Heute ist in Medien die Schlagzeile zu lesen: Lokal in Konkurs, „Ehepaar zittert um 2.537 Überstunden“. – Das ist in der Gemeinde Trumau, wo Herr Bürgermeister Abgeordneter zum Nationalrat Kollross mitverantwortlich ist (Hö-Rufe bei ÖVP und FPÖ – Abg. Rosenkranz: Ist der von der SPÖ?), weil er dort im Gremium gesessen ist. Dann hat man diese Trumauer Stub’n relativ schnell zugedreht. Aber was ist jetzt? – Das Ehepaar bleibt auf diesen Überstunden sitzen – es sind in etwa 40 000 Euro, die da nicht ausbezahlt werden. (Ruf bei der ÖVP: Doppelmoral der SPÖ!) Das ist Sozialdemokratie pur! Das lehnen wir ab, meine Damen und Herren! (Anhaltender Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Kollegin Rendi-Wagner, wenn Sie hier davon sprechen, dass wir eine Politik der Gleichgültigkeit machen, weise ich das mit aller Entschiedenheit zurück. Ich würde mir wünschen, dass Sie auch dem von mir genannten Fall auf den Grund gehen und dort mit aller Härte vorgehen und auch die Konsequenzen daraus ziehen, denn dieses Ehe­paar hat es sich nicht verdient, dass im Volksheim, in dieser Stub’n ausgeschenkt wurde, aber über 2 500 Stunden nicht berücksichtigt werden. Das muss man auch dazu­sagen. (Zwischenruf des Abg. Krist.)

Es ist egal, welche Fälle es sind, in denen das Gesetz gebrochen wird: Alle sind zu ahnden! Wir dürfen nicht einseitig unterwegs sein, sondern müssen das insgesamt im Auge behalten.

Meine Damen und Herren, abschließend zu diesem Thema: Wir sind eine Regierung, wir sind Abgeordnete, die angetreten sind, in diesem Land etwas zu verändern – im Sinne von Dienstgebern und im Sinne vor allem auch von Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern. Dieses Arbeitszeitgesetz hat eine moderne Ausrichtung und beinhaltet das, was sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wünschen: ein flexibleres Handhaben auch im Arbeitszeitgesetz, insbesondere auch für die Pendlerinnen und Pendler.

Meine Damen und Herren! „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ – wir wollen bleiben, Sie werden gehen! (Anhaltender Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei der FPÖ.)

12.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es liegen zwei Wortmeldungen für tatsächliche Berichtigungen vor. Erste tatsächliche Berichtigung: Abgeordneter Kollross. – Bitte. (Abg. Schieder – in Richtung ÖVP –: Er ist jetzt gegangen? – Abg. Leichtfried: Ist der Wöginger abgegangen? – Abg. Kitzmüller: Er sitzt eh da!)